Ehrenmitglied beim Verein Alpine Peace Crossing

Ernst Löscher und Marko Feingold

1947 wurden schätzungsweise zwischen 5.000 und 8.0000 jüdische Überlebende illegal über den Krimmler Tauern nach Südtirol geschleust. Die 15-stündige Überquerung des Passes begann bei Nacht in Krimml. Gruppen von ca. 150-200 jüdische Flüchtlingen, die zuvor vom DP-Lager „Givat Avoda“ in Saalfelden dorthin transportiert wurden, wanderten mit Hilfe eines Bergführers – vor allem mit Viktor Knopf – zu Fuß zum Krimmler Tauernhaus. Dort verpflegte sie die Wirtin Liesl Geisler, ehe sie sich auf über 2.600m in hochalpines Gelände bewegen mussten, um nach Südtirol zu gelangen. Vielen fehlte es an jeglicher Ausrüstung, manche trugen kleine Kinder notdürftig auf dem Rücken. Viele erlebten die Überquerung des Krimmler Tauern als dramatisch; nur wenige wären den Weg unter diesen Umständen ein zweites Mal gegangen.

Symposion und Gründung der Initiative “Alpine Peace Crossing”

Im Jahr 1997 und damit genau 50 Jahre nach der „Tauernflucht“ veranstaltete das Land Salzburg in Kooperation mit der Israelitischen Kultusgemeinde und dem Innsbrucker Historiker Thomas Albrich das wissenschaftliche Symposion „Drehscheibe des jüdischen Exodus 1945-1948“. In diesem stand die zentrale Bedeutung Salzburgs für die jüdische Auswanderung nach Palästina und die Flucht über die Krimmler Tauern im Mittelpunkt. Eine Publikation der Ergebnisse erfolgte 1998 (siehe: Literaturempfehlung).

Zehn Jahre später, im Jahr 2007, gründete Ernst Löschner die Initiative „Alpine Peace Crossing“. Diese sollte nicht nur an die „Judenflucht 1947“ erinnern, sondern macht auch auf das Schicksal gegenwärtiger Flüchtlinge aufmerksam. Seither findet jährlich das Krimmler Dialogforum mit einer Gedenkwanderung über den Krimmler Tauern statt, an denen Überlebende, die diesen Weg gegangen sind, und mittlerweile vor allem deren Nachkommen teilnehmen. Auch gegenwärtig Geflüchtete werden eingeladen, mitzuwandern.

2011 wurde aus der Initiative ein gleichnamiger Verein mit dem weiteren Schwerpunkt der aktiven Flüchtlings- und Sozialhilfe. 2020 gingen daraus der „Verein für aktive Gedenk- und Erinnerungskultur APC (Alpine Peace Crossing)“ mit Sitz in Oberkrimml (s. Link) und der Verein für Sozialhilfe "APC-HELP" mit Sitz in Wien hervor. Ernst Löschner übergab im selben Jahr den Vorsitz für erstgenannten Verein an den Salzburger Historiker Robert Obermair.

Ehrenmitglied Marko Feingold

Marko Feingold wurde 2011 zum ersten APC Ehrenmitglied ernannt, da er als Mitarbeiter bei der Bricha einen wichtigen Beitrag zum Gelingen der „Tauernflucht“ geleistet hatte: Er transportierte jüdische Überlebende von der Stadt Salzburg zum DP-Lager in Saalfelden, dem Ausgangspunkt der Tauernüberquerung. Ernst Löschner erinnerte sich in einem 2020 veröffentlichten Nachruf an Marko Feingold als einen besonders treuen Weggefährten und daran, dass er jedes Jahr am Krimmler Dialogforum teilgenommen und die Gedächtniswanderung ein Stück des Weges begleitet hatte. Noch 2017, bereits im Alter von 104 Jahren, feierte er das 70. Jahresjubiläum des jüdischen Exodus in Wien und Tel Aviv mit.

Ernst Löschner lobte in seinem Nachruf auf Marko Feingold aber nicht nur die enge Zusammenarbeit, sondern sprach auch einen Konfliktpunkt an: War für Alpine Peace Crossing auch die Fluchtbewegung ein großes Anliegen, insbesondere im Zuge der dramatischen Fluchtbewegungen ab 2015, so befürchtete Marko Feingold von dieser Zuwanderung eine Bedrohung für Juden und Jüdinnen. Er argumentierte damit, dass die Geflüchteten aus Ländern kommen würden, in denen Antisemitismus Staatsräson sei. Daher plädierte er sogar dafür, sie aus den Unterstützungsprogrammen des Vereins zu streichen. Dies hätte allerdings den Statuten des Vereins, allen Verfolgten unabhängig ihrer Herkunft oder Religionszugehörigkeit zu helfen, widersprochen. Ernst Löschner gelang es daraufhin, Marko Feingold zu einer differenzierteren Haltung gegenüber muslimischen Geflüchteten zu bewegen. Wenige Tage vor seinem Tod meinte er zu seiner Frau und Ernst Löschner: "Alle Religionen gehören zusammen."

Literaturempfehlung:
  • Thomas Albrich (Hg.), Flucht nach Eretz Israel. Die Bricha und der jüdische Exodus durch Österreich nach 1945, Wien / Innsbruck 1998.
  • Alpendistel. Magazin für antifaschistische Gedenkkultur, hg. vom Verein für aktive Gedenk- und Erinnerungskultur APC (Alpine Peace Crossing), 1/2020. (s. Link)