Gemeinderat gedachte Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren
Anlässlich des 80. Jahrestages des Kriegsendes setzt die Stadt Salzburg ein Zeichen für aktive Erinnerung, Aufarbeitung und Zukunftsgestaltung. Bürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ) verwies im Gemeinderat darauf, dass Frieden, Freiheit und Demokratie keine Selbstverständlichkeit sind: „Diese Zeit mahnt uns und verpflichtet uns. Die Lehren der Geschichte dürfen nicht vergessen werden. Die Stadt Salzburg übernimmt Verantwortung und stellt sich ihrer Geschichte. Unsere Erinnerungskultur ist ein Wegweiser für eine friedliche und demokratische Zukunft.“
Ein zentrales Element der Gedenkens in der Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 14. Mai 2025, war ein Vortrag des Historikers Ewald Hiebl (Universität Salzburg). Er skizzierte eindrücklich die letzten Monate des Zweiten Weltkriegs in Salzburg und die Zeit danach.
Vortrag Hiebl: 80 Jahre Kriegsende in Salzburg
Die Bombardierungen Salzburgs begannen im Oktober 1944. Auch der Dom wurde getroffen. Noch kurz vor Kriegsende rief das NS-Regime zum Widerstand auf, obwohl Städte wie Linz und Innsbruck bereits kampflos befreit worden waren. Die kampflose Übergabe Salzburgs in der Nacht vom 3. auf den 4. Mai 1945 durch Hans Lepperdinger – entgegen dem ausdrücklichen Befehl – sei ein Akt des Mutes gewesen, der viele Menschenleben rettete.
Hiebl betonte, dass sich Salzburg nach Kriegsende in einem Zustand der Not befand: Überfüllte Spitäler, Mangel an Nahrung und Kleidung, und der Gestank der Verwesung in zerstörten Stadtteilen prägten den Alltag. Die gewaltigen Schäden schienen zunächst nicht reparierbar. Trotzdem richtete sich die Bevölkerung an Symbolen wie den erhalten gebliebenen Kirchtürmen wieder auf. Bereits kurz nach Kriegsende befanden sich zudem rund 30.000 Flüchtlinge in der Stadt.
Die Rolle des jüdischen Zeitzeugen und KZ-Überlebenden Marco Feingold wurde besonders hervorgehoben. In seinen Erinnerungen beschreibt er, wie schwer sich die Bevölkerung mit der Anwesenheit von Überlebenden tat: „Sie wagten es nicht, uns ins Gesicht zu schauen.“
Aufarbeitung und politische Kontinuitäten
Ewald Hiebl zeigte auch auf, wie schwierig die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit in den Nachkriegsjahren war. Das Lager Glasenbach an der Alpenstraße wurde nach der Übergabe an Österreich nur noch halbherzig zur Entnazifizierung genutzt. Viele NS-Belastete kehrten rasch in frühere Berufe zurück. Der in Salzburg gegründete „Verband der Unabhängigen“ (VdU) erzielte bei der ersten Wahl 30,2 % – mehr als die ÖVP.
Hiebl wies auch auf die selektive Interpretation der Moskauer Deklaration von Österreich als „erstem Opfer des Nationalsozialismus“ hin. Während vielen Widerstandskämpfern gegen das NS-Regime jahrzehntelang Ehre und Wiedergutmachung verwehrt blieb. Auch im Alltag sei lange ein diskriminierender Tonfall in Salzburg – mit Aussagen wie „Vergast sie!“ – spürbