Debatte um Straßennamen im Salzburger Gemeinderat

22.09.2021
Mehrheit gegen Umbenennungen zeichnet sich ab – Bgm. Preuner will keinen „Irrweg“ gehen

Eine teils emotional geführte Debatte prägte Mittwochvormittag, 22. September 2019, die Sitzung des Salzburger Gemeinderates. Als aktuelles Thema wurde der Umgang mit dem Bericht der Historiker:innenkommission zu den NS-belasteten Straßennamen diskutiert.

Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) stellte dazu klar, dass er keinen „Irrweg“ gehen will: „Ich möchte festhalten, dass ich mich zu einem sensiblen, fachgerechten und tatsachenbasierten Umgang mit der Geschichte bekenne. Ich möchte Geschichte und damit Verantwortung aber im Bewusstsein erhalten. Das bedeutet ein Sichtbarmachen und eine Erläuterung.“ Der Stadtchef betonte, dass der über 1.000-seitige Historikerbericht ausschließlich die Jahre 1933 bis 1945 „völlig sachlich“ betrachte und darauf basierend Handlungsbedarf für die Politik orte.

Um diesen Handlungsbedarf zu präzisieren habe er, Preuner, den renommierten Historiker Univ.-Prof. Robert Kriechbaumer um eine Empfehlung gebeten. Dieser plädiere dafür, die Selbstreflexion und das Verhalten der betreffenden Persönlichkeiten nach 1945 maßgeblich in die Beurteilung einfließen zu lassen. Er empfehle daher Zusatztafeln bei Kuno Brandauer, Heinrich Damisch, Gustav Resatz und Josef Thorak.

„Ich und meine Fraktion werden dieser Empfehlung folgen. Denn wenn historisch belastete Namen durch Entfernung getilgt werden, sind sie für die nächste Generation ausgelöscht“, sagte der Bürgermeister. Und Preuner zitierte den ehemaligen SPÖ-Vizekanzler Hannes Androsch mit dessen Worten „Man sitzt einem Missverständnis auf, wenn man meint, Geschichte ‚bewältigen‘ zu können. Geschichte hat stattgefunden, damit muss man sich auseinandersetzen und daraus vernünftige Lehren ziehen. (…) Mit Denkmalstürmerei beseitigt man nicht das Gedenken, setzt aber das Denken außer Kraft. Daher ist Cancel Culture ein Irrweg des Tugendterrors.“

Für Zusatztafeln und QR-Codes mit detaillierten Erläuterungen setzen sich auch die NEOS, die FPÖ und die Liste SALZ ein. Damit zeichnet sich eine Mehrheit gegen Straßenumbenennungen im Salzburger Gemeinderat ab. Der diesbezügliche Amtsbericht ist freilich erst in Ausarbeitung.

Die SPÖ kritisierte, dass die Kriechbaumer-Empfehlung nie beschlossen worden sei. Man wisse auch nicht, was mit den bereits bestehenden Erläuterungstafeln passiere. Mit einem Dringlichkeitsantrag zu einer Bürgerbefragung blitzte die SPÖ jedoch ab. Dieser fand auch keine Zustimmung bei der Bürgerliste. BL-Klubchefin Inge Haller dazu: „Das stimmt man nicht ab, genauso wenig wie über Menschenrechte.“

Haller und ihre Fraktion sprachen sich deutlich für eine Umbenennung aller 13 betroffenen Straßennamen aus. Die Debatte darüber sei „beschämend“. Denn die ermordeten Opfer des Nazi-Regimes hätten keine Leistungen mehr für die Stadt erbringen können. Man solle mal mit deren Angehörigen reden. Das Thema Auslöschung der Geschichte durch Tilgung der Straßennamen ist für Haller „eine Ausrede“. Eine Umbenennung mit Erläuterung der früheren Bezeichnung sei möglich, wie Beispiele in Deutschland zeigten. Die Diskussion werde jedenfalls weitergehen und der Stadt Salzburg weit über ihre Grenzen hinaus schaden.

KPÖplus-Gemeinderat Kay-Michael Dankl meinte, Straßennamen seien „mehr Ehrung als Geschichtsschreibung“. Es sei gut, dass es keinen Dollfuß- oder Adolf-Hitler-Platz mehr in der Stadt Salzburg gebe. Und Dankl fragte: „Warum gehen wir Tag für Tag auf den Wegen der Täter? Wir könnten auch eine Straße nach den sechs Millionen Opfern des Nazi-Regimes benennen.“

Karl Schupfer