Salzburg ehrt Helene Thimig

Mit Helene Thimig wird eine Künstlerin geehrt, die durch ihr Schaffen und ihre Haltung während der NS-Zeit ein besonderes Vorbild darstellt.
Festakt Umbenennung der Heinrich-Damisch-Straße in Helene-Thimig-Straße, 20250429, (c) wildbild

Mit der Anbringung der neuen Straßennamensschilder sowie der Abhaltung des feierlichen Festakts im Haus der Stadtgeschichte wurde heute die „Heinrich-Damisch-Straße“ offiziell in „Helene-Thimig-Straße“ umbenannt. Mit der Umsetzung des bereits im Dezember 2024 vom Gemeinderat gefassten Beschlusses zur Umbenennung setzt die Stadt Salzburg ein bewusstes Zeichen für einen reflektierten Umgang mit der eigenen NS-Vergangenheit und verankert zugleich das kulturelle Wirken einer bedeutenden Frau im kollektiven Gedächtnis der Stadt.

Ein langer Weg der Aufarbeitung
Bereits seit 2008 befasst sich die Stadt Salzburg intensiv mit ihrer NS-Geschichte. Aufbauend auf umfassender Forschungsarbeit des Stadtarchivs und eines eigens eingerichteten Fachbeirats für Straßennamen wurden 66 Biographien eingehend diskutiert, überprüft und analysiert. Die Ergebnisse führten dazu, dass in 13 Fällen – bei als besonders problematisch eingestuften Personen – vom Beirat Diskussions- und Handlungsbedarf für die Politik gesehen wurde. Der heutige Akt markiert den Auftakt dieses Umbenennungsprozesses.

Die „Heinrich-Damisch-Straße“ gehörte zu jenen Fällen, bei denen Handlungsbedarf festgestellt wurde. Damisch war nicht nur Gründervater der Salzburger Festspiele, sondern auch frühzeitiges NSDAP-Mitglied, das sich durch antisemitische Publikationen profilierte. 

Bewusste Wahl: Helene Thimig als neue Namensgeberin
Mit der Schauspielerin und Regisseurin Helene Thimig wird eine Künstlerin geehrt, die durch ihr Schaffen und ihre Haltung während der NS-Zeit ein besonderes Vorbild darstellt. Thimig entschloss sich, mit Max Reinhardt im US-amerikanischen Exil zu bleiben und kehrte erst 1946 nach Salzburg zurück, wo sie bei den Salzburger Festspielen erneut prägende künstlerische Akzente setzte. Durch diese Wahl setzt Salzburg auch ein Zeichen für mehr Sichtbarkeit von Frauen im öffentlichen Raum – ein Ziel, das die Stadt bereits 2013 in ihrem Amtsbericht zur Benennung von Verkehrsflächen definiert hatte. Derzeit sind etwa die Hälfte der insgesamt 1.156 mit Namen versehenen Verkehrsflächen in Salzburg nach Einzelpersonen benannt. Nur rund vier Prozent der benannten Straßen und Plätze tragen weibliche Namen.

Ein Festakt als starkes Signal

Historiker Ewald Hiebl vom Fachbereich Geschichte der Paris-Lodron Universität Salzburg und Mitglied des Fachbeirats Straßennamen ordnete in seinem Beitrag die Bedeutung von Straßennamen als Teil des kollektiven Gedächtnisses ein: „Straßennamen sind mehr als Wegweiser – sie sind Träger von Geschichte. Sie erzählen, wen eine Gesellschaft ehrt, und sie zeigen, wie wir uns selbst sehen. Die heutige Umbenennung ist Ausdruck eines bewussten Umgangs mit unserer Vergangenheit und unserer Werte heute. Die ‚Baustelle‘ der Straßenumbenennungen ist damit aber noch nicht geschlossen.“

In einer biographischen Annäherung stellte Sabine Veits-Falk sowohl das Leben und Wirken von Helene Thimig als auch jenes von Heinrich Damisch vor. Damisch, Mitbegründer der Salzburger Festspiele, war bereits ab 1932 Mitglied der NSDAP und fiel durch ausgeprägt antisemitische Publikationen auf. In der NS-Zeit wurde er öffentlich geehrt und erhielt Würdigungen durch das Propagandaministerium. Nach 1945 wurde er als „minderbelastet“ eingestuft und in der Nachkriegszeit mehrfach geehrt – unter anderem durch die Stadt Salzburg, die 1963 eine Straße nach ihm benannte.

Dem gegenüber wurde Helene Thimigs Lebensweg als bewusster Kontrapunkt sichtbar gemacht: Als Weg- und Lebensgefährtin Max Reinhardts, unter dessen Regie sie in der Zwischenkriegszeit häufig aufgetreten war und mit dem sie in Schloss Leopoldskron gewohnt hatte, entschied sie sich 1938 für das Exil in den USA. Sie kehrte erst nach dem Ende der NS-Herrschaft zurück und prägte die Salzburger Festspiele als Regisseurin und Schauspielerin nachhaltig. Drei historische Filmausschnitte, die den anwesenden Gästen vorgeführt wurden, illustrierten eindrucksvoll ihre Rückkehr nach Salzburg und ihr künstlerisches Engagement.

„Straßennamen sind keine Nebensächlichkeit. Sie spiegeln, was wir erinnern – und auch, wessen wir gedenken. Mit der Benennung nach Helene Thimig machen wir nicht nur eine großartige Künstlerin sichtbar, sondern auch eine Frau, die Haltung bewiesen hat, als es am schwierigsten war“, zeigt Sabine Veits-Falk auf, weshalb der neue Name eine bewusste und hervorragende Wahl ist.

Kammerschauspieler Michael Heltau, Schüler und Vertrauter Helene Thimigs, drückte in seiner persönlichen und berührenden Grußbotschaft an die Festgäste seine große Freude über die Entscheidung aus und stellt zusammenfassend fest: „Salzburg ehrt sich mit diesem Gemeinderatsbeschluss gewissermaßen selbst. Dazu möchte ich herzlich gratulieren!“

Neue Straßenschilder am Vormittag angebracht
Bereits am Vormittag wurden die Straßenschilder durch das Amt für Vermessung und Geoinformation ausgetauscht und mit entsprechenden Hinweistafeln versehen, die einen Überblick über das Leben von Helene Thimig geben und an die nun ehemalige Benennung nach Heinrich Damisch erinnern. 

Die Anrainer:innen der betroffenen Straße wurden frühzeitig über die bevorstehende Adressänderung informiert. In einem Schreiben der Stadt erhielten sie Hinweise zu allen relevanten Schritten, von der amtswegigen Ummeldung bis hin zur Möglichkeit der Kostenerstattung durch die Stadt Salzburg. Ziel war es, den Aufwand und die Belastung für die Betroffenen so gering wie möglich zu halten. Zudem informierte die Stadt proaktiv alle relevanten Stellen – darunter sämtliche Abteilungen und Ämter des Magistrats, die Österreichische Post, Polizei, Berufsfeuerwehr sowie Rettungsorganisationen – über die Adressänderung. Damit wurde sichergestellt, dass wichtige Kommunikations- und Versorgungsdienste ohne Unterbrechung gewährleistet bleiben.