KZ Dachau - Quarantäne, Zwangsarbeit und Krankenrevier

Das ca. 20 Kilometer von München entfernte KZ Dachau bestand vom 22. März 1933 bis zu seiner Befreiung durch die US-Armee am 29. April 1945 und war somit eines der am längsten existierenden Konzentrationslager. Es diente zunächst der Inhaftierung von politischen Gefangenen und war zudem Ausbildungsort für KZ-Wachmannschaften und SS-Führer, die nach Beginn des Zweiten Weltkriegs auch in Vernichtungslagern eingesetzt wurden. Nach Kriegsbeginn wurden Menschen aus besetzten Gebieten in ganz Europa nach Dachau verschleppt. Von den insgesamt mindestens 200.000 Häftlingen starben etwa 41.500. Darüber hinaus deportierte die SS etliche Häftlinge in andere Lager, unter anderem auch in Vernichtungslager im Osten. Zur Zeit der Inhaftierung Marko Feingolds, vom 30. Mai 1941 bis zum 12. Juli 1941, war Alexander Piorkowski Lagerkommandant von Dachau. Er wurde 1947 zum Tode verurteilt und 1948 hingerichtet.

Ankunft und Quarantäne

Dachau war für Marko Feingold das erste Lager, in das er Ende Mai 1941 ohne seinen Bruder gebracht wurde. Jedoch war er froh, den Transport von Neuengamme lebend überstanden und sich in den 48 Stunden Fahrt sogar halbwegs regeneriert und von seinen Schmerzen erholt zu haben. Hinzu kam, dass er in den ersten Tagen aufgrund seiner Sprachkenntnisse als Dolmetscher für andere Häftlinge – aus Spanien, Italien, Tschechien und Polen – eingeteilt wurde. Dies bedeutete zusätzliche Nahrung, was ihn wieder etwas zu Kräften kommen ließ. Nichtsdestotrotz war der Hunger allgegenwärtig. Die neuangekommenen Häftlinge wurden nicht sofort zur Arbeit eingeteilt, sondern drei Wochen im so genannten Quarantäneblock isoliert. Feingold erinnerte sich an ein Dahinvegetieren den ganzen Tag, während man an nichts anderes denken konnte als an Essen. Von den 70 Gefangenen, die den Transport nach Dachau überlebt hatten, starben in dieser Zeit noch 30, die restlichen 40 wurden – wie Feingold – nach der Quarantäne der Gärtnerei zugeteilt.

Schwerstarbeit in der Gärtnerei

Was die Arbeit in der Gärtnerei besonders mühsam machte, war der Umstand, dass sie den ganzen Tag lang nur gebückt verrichtet werden durfte. Richtete man sich zwischendurch auf, um den Rücken nur etwas zu strecken, wurde man von einem Vorarbeiter, Kapo oder SS-Mann geschlagen. Der einzige Zweck dieser sinnlosen Tortur lag Feingold zufolge in einer zusätzlichen Quälerei der Häftlinge, trug sie doch keineswegs zu einer Produktivitätssteigerung bei.

Angebaut wurde im Garten Verschiedenes für die Lagerküche. Die Nahrungsversorgung im Lager wurde jedoch mit dem im Frühsommer 1941 einsetzenden Krieg gegen die Sowjetunion immer schlechter. In erster Linie bestand sie laut Feingolds Erinnerung aus Steckrübensuppe. Angesichts der permanenten Unterernährung litt er zudem an schwerem Vitaminmangel, was äußerst schmerzhafte Phlegmone, Entzündungen der Haut, zur Folge hatte.

Wundbehandlung im Krankenrevier

Marko Feingold verband die eitrig-blutigen Stellen an seinem Bein, Oberschenkel und in seiner Kniekehle behelfsmäßig mit Papier. Durch den Ausfluss aus den Wunden wurde dieses jedoch stets so hart, dass er sein Knie nicht mehr abbiegen konnte. So konnte er sich durch den ständigen Verband nur humpelnd fortbewegen, was eine doppelte Kraftanstrengung bedeutete. Im Unterschied zu Auschwitz und Neuengamme erhielt er in Dachau jedoch medizinische Behandlung – eine Reinigung der Phlegmone bei vollem Bewusstsein und unter enormen Schmerzen. Zur Ablenkung ließ der Revierpfleger ihn „Fuchs du hast die Gans gestohlen“ singen. Feingold erinnerte sich, den Beginn dieses Liedes um die zweihundert Mal gesungen bzw. geschrien zu haben. Da seine Wunden durch den ständigen Arbeitseinsatz nicht heilen konnten, machte die Behandlung kaum Sinn.

Überstellung ins KZ Buchenwald

Da Marko Feingold kaum mehr arbeitsfähig war, wurde er einem Versehrtentransport ins KZ Buchenwald zugeteilt. Kurz vor seinem Abtransport wurde er im Krankenrevier noch vom dortigen Revierkapo Sepp Heiden misshandelt: Aufgrund einer von ihm zerbrochenen Urinflasche warf er Marko Feingold aus dem Krankenbett und trat ihm absichtlich in die verbundenen Wunden am Bein. Feingold empfand es daher als großes Glück, das KZ Dachau noch am selben Tag hinter sich zu lassen. Während er hier nur wenige Wochen verbracht hatte, standen ihm im nächsten, letzten Lager seines Leidenswegs mehrere Jahre bevor.

Literaturempfehlung:
  • Wolfgang Benz / Barbara Distel (Hg.), Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Frühe Lager, Dachau, Emslandlager, 2, München 2005.
  • Wolfgang Benz / Angelika Königseder (Hg.), Das Konzentrationslager Dachau. Geschichte und Wirkung nationalsozialistischer Repression, Berlin 2008.
  • Marko Feingold – Überleben in einer erbarmungslosen Zeit. Aufgezeichnet nach Interviews von Fritz Rubin-Bittmann, in: Marko M. Feingold (Hg.), Ein ewiges Dennoch. 125 Jahre Juden in Salzburg, Wien / Köln / Weimar 1993, 241–273.
  • Marko M. Feingold, Wer einmal gestorben ist, dem tut nichts mehr weh. Eine Überlebensgeschichte, hg. von Birgit Kirchmayr / Albert Lichtblau, Wien 2000 (2. Auflage Salzburg / Wien 2012).

Weiterer Erfahrungsbericht eines ehemaligen Häftlings:

  • Stanislav Zamecnik, Das war Dachau, Stiftung Comité international de Dachau, Luxemburg 2002.