„Dringlichkeit zählt für Platz im Seniorenwohnhaus“

04.02.2016

Ganz oben auf der Liste für einen Seniorenwohnhausplatz in der Stadt Salzburg stehen derzeit 60 Menschen. „Es handelt sich um 37 Frauen und 23 Männer, die alle einen Vollpflege-Bedarf haben. Diese dringlichen Fälle können in nächster Zeit einziehen, weil in unseren Seniorenwohnhäusern rund 180 Plätze pro Jahr frei werden“, sagt Sozial-Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer bei einem Pressegespräch am Donnerstag, 4. Februar 2016.

In Summe hat die Stadt das Zuweisungsrecht für 840 Seniorenwohnhaus-Plätze. 717 davon in den fünf städtischen Einrichtungen, 123 weitere in privaten Heimen in der Stadt Salzburg und ihrem Umfeld. Daran wird sich auch in Zukunft nicht viel ändern, weil laut Prognose des Landes (www.salzburg.gv.at/bep2025.pdf) bis 2025 in der Stadt Salzburg – trotz steigender Lebenserwartung und erhöhtem Pflegebedarf – 47 Plätze weniger benötigt werden. Hintergrund dazu sind bessere Gesundheit der alten Menschen, Ausbau ambulanter Dienste und zunehmende Barrierefreiheit auch in den eigenen vier Wänden.

Zuteilung nach klaren Vorgaben

Die Zuteilung ins Seniorenwohnhaus erfolgt nach klaren Vorgaben. „Der Normalfall ist, dass Menschen ab der Pflegestufe 3 aufgenommen werden. Bei ihnen ist, aufgrund von körperlichen bzw. geistigen Beeinträchtigungen – Stichwort Demenz –, eine ambulante Betreuung daheim kaum mehr möglich“, so Ernst Hörzing, Leiter aller Senioreneinrichtungen der Stadt Salzburg.

Die jeweilige Pflegestufe ergibt sich aus der Erhebung zur Berechnung des Pflegegeldes durch die Pensionsversicherungsanstalt. Für die Aufnahme ins Seniorenwohnhaus kommen dann die vom Gemeinderat beschlossenen Richtlinien (siehe pdf unten) zur Anwendung. Die wichtigsten Bestimmungen darin: vollendetes 60. Lebensjahr; mindestens zwei Jahre Hauptwohnsitz in der Stadt Salzburg; zum dauernden Aufenthalt in Österreich berechtigt; Pflegegeld-Bezug; Beeinträchtigungen im Gesundheitsbild; Beeinträchtigungen im sozialen Umfeld bzw. der Wohnsituation.

Sachverständigen-Team bewertet

Neben einem ärztlichen Attest (bei hohem Pflegebedarf) wird ein schriftlicher Bericht des Kontaktbesuchsdienstes der städtischen Seniorenbetreuung für die Aufnahme-Entscheidung herangezogen. Bewertet und gereiht werden die Anträge von einem Sachverständigen-Team. Es besteht aus zwei SeniorenbetreuerInnen, einer im Altenbereich tätigen Diplom-Pflegekraft, der Dienstellenleiterin der Seniorenbetreuung und einem Juristen.

„Jede Woche wird die Dringlichkeit neu bestimmt. Dreh- und Angelpunkt dabei ist unsere Seniorenbetreuung, die den Überblick hat – und auch die wichtigsten Details zum betagten Menschen weiß“, erläutert Ernst Hörzing.

Seniorenbetreuung besucht zuhause

Die MitarbeiterInnen der Seniorenbetreuung klären im Rahmen ihres Kontaktbesuchsdienstes die Situation vor Ort ab. Hörzing: „Jede und jeder möchte natürlich so lange wie möglich daheim bleiben. Um das zu erreichen, werden soziale Dienste, Essen zu Hause, Rufhilfe, Tageszentren oder auch 24-Stunden-Pflege vermittelt. In Krisenfällen kommt das so genannte Casemanagement zum Einsatz, etwa wenn Menschen auf ganz alleine kommen oder in sonstiger Weise sofort Hilfe benötigen.“ Seit 2011 wurden im Durchschnitt 350 Personen pro Jahr von der Seniorenbetreuung zu Hause aufgesucht; 2015 waren es 450.

