Neue Infrastrukturen und Gründung einer eigenständigen Kultusgemeinde

Wiedererrichtung einer jüdischen Infrastruktur

Nachdem Juden und Jüdinnen knapp 370 Jahre lang der Aufenthalt in Salzburg verwehrt wurde, verfügte die Stadt zum Zeitpunkt der Wiederansiedelung über keinerlei Einrichtungen für das religiöse Leben. Synagoge und Friedhof aus dem Mittelalter waren längst verlorengegangen. Die jüdischen Familien mussten folglich erst neue Strukturen aufbauen. Dazu zählten insbesondere die Errichtung einer Synagoge, eines jüdischen Friedhofs, karitativer Vereine und die Gründung einer eigenen Israelitischen Kultusgemeinde. Außerdem wurde – gegen den starken Widerstand der Salzburger Stadtregierung – 1912 ein koscheres Restaurant eröffnet.

Errichtung eines jüdischen Friedhofs in der Gemeinde Aigen

Bereits 1869, zwei Jahre nach der offiziellen Ansiedelungserlaubnis, forderte das fürsterzbischöfliche Ordinariat, Juden die Beerdigung auf katholischen Friedhöfen zu verwehren, da dies „das religiöse Gefühl der Katholiken schwer verletzen“ und eine „Entweihung des Friedhofs“ bedeuten würde. Der 1879 eröffnete Kommunalfriedhof war aber – den Ideen des Liberalismus folgend – für Menschen aller Konfessionen zugelassen. Dem widersetzte sich das Ordinariat. Letztlich wurde ein eigener Abschnitt für die katholische Bevölkerung eingerichtet. Außerhalb dieses Abschnitts wurden zwar einige Juden und Jüdinnen beerdigt, doch hatte die jüdische Gemeinde den Wunsch nach einem eigenen jüdischen Friedhof. Sie kaufte daher ein Grundstück in der Gemeinde Aigen, die sich allerdings gegen dessen Nutzung als Friedhof aussprach. Die Gemeinde war mit ihrem Einspruch vor der Salzburger Landesregierung jedoch erfolglos und der Friedhof konnte 1893 nach Plan umgesetzt werden.

Für die Errichtung des Friedhofs gründeten 16 jüdische Männer eine Salzburger Ortsgruppe des Kranken-, Unterstützungs- und Beerdigungsvereins „Chewra Kaddischa“. Mitglied dieses Vereins waren neben Albert Pollak u.a. der Gewerbeschulprofessor Gottlieb Winkler, die Unternehmer Ignaz Glaser, Rudolf Löwy und Sigmund Hatschek.

Gründung karitativer Vereine

Karitative Einrichtungen wurden in Salzburg ausschließlich durch kirchliche Einrichtungen betrieben. Um auch Juden und Jüdinnen Zugang zum Fürsorgewesen zu ermöglichen, entstanden in der jüdischen Gemeinde einige Hilfsorganisationen. Zu erwähnen ist der 1899 gegründete „Israelitische Frauenverein“ sowie der „Hilfsverein für die notleidende jüdische Bevölkerung in Galizien“. Zudem richtete die Gemeinde eine Armenunterstützungskasse ein. Daneben entstanden auch kulturelle Vereine, wie etwa der 1902 gegründete „Verein für jüdische Geschichte und Literatur“.

Bau der Synagoge im Stadtteil Schallmoos

Nach erfolgreicher Errichtung des Friedhofs bemühte sich die jüdische Gemeinde um den Bau einer Synagoge – allen voran Ignaz Glaser, der einen hohen Geldbetrag dafür zur Verfügung stellte, sowie Adolf Altmann, Albert Levi und Gottlieb Winkler. Für die Gottesdienste wurden bislang verschiedene Räumlichkeiten angemietet – ein Provisorium, das es dringend zu ersetzen galt. Nachdem erste organisatorische Anläufe scheiterten, gründete die Gemeinden ein Tempelbau-Comité, das die für den Bau notwendige Summe auftreiben konnte. Diesem Teilerfolg folgte allerdings Widerstand auf mehreren Ebenen: das städtische Bauamt verweigerte eine Genehmigung und es war schwierig einen Grundeigentümer zu finden, der der jüdischen Gemeinde Grund verkaufen wollte. Christliche Baumeister konnten nur mit Mühe für den Synagogenbau gewonnen werden. Schließlich gelang es, ein Grundstück in Schallmoos für einen sehr hohen Preis zu erwerben und die Stadt bewilligte den Synagogenbau – vorausgesetzt dieser wurde nicht direkt an der Straße, sondern nach hinten versetzt durchgeführt. Die Synagoge wurde erbaut und zum jüdischen Neujahrsfest 1901 eingeweiht. 1937 wurde sie durch eine Bibliothek erweitert.

Gründung einer eigenständigen Kultusgemeinde

Erst im Jahr 1911 bewilligte die Salzburger Landesregierung die Gründung einer eigenständigen Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Salzburg.
Die Salzburger jüdische Gemeinde war bislang Teil der IKG Linz, mit der sie in einem angespannten Verhältnis standen. So warf ihr die IKG Linz vor, mit dem Bau der Synagoge zu selbstständig und eigenmächtig agiert zu haben. Vor allem aber die Salzburger Landesregierung verzögerte die Errichtung einer IKG. Selbst als die Synagoge 1901 eingeweiht wurde, lehnte die Salzburger Landesregierung entsprechende Anfragen ab und begründete dies mit der Ansicht, die jüdische Gemeinde sei noch nicht reif genug. Erst der dritten Anfrage wurde schließlich nach dreijähriger Bearbeitungszeit stattgegeben.
Mit Adolf Altmann erhielt die neugegründete IKG ihren ersten Rabbiner und Rudolf Löwy wurde zum Kultusvorstand gewählt.

Literaturempfehlung
  • Adolf Altmann, Geschichte der Juden in Stadt und Land Salzburg von den frühesten Zeiten bis auf die Gegenwart, Salzburg 1990.
  • Hanns Haas / Monika Koller, Jüdisches Gemeinschaftsleben in Salzburg. Von der Neuansiedelung bis zum Ersten Weltkrieg, in: Marko M. Feingold (Hg.), Ein ewiges Dennoch. 125 Jahre Juden in Salzburg, Wien / Köln / Weimar 1993, 31-52.