Dr. h. c. Friderica Derra de Moroda

Biografie als PDF mit Quellen und Literatur:
Friderica Derra de Moroda (rechts) mit ihrer Schwester Minka, verheiratete Schmederer, um 1920

Tänzerin, Choreografin, Tanzlehrerin

* 2. Juni 1897 in Pressburg (Königreich Ungarn; heute Bratislava, Slowakei)

† 19. Juni 1978 in Salzburg

Straßenbenennung: Derra-de-Moroda-Straße, beschlossen am 31. August 1982

Lage: Aigen; von der Maria-Cebotari-Straße abzweigend und zu dieser zurückführend.

 

Die Tänzerin, Choreografin und Tanzlehrerin Friderica Derra de Moroda wurde am 2. Juni 1897 in Pressburg als Tochter von Simeon Julius Derra de Moroda und Olga (geb. von Rémethy) geboren. Der Vater war griechischer Abstammung, die Mutter Ungarin. Im Jahr 1902 übersiedelte die Familie nach Wien, wo Friderica Derra de Moroda die Schule besuchte. Nach dem Tod des Vaters ging ihre Mutter mit ihr nach München, wo sie von 1908 bis 1912 eine Ballettausbildung erhielt.

Am 22. Februar 1912 feierte Derra de Moroda in der Wiener Secession ihr Debüt als freie Tänzerin. In den folgenden Jahren führten sie Gastspiele ins Baltikum und nach Berlin. Nachdem sie 1913 als „the Charming Dancer with the Marvellous Hair“ in London debütiert hatte, startete Derra de Moroda in britischen Music Hall- und Varieté-Theatern ihre Tanzkarriere und ließ sich in London nieder. Im Stummfilm „Lead, Kindly Light“, der 1916 Premiere feierte, spielte Derra de Moroda die Hauptrolle. Von 1918 bis 1922 studierte die Tänzerin bei dem früheren Ballettmeister des „Ballets Russes“, Enrico Cecchetti, in London und trainierte bei Bronislava Nijinska. Im Jahr 1918 eröffnete Derra de Moroda in der britischen Metropole ihre eigene Tanzschule und begann, Tanzliteratur zu sammeln. Sie hatte die „Methode des griechischen Tanzes“ besonders studiert und in ihrer Schule daher ihr Hauptaugenmerk auf die „Hellenische Schule der Tanzkunst“ gerichtet, wie sie in einem Beitrag für das „Salzburger Volksblatt“ 1923 schrieb. Mit der Schule habe sie „einen großen Erfolg (…) und zähle unter meinen Schülerinnen die Kinder der ersten Gesellschaft. Die größte Freude bereiten mir immer die Aufführungen, die ich mit meinen Schülerinnen auf großen Gartenfesten der Aristokratie und Gesellschaft arrangiere.“

Auch in der Imperial Society of Teachers of Dancing und als Gründungsmitglied der „Cecchetti-Society“ intensivierte sie ihre Tätigkeiten in der Tanzpädagogik. Aufgabe der „Cecchetti-Society“ sei, wie sie im „Salzburger Volksblatt“ schrieb, „die Kunst dieses Meisters für immer aufrecht zu erhalten“. Sie selbst nahm zu diesem Zeitpunkt noch immer Stunden bei ihm, in einer gemeinsamen Klasse mit weiteren Tanzstars wie Karsavina, Lopokowa, Ninette de Valois und Molly Lake. Im Sommer bereiste Derra de Moroda die englischen Badeorte und gab dort Tanzabende mit Symphonieorchesterbegleitung.