Freie Plätze umgehend belegt

Zum Stichtag 2.2.2016 waren von den 717 Gesamtplätzen in den fünf städtischen Seniorenwohnhäusern 646 belegt. 466 mit Frauen, 180 mit Männern. Die Diskrepanz von 71 „freien“ Plätzen ist eine Momentaufnahme. Sozial-Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer: „Aufgrund der aktuellen Besiedelungen sind Plätze frei, die werden selbstverständlich umgehend belegt. Als ‚Menschenrechtsstadt‘ stehen wir für einen würdevollen Umgang mit der alten Generation. Das reicht von einer längerfristigen ‚Einbegleitung‘ des Einzugs ins Seniorenwohnaus bis zum Umgang mit dem Tod. Wir nehmen uns, auch im Sinne der Angehörigen, hier so viel Zeit wie nötig ist. Daher ergeben sich vermeintlich Leerstände.“

PartnerInnen können mit einziehen

Dass auch alte Menschen mit einer geringeren als der Pflegestufe 3 in städtischen Seniorenwohnhäusern leben, erklärt sich aus dem Umstand, dass Partnerinnen bzw. Partner mit einziehen und Menschen mit „Sozialindikationen“ (z.B. keine Heizung in der Wohnung, kein Lift, soziale Isolation etc.) aufgenommen werden. Die durchschnittlichen Pflegestufen (von 1 geringer Pflegebedarf bis 7 maximaler Pflegebedarf) der BewohnerInnen betragen aufgeschlüsselt nach Seniorenwohnhäusern: 4,2 SWH Itzling; 3,6 SWH Liefering; 3,3 SWH Taxham; 3,3 SWH Hellbrunn; 3,4 SWH Nonntal (Gesamtüberblicks-PDF unten).

Betreut werden die Bewohnerinnen und Bewohner der städtischen Seniorenwohnhäuser von 575 Bediensteten der Stadt Salzburg, darunter fünf ÄrztInnen. Da viele von ihnen in Teilzeit arbeiten, entspricht der aktuelle Stand 502 Dienstposten (Vollzeitäquivalente).

Kooperation mit SALK „schwierig“

Kritik übt Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer an der „schwierigen“ Kooperation mit den Landeskliniken: „Das Krankenhaus sagt zu den alten Menschen ‚Sie sind entlassen‘ und kümmert sich dann nicht mehr um sie. Ein Projekt zur nötigen Zwischenversorgung, das auf Anregung der SALK angedacht wurde, ruht seit Jahren. Wir brauchen aber dort im Sinne der alten Menschen ein vernünftiges Entlassungsmanagement, das mit unseren und weiteren Angeboten gekoppelt wird. Da ist LH-Stv. Christian Stöckl als Gesundheitsreferent dringend aufgefordert, den verfahrenen Karren wieder flott zu machen!“

Stand der Neu- und Umbauten

Im Februar 2014, also vor zwei Jahren, wurde der Startschuss für das 70-Millionen-Projekt „Neu- und Umbauten der städtischen Seniorenwohnhäuser“ gesetzt. Zur Orientierung hier der aktuelle Stand der Dinge im gerafften Überblick:

SWH Hellbrunn: Neubau Haus Freisaal fertig. Eröffnet im Oktober 2015. Drei Hausgemeinschaften für 36 SeniorInnen. Besiedelung Februar 2016 abgeschlossen. Haupthaus Hellbrunn steht weiterhin für SeniorInnen mit geringerem Pflegeaufwand (Soziale Indikation, Vereinsamung, kein Lift, keine Heizung etc.) als Angebot der Stadt zur Verfügung.

SWH Taxham: Beide Häuser bereits generalsaniert. Eröffnung fand Anfang November 2015 statt.

SWH Liefering: 52 BewohnerInnen des Hauses 2 im Oktober 2015 in die Wohncontainer beim SWH Taxham übersiedelt. Fertigstellung ihres Hauses 2 samt Rückübersiedlung erfolgt im Juni 2016. Zeitgleich übersiedeln die BewohnerInnen des Hauses 1 ins Ausweichquartier Taxham. Fertigstellung des Hauses 1 dann im März 2017.

SWH Itzling: In den Häusern 1, 2 und 3 Betreuung der BewohnerInnen in Wohngruppen.
Abriss der alten Krankenpflegestation im Juni 2016 und Neubau für künftig fünf Hausgemeinschaften (60 BewohnerInnen). Fertigstellung: April 2018.

SWH Nonntal: geplanter Baubeginn Anfang 2017, Fertigstellung und Besiedlung Anfang 2019. Es entstehen acht Hausgemeinschaften für 96 SeniorInnen.




Karl Schupfer