Quelle: Grafische Gestaltung: Kreativbüro Zenz, © by Stadtgemeinde Salzburg

Adele und Hermine Esinger 1844–1923 und 1852–1939

Mönchsberg 6 · Wohnhaus und Künstler:innentreffpunkt der Malerin Adele und der Musikerin Hermine Esinger

Die Schwestern Adele und Hermine Esinger erwarben mit ihrer Mutter 1881 das altertümliche Haus Mönchsberg 6, das mit seinen Butzenscheiben und dem idyllischen Garten „eine pittoreske Nische für ihr kultiviertes Außenseitertum“ in Salzburg bot.

"Adele Esinger hinterließ eine Schwester, eine bedeutende Künstlerin […] Auch sie […] muss von den kärglichen Stundenhonoraren leben.  Sollte in Salzburg niemand vornehm helfend eingreifen wollen?"
Käthe Braun-Prager, Nachruf auf Adele Esinger, in: Salzburger Volksblatt, 14. Februar 1923, S. 4

Allwöchentlich luden sie am Freitag Gäste aus Wien, München und Salzburg zu Lese- und Musizierstunden ein, bisweilen fanden einige auch Quartier bei den unverheirateten Schwestern. Das Haus wurde zu einem Treffpunkt von Künstler:innen und engagierten Frauen in der Stadt, darunter Irma von Troll-Borostyáni und ihre Schwester Wilhelmine, die Schwestern Helene und Johanna Baumgartner und die Malerin Berta von Tarnóczy.

Adele Esinger, geboren 1844 in Salzburg, nahm in Berchtesgaden, München, Stuttgart und Karlsruhe Privatunterricht bei verschiedenen Malern und kehrte 1874 nach Salzburg zurück, wo sie Schülerin des Landschaftsmalers Anton Hansch wurde, der ihr nach seinem Tod einen Teil seines Nachlasses überließ. Ihre stimmungsvollen Landschaftsbilder und ihre Freilichtmalerei zeichnen sich durch große Eigenständigkeit aus.

Adele Esinger war 1882 an der Gründung des „Münchner Künstlerinnenvereins“ beteiligt und war wie Berta von Tarnóczy Mitglied des „Vereins Berliner Künstlerinnen“, beide engagierten sich in Frauenfragen. Im „Salzburger Kunstverein“ stellte Esinger ab 1877 regelmäßig aus. Erst als 45-Jährige erprobte sie sich als Schauspielerin. Sie trat im „Münchner Akademischen Verein“ auf und weil sie großen Erfolg hatte, spielte sie jährlich in München. Auch in Salzburg wirkte sie bei Veranstaltungen mit und war eine gesuchte Schauspiel- und Sprechlehrerin.

Ihre jüngere Schwester Hermine, genannt Minka, wurde 1852 in Lemberg geboren. Sie hatte ebenfalls eine Doppelbegabung, entschied sich aber zwischen Musik und bildender Kunst für die Musik. Sie studierte an der Musikhochschule in Berlin Klavier und wurde danach drei Jahre lang in Budapest die letzte Schülerin von Franz Liszt, der später zu den Gästen am Mönchsberg zählte. Hermine Esinger war eine erfolgreiche Pianistin, die als erste Frau am Mozarteum unterrichtete und die erste Orgelvirtuosin, die in der Münchner Frauenkirche und in der Wiener Votivkirche spielte. Ihre musikalische Karriere brach sie ab, weil die kranke Mutter Philippine Esinger, Witwe eines Regimentsarztes, sie 1880 zur Rückkehr nach Salzburg bat.

Nach dem Tod von Adele und dem Verlust ihres Vermögens 1923 verdiente Minka ihren sehr bescheidenen Lebensunterhalt bis ins hohe Alter mit Klavier- und Orgelunterricht.

Die Biografien der beiden Schwestern Esinger zeigen, dass sowohl die Anerkennung weiblichen Kunstschaffens als auch das finanzielle Überleben in der Kleinstadt Salzburg im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert sehr mühsam war.

S p u r e n s u c h e

Erinnerung
Bilder von Adele Esinger befinden sich im Salzburg Museum.

Literatur
Hildegard Fraueneder, Bildende Künstlerinnen. Von der geduldeten Ausnahme zu einem neuen Selbstverständnis, in: Christa Gürtler, Sabine Veits-Falk (Hg.), Frauen in Salzburg. Zwischen Ausgrenzung und Teilhabe (Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg 34), Salzburg 2012, S. 77–105.
Käthe Braun-Prager, [Nachruf auf] Adele Esinger, in: Salzburger Volksblatt, 14. 2. 1923, S. 3 f.