Mit Salzburg war Friderica Derra de Moroda verwandtschaftlich verbunden, ihre Schwester Minka war seit 1914 mit dem Ehrenbürger der Stadt Salzburg und Präsidenten des Kunstvereines Ludwig Schmederer (1846–1935) verheiratet, mit dem sie in Salzburg-Parsch lebte. Am 12. März 1923 hatte Derra de Moroda ihren ersten Auftritt in Salzburg, im Rahmen einer Aufführung von „Wiener Walzer“, veranstaltet von der Festspielhausgemeinde im Stadttheater. „Die bei ihren Verwandten in Salzburg weilende Tänzerin Derra von Moroda von der Alhambra in London hat sich in liebenswürdigster Weise zugunsten der Salzburger Festspielhaus-Gemeinde bereit erklärt, im zweiten und dritten Bild von ‚Wiener Walzer’ Soloeinlagen zu tanzen.“ Der Rezensent des „Salzburger Volksblattes“ war von der Performance Derra de Morodas sehr angetan: „Hier (…) wurde alles überstrahlt durch die Kunst einer vorzüglichen Berufstänzerin: Frl. Derra von Moroda, eine Londoner Tänzerin, unserer Stadt eng verbunden, produzierte sich zu Strauß’scher Musik. Sie ist eine schöne und elegante Erscheinung, und die wienerische Grazie, mit der sie dieser wienerischen Musik Gestalt gibt, ist hinreißend. Ihr Körper folgt der leisesten musikalischen Schwingung, sie ist ganz eins mit diesem Rhythmus und scheint im Flattern und Gleiten fast gewichtlos. Zu diesen persönlichen Vorzügen kommt noch ein Äußerstes an Bravour, sie verfügt über eine brilliante Fußspitzentechnik, über eine eminente Sicherheit und Durchbildung in jedem Pas. Der Erfolg, den sie errang, zwang sie zur Wiederholung, und ganz ebenso mußte sie die Sequila, die sie im dritten Bilde tanzte, zweimal bringen. Es ist ganz gewiß, daß man außer der Karsavina in Salzburg noch keine so elegante und formvollendete Tänzerin gesehen hat.“ Derra de Moroda gab vor ihrer Rückkehr nach England am 16. Mai 1923 einen eigenen Tanzabend im großen Saal des Mozarthauses, der laut „Salzburger Volksblatt“ erfolgreich verlief: „Stürmischer Beifall zwang die mit Blumen reich bedachte Künstlerin zu unzähligen Zugaben.“

Durch ihre verstärkte Reisetätigkeit, Beschäftigung mit ungarischer Tanzkunst und Kontakten zu bedeutenden Tänzer*innen in Mitteleuropa begann Derra de Moroda auch ihre internationale Sammlungstätigkeit historischer Tanzliteratur und Notationen. Dies verband sie ab 1925 mit ihrer Tätigkeit für die Londoner Zeitschrift „Dancing Times“ (ihr erster Bericht handelte von den Salzburger Festspielen),  die Pariser „Archives Internationales de la Danse“ sowie in den 1930ern für die deutsche Tanzzeitschrift „Der Tanz“ von Herausgeber Josef Lewitan. Derra de Moroda war gewissermaßen eine zentrale Figur des Wissenstransfers zwischen dem Kontinent und England, es gelang ihr „eine der umfassendsten Privatsammlungen von Tanznotationen beziehungsweise Tanzschriften zu erwerben, die in summa alle wichtigen Aufzeichnungssysteme von Bewegung präsentieren“.

Derra de Morodas Arbeit als Choreographin erlebte mit der Aufführung von „The Whitsun King“ („Hungaria“) 1933 im Londoner Coliseum einen Höhepunkt. Im Jahr 1934 war Friderica Derra de Moroda in Österreich präsent als Jury-Mitglied des Internationalen Tanzwettbewerbes in Wien, sowie erstmals bei den Sommerkursen der Internationalen Stiftung Mozarteum in Salzburg, bei denen sie eine Klasse für „Nationaltänze“ und eine für klassisches Ballett leitete. Die Tätigkeit im Rahmen der Sommerkurse setzte Derra de Moroda bis 1939 fort, die Bezeichnungen änderten sich jeweils von „Abteilung für Nationaltänze“ (1935) zu „National- und Charaktertanz“ (1937, 1938) beziehungsweise von „Ballett-Tanz“  (1935) zu „Klasse für Ballettmeister“ (1937), inhaltlich ging es stets um National- und Charaktertänze bzw. die Cecchetti-Methode.

 

