Glasfabrikant Ignaz Glaser – eine ganze Ortschaft entsteht

*1872 +1934

Salzburg fehlte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Großindustrie, zum einen, weil es keine Kohlevorkommen (= Basis der Industriellen Revolution) gab, zum anderen, weil die Bereitschaft für riskante Investitionen fehlte.
Der aus einer böhmischen Glasmacherfamilie stammende Ignaz Glaser war hier eine Ausnahmeerscheinung:
r ersteigerte 1881 mit finanzieller Hilfe seiner Frau Emma Glaser (1872–1934) und weiteren Familienmitgliedern eine in Konkurs gegangene Glasfabrik in Bürmoos. Zudem kaufte er das Ibmer Moor mit seinen großen Torfvorkommen, da sich dieser Brennstoff für die Befeuerung der Glasöfen als geeignet herausstellte.
Die Glasfabrik stieg bald zu einem der größten Produzenten für Tafelglas der Monarchie auf und brachte der Region einen enormen Aufschwung:
1982 beschäftigte Ignaz Glaser bereits 700 Glashütten- und Torfarbeiter, sechs Jahre später ließ er eine Ziegelei und landwirtschaftliche Betriebe errichten, und begann, neben Glas und Ziegeln auch Torf als Brennmaterial zu verkaufen.
Die Gewinne flossen nicht zuletzt in die Bürmooser Infrastruktur:
Ignaz Glaser finanzierte den Bau von Arbeitshäusern und Verkaufsläden, von Schule, Kindergarten, Betriebsfeuerwehr, Gasthaus und christlicher Kapelle. Somit war das Dorf allerdings auch stark von ihm abhängig.

Auch in der Stadt Salzburg war Ignaz Glaser eine bekannte Persönlichkeit und sehr angesehen. Er unterstützte die Errichtung der Salzburger Synagoge und war Mitglied in verschiedenen Vereinen. Neben patriotisch-habsburgischen Vereinen wie dem „Österreichischen Touristenclub“ oder dem „Salzburger Kunstverein“ gehörte er bis 1897 auch dem „Salzburger Männerturnverein“ an.

Knapp vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs erzwang eine technische Neuerung die Verlegung des Betriebes in das Braukohlegebiet Nordböhmens. Dieser Schritt war für das Weiterbestehen der Glasfabrik lebensnotwendig. Damit wurde allerdings der Niedergang des Industriestandortes Bürmoos eingeleitet.

Nach dem Tod von Ignaz Glaser im Jahr 1916 übernahm sein Sohn Hermann den damals noch florierenden Betrieb. Anders als die Söhne des Kaufmanns Ludwig Ornstein, war Hermann Glaser bereit, die von seinem Vater vorgegebene Laufbahn einzuschlagen, der Zionismus übte auf ihn wenig Anziehungskraft aus. Nur zehn Jahre nach Übernahme musste er allerding Konkurs anmelden: dringend notwendige Investitionen und die schwierige wirtschaftliche Situation in Folge des Ersten Weltkriegs waren nicht zu bewerkstelligen. 1929 folgte die Stilllegung der restlichen Anlagen in Bürmoos, die zu einer massiven Arbeitslosigkeit führte. Der ehemals aufstrebende Ort wurde zum Notstandsgebiet erklärt; erst nach 1945 konnte sich der Wirtschaftsstandort Bürmoos wieder erholen.

Emma Glaser verstarb 1934 in Salzburg. Sohn Hermann Glaser wurde 1938 in das KZ Dachau deportiert. Es gelang ihm, freizukommen und nach Shanghai zu emigrieren. 1947 ließ er sich in Wien nieder und verstarb 1956.

Heute erinnert die durch das Zentrum von Bürmoos führende Ignaz-Glaser-Straße an den Gründungsvater der Ortschaft. Zwischen 2006 und 2010 veranstaltete das Salzburger Bildungswerk in Bürmoos regelmäßig das „Ignaz-Glaser-Symposium“.

Literaturempfehlung
  • Daniela Ellmauer / Helga Embacher / Albert Lichtblau (Hg.), Geduldet, Geschmäht und Vertrieben. Salzburger Juden erzählen, Salzburg / Wien 1998.
  • Helga Embacher, Die Salzburger jüdische Gemeinde von ihrer Neugründung im Liberalismus bis zur Gegenwart, in: Dies. (Hg.), Juden in Salzburg. History, Cultures, Fates, Salzburg 2002, 38–66.
  • Helga Embacher, Exil als neue Heimat, in: Marko M. Feingold (Hg.), Ein ewiges Dennoch. 125 Jahre Juden in Salzburg, Wien / Köln / Weimar 1993, 435–460.
  • Hanns Haas, Die Bürmooser Fabrikantenfamilie Glaser. Industrielle – Bürger – Juden, in: Marko M. Feingold (Hg.), Ein ewiges Dennoch. 125 Jahre Juden in Salzburg, Wien / Köln / Weimar 1993, 53–71.
  • Hanns Haas / Monika Koller, Jüdisches Gemeinschaftsleben in Salzburg. Von der Neuansiedelung bis zum Ersten Weltkrieg, in: Marko M. Feingold (Hg.), Ein ewiges Dennoch. 125 Jahre Juden in Salzburg, Wien / Köln / Weimar 1993, 31–52.
  • Albert Lichtblau, „Arisierungen“ in Salzburg, in: Helga Embacher (Hg.), Juden in Salzburg. History, Cultures, Fates, Salzburg 2002, 67–83.
  • Roman zu den Glasbläsern von Bürmoos:
    Georg Rendl, Die Glasbläser von Bürmoos, Romantrilogie, Wien 1951.