NS-Zeit

Im Jahr 1936 nahm Friderica Derra de Moroda die britische Staatsbürgerschaft an, unterrichtete jedoch weiterhin im „Dritten Reich“, so 1938 an den „Meisterstätten des Tanzes“ in Berlin oder mit ihren Kursen „Nationaltanz und Choreographie“ bei der Sommerakademie der Internationalen Stiftung Mozarteum in Salzburg, obwohl auch vor diesen, wie der „Völkische Beobachter“ schrieb, „die durchgreifende Säuberungsaktion des Umbruches (…) nicht haltgemacht“ hatte und „alle jene Lehrkräfte entfernt“ worden waren, „deren Ruf sich nicht so sehr auf Leistung und erzieherische Erfolge als vielmehr auf die Zugehörigkeit zu einer gewissen Rasse“ gegründet habe. Auch im Sommer 1939 gab Derra de Moroda in Salzburg ihre Kurse in nationalem Charaktertanz sowie Balletttechnik, Choreographie und historischem Tanz. Kurz nach Abschluss der Sommerakademie Ende August begann mit dem Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg. Zu Kriegsbeginn hielt sich Derra de Moroda noch in Salzburg auf und konnte als britische Staatsbürgerin nicht nach London zurückkehren. Auch berufliche Tätigkeit wurde ihr nun untersagt. Ihre Mutter Olga zog 1939 ebenfalls von London nach Salzburg in die Villa Schmederer. Von 20. bis 22. Mai 1940 war Friderica Derra de Moroda als Angehörige eines „Feindlandes“ im Polizeigefangenenhaus Salzburg inhaftiert und wurde anschließend, vermutlich nach einer Identätsfeststellung, wieder entlassen. Im Jahr 1941 wurde bei einem deutschen Luftangriff auf London Derra de Morodas Haus und ein Großteil ihrer Sammlung zerstört.

Bereits im Oktober 1940 war Derra de Moroda nach Berlin gezogen und in dieser Zeit, der Zeitpunkt lässt sich nicht genau rekonstruieren, wurde ihr angeboten, ein Ballettensemble für die zur Deutschen Arbeitsfront (DAF) gehörende Abteilung „Kraft durch Freude“ (KdF) aufzubauen. Schon die Etablierung eines KdF-Balletts an sich war laut der Theater- und Tanzwissenschaftlerin Oberzaucher-Schüller „unerklärlich“ und habe nicht zu den „kulturpolitischen Vorstellungen der Partei“ gepasst, eine Einschätzung, der sich der Autor mit Blick auf die Turnerbewegung und die propagandistische Verwertung durchtrainierter Körper nicht gänzlich anschließen kann. Ziel von „Kraft durch Freude“ war die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Arbeiterschaft und Durchflutung derselben mit nationalsozialistischer Propaganda u. a. durch die Schaffung eines Freizeitangebotes, zu dem ab 1934 auch eigene Theaterbühnen zählten, ab 1936 organisiert in der „Abteilung Feierabend“. Durch die kulturellen Aktivitäten der DAF kam es wiederholt zu machtpolitischen Auseinandersetzungen mit dem Propagandaministerium und dem Schulungsamt von Alfred Rosenberg, die sich auch rund um das Engagement Derra de Morodas zeigten, die wegen ihrer britischen Staatsbürgerschaft im Jänner 1941 zunächst abgelehnt worden war. Auch auf einer undatierten Karteikarte der Reichskulturkammer wurden Vermerke über Derra de Moroda überliefert. Sie sei „mit allen Juden und Deutschenhassern zusammen im höchsten englischen Ballroomkomité [tätig gewesen]. In Deutschland ist sie seit Jahren in der Weise unliebsam aufgefallen, dass sie im Auftrage Englands sämtliche deutschen Buchhandlungen und Bibliotheken nach allen seltenen Tanzbüchern, Theatergeschichten sowie überhaupt nach allen einmaligen Abhandlungen auf dem Gebiete des Tanzes abgraste, um diese Bestände sofort nach England zu bringen. Auf diese Weise hat sie für England die grösste Bibliothek auf dem Gebiete des Tanzes zusammengebracht. Sie hat einen Einbürgerungsantrag gestellt. Bei der Reichstheaterkammer hat sie dazu geäußert, dass sie die englische Staatsangehörigkeit nicht aufgeben will, um nicht ihrer Besitzungen und der Bibliothek verlustig zu gehen. (…) Die NS-Gemeinschaft ‚Kraft durch Freude’ beabsichtigt, D.v.M. als Leiterin der neu geschaffenen KdF-Tanzbühne einzusetzen.“ Der Widerstand gegen eine Beauftragung von Derra de Moroda soll bis zu Propagandaminister Joseph Goebbels gegangen sein, so Oberzaucher-Schüller unter Berufung auf mündliche Überlieferungen. Der Minister habe ihre Einstellung verhindern wollen und es sei der Vorschlag gemacht worden, die Leitung der Tanzgruppe formell einer Deutschen zu übertragen, wogegen sich Derra de Moroda erfolgreich zur Wehr gesetzt habe.

In der offiziellen Propaganda wurde als Initiator des Balletts der Reichsorganisationsleiter der DAF, Dr. Robert Ley, genannt. Dieser habe die Gründung Anfang 1941 angeregt, so der „Völkische Beobachter“. Das Ballett firmierte zunächst unter dem Namen „Kammertanzgruppe Derra De Moroda“, unter diesem Namen trat das Ensemble etwa beim Mozartfest in Würzburg im Juni 1941 auf, bevor es die offizielle Bezeichnung „Das Ballett der NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude“ erhielt. Die Künstlergruppe bestand hauptsächlich aus deutschen Tänzer*innen, aber auch aus Personen aus besetzten Gebieten. Im Laufe seines Bestehens gehörten 40 Damen und 15 Herren aus unterschiedlichen stilistischen Schulen dem Ballett an.

Am 8. Februar 1942 hatte das Ensemble seinen ersten öffentlichen Auftritt als „Ballett der NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude“ in der Berliner Staatsoper. Im Frühjahr 1942 folgte die erste der bis 1944 durchgeführten Tourneen des Balletts. Diese führten Anfang Mai 1942 auch nach Wien und Salzburg. In seiner Vorschau auf die Auftritte am 2. und 3. Mai 1942 in der Wiener Volksoper schrieb der „Völkische Beobachter“, es sei Derra de Morodas „Verdienst (…), in verhältnismäßig kurzer Zeit eine Tanzgruppe geschaffen zu haben, die hohen Anforderungen entspricht“. Ihre Verpflichtung sei „ein Glücksfall“, da sie „als Meisterin des Tanzes es verstand, schlummernde Talente zu wecken und Tanzschöpfungen zu ersinnen“, hieß es wenige Tage später in einem ausführlicheren Artikel, der auch einen kurzen Überblick über Derra de Morodas Karriere gab, wobei ihre Verbindung zu England gänzlich unerwähnt blieb. Anschließend wurde das Kraft-durch-Freude-Ballett auch als Ausbildungsstätte gewürdigt, „die ständig für künstlerisch hochwertigen Nachwuchs besorgt ist. Das Reich hat damit die erste offizielle Tanzbühne, und man erwartet sich durch sie neuen Antrieb für die Entwicklung der Tanzdichtung. Denn es ist bemerkenswert, daß eine bisher meist nur als zusätzlicher Bestandteil der Opernbühne gepflegte Kunstgattung von der Partei unmittelbar wesentliche Förderung erfährt.“ Die Auftritte in Wien wurden als „voller Erfolg“ bewertet. Derra de Moroda tanzte selbst die Hauptrolle und das „Neue Wiener Tagblatt“ hielt fest, der „Leiterin des Balletts der NS.-Gemeinschaft ‚Kraft durch Freude’ schwebt für die Richtlinien ihrer Arbeit das berühmte Dreigestirn Fanny Eißler, Maria Taglioni und die Cerrito vor. Drei verschiedene Stilarten des Tanzes bot auch das Programm ihres Ballettabends im Opernhaus der Stadt Wien.“

Einige Tage darauf, am 7. und 8. Mai 1942, gastierte das KdF-Ballett im Salzburger Festspielhaus. Das „Salzburger Volksblatt“ bedachte das Ensemble mit Vorschusslorbeeren. Es sei eine „würdige Pflegestätte“ für den klassischen Tanz, betreibe kein bloß schmückendes Beiwerk, sondern „soll allen künstlerischen Anforderungen gewachsen sein. Es pflegt den rein klassischen Tanz, bringt ferner die Verlebendigung alter Epochen und widmet sich auch den Nationaltänzen.“ Der Rezensent bewertete den Auftritt als „Erfolg“: „Die Tanzgruppe, die in Bälde auch bei den Mozartfestspielen in Würzburg tätig sein wird, bewies (…) das ernsthafte künstlerische Streben Derra de Morodas, deren tänzerische Eigenart sie in hohem Maße für ihre Aufgaben als Leiterin des ‚Kraft-durch-Freude“-Balletts befähigt.“

Im November 1942 kam es zu einem Konflikt zwischen der DAF und Derra de Moroda, da ihre Stückauswahl und Herangehensweise nicht der nationalsozialistischen Intention entsprach. „Das Handlungsballett Romantische Ballade zu Musik von Franz Liszt widerspricht so sehr der offiziellen Parteilinie, dass man Derra de Moroda offiziell ihres Amtes enthebt.“ Das Ballett war nach nationalsozialistischer Ansicht vor allem Ausschmückung und leichte Unterhaltung und kein Mittel zur dramatischen Umsetzung historischer Stoffe. Reichsorganisationsleiter Ley bat den Generalintendanten der Preußischen Staatstheater, Heinz Tietjen, die Gesamtleitung des KdF-Balletts zu übernehmen. Ley hielt es „für falsch, wenn man durch Musik Geschichte schreiben will oder historische Ereignisse auszudrücken versucht und ebenso halte ich es für falsch, wenn man durch den Tanz menschliche Gedanken und den menschlichen Werdegang zum Ausdruck bringen will.“ Zudem sollten nach Ansicht des DAF-Führers Männer nicht als Solotänzer eingesetzt werden. „Der Tanz ist für die Frauen da und der Sport, die körperliche Ertüchtigung, vielleicht noch das Spiel, für den Mann. Wenn aber der Mann es dem Weibe im Tanz gleich tun will, wirkt er weibisch und macht eine komische Figur. Deshalb bitte ich Sie, lieber Parteigenosse Tietjen, all diese Dinge, die unserem KdF-Ballett anhaften, möglichst wieder zu entfernen und es wieder auf die natürliche Basis zu stellen, wie sie im vorigen Jahr, wenn auch mit geringerem Einzelkönnen, so doch in der Auffassung richtig, zum Ausdruck kam.“ Tietjen kam der Aufforderung des Reichsorganisationsleiters nach und übernahm die künstlerische Leitung. Wie einem Brief von Tietjen an Derra de Moroda aus dem Jahr 1948 entnommen werden kann, dürfte er sie in der Folge vor Interventionen der Partei geschützt haben. Seine „Sympathie“ ihr gegenüber habe ihn dazu bewegt, „Nazisteine aus Ihrem Weg zu räumen, ohne dass Sie viel darum wussten“. Derra de Moroda choreographierte für das KdF-Ballett fortan nur noch Stücke mit Suite-Charakter, darunter 1943 erneut für das Mozartfest in Würzburg. Ebenfalls 1943 wurde für das KdF-Ballett zudem ein „bäuerliches Tanzspiel“ geschrieben, den Auftrag erhielt der Wiener „Tondichter“ Hubert Rudolf, die Umsetzung oblag Derra de Moroda. In diesem Jahr wurde dem Ballett auch eine Ballettschule angegliedert. Derra de Moroda hatte in der Zwischenzeit auch ihren Hauptwohnsitz von Berlin nach Salzburg in die Villa Schmederer in der Kreuzbergpromenade 4 verlegt.

Im April 1944 folgte noch die deutsche Erstaufführung von Fokins „Die Sylphiden“ an der Berliner Staatsoper, sowie die Uraufführung von „Die Mär vom Mummensee“ von Rudolf Sonner, zu dem Derra de Moroda das „Szenarium“ schuf.

Am 8. Juni 1944 gastierte das KdF-Ballett erneut im Festspielhaus Salzburg, musikalisch begleitet vom Mozarteumorchester. Die „Salzburger Zeitung“ bilanzierte aus diesem Anlass das Wirken Derra de Morodas, sie habe elf Tanzwerke geschaffen und „hob während dieser Arbeit das Niveau der Truppe“, die „Leistungsfähigkeit des Reichsballetts“ wurde belobigt, das Publikum war laut Bericht begeistert: „Und für die lebhaften Dankesbezeigungen des Publikums konnte sich im Kreise des Ensemble, das sich trotz mancher hervorstechenden Einzelbegabungen mit einem Gesamtlob begnügen möge, auch Derra de Moroda verneigen.“ Wenig später, im August 1944, wurde der Theaterbetrieb eingestellt. Damit endete Derra de Morodas Tätigkeit für die DAF, die sie auch dafür genutzt haben soll, männlichen Tänzern durch Beantragung von Unabkömmlichkeitsbescheinigungen den Frontdienst zu ersparen. Das Ballett wurde aufgelöst, das Ensemble nach Hildburghausen in Thüringen evakuiert. Als britische Staatsbürgerin wurde Derra de Moroda nun bis zur Befreiung durch die Alliierten in Liebenau am Bodensee interniert.

 

Nachkriegszeit

Nach Ende des Krieges kehrte Friderica Derra de Moroda nach Salzburg zurück. Einem Entnazifizierungsverfahren hatte sie sich mangels Mitgliedschaften und Funktionen in NS-Organisationen nicht zu stellen. Offenbar war sie zunächst bestrebt, ihr Ballettensemble in Salzburg wiederzubeleben, ab 1947 lebte sie dauerhaft bei ihrer Schwester in der Villa Schmederer in Parsch – ihr Schwager Ludwig Schmederer war 1935 verstorben – und brachte die Reste ihrer Tanzsammlung aus London nach Salzburg. Sie hielt auch Vorträge, etwa vor der Österreichisch-Britischen Gesellschaft über „Ballett in England“.

Am 7. Dezember 1950 verstarb ihre Schwester Minka Schmederer, „einst eine bekannte Schauspielerin und (…) eine der schönsten Frauen Salzburgs“ auf ihrem Besitz in Parsch. Von ihr erbte Derra de Moroda die Villa Schmederer, in der sie ihre Ballettschule einrichtete, die sie von 1952 bis 1966 betrieb und auch ihre Tanzsammlung systematisierte. Zu diesem Zweck pflegte sie umfangreichen Austausch mit Künstler*innen  und Fachkolleg*innen, darunter insbesondere mit Gerhard Croll, dem Ordinarius des Instituts für Musikwissenschaft der Universität Salzburg, und mit Bernhard Paumgartner, dem Präsidenten der Salzburger Festspiele. Im Jahr 1975 entschloss sich Derra de Moroda, ihre Sammlung der Universität Salzburg als Schenkung zu übergeben. Sie bildet seither die Derra de Moroda Dance Archives am Institut für Musikwissenschaft.

Friderica Derra de Moroda wurde vielfach ausgezeichnet und geehrt. Sie erhielt 1965 die Silberne Wappenmedaille der Stadt Salzburg, 1972 den Professorentitel, 1974 wurde sie für Verdienste um die britisch-österreichischen Beziehungen als Ordinary Officer of the Civil Division of the Order of the British Empire ausgezeichnet und 1977 erhielt sie anlässlich ihres 80. Geburtstages das Goldene Verdienstzeichen des Landes Salzburg und die Ehrendoktorwürde der Universität Salzburg

Friderica Derra de Moroda verstarb am 19. Juni 1978 in Salzburg.

 

Straßenbenennung

Mitte Dezember 1971 wandte sich der Salzburger Rechtsanwalt Dr. Hans Asamer an das Kulturamt der Stadt und schlug vor, für die Neubenennung einer Verbindungsstraße in Aigen diese „zweckmässigerweise (…) Derra de Moroda-Strasse“ zu nennen, „nachdem ganz in der Nähe an der Dr. Petterstrasse ein Kinderspielplatz errichtet wird, für den sowohl Grund wie Ausstattung durch Frau Derra de Moroda geschenkt werden. Frau Derra de Moroda hat übrigens am 2. Juni 1972 aus Anlass ihres 75. Geburtstages den Ring der Stadt Salzburg erhalten, überdies wurde ihr vom Bundespräsidenten der Berufstitel Professor für ihre Verdienste um die Tanzgeschichte und Tanzwissenschaft verliehen. Es wäre demnach eine solche Strassenbenennung begründet.“ Mit Kugelschreiber wurde beim Namen der Vorgeschlagenen handschriftlich hinzugefügt: „lebt noch, daher abwartende Haltung einnehmen“. Friderica Derra de Moroda verstarb im Juni 1978, vier Jahre nach ihrem Tod galt es, eine Aufschließungsstraße im Stadtteil Parsch zu benennen, die U-förmig von der „Maria-Cebotari-Straße“ abzweigt. Um Vorschläge für die Benennung dieser Straße wurde u. a. auch der Rechtsanwalt Dr. Kurt Asamer, Sohn von Hans Asamer gebeten. Dieser antwortete dem Kulturamt und schlug abermals Derra de Moroda als Namensgeberin vor, „die früher auch Eigentümerin der angrenzenden Grundstücke war“. Im Amtsbericht des Kulturamts vom 7. Juli 1982 wurde unter Vorgang 13 „auf Grund eines Vorschlages des Rechtsanwaltes Dr. Asamer“ die „Derra-de-Moroda-Straße“ festgeschrieben. Als „Alternativvorschlag“ wurden vom Amt die Bezeichnungen „Derra-Straße oder Moroda-Straße“ genannt. Der Kulturausschuss legte sich in der Sitzung am 5. August 1982 auf „Derra-de-Moroda-Straße“ fest, der Stadtsenat stimmte am 16. August einstimmig zu. Schließlich beschloss der Gemeinderat am 31. August 1982 einstimmig (16 SPÖ, 13 ÖVP, 8 FPÖ, 2 Bürgerliste) die „Derra-de-Moroda-Straße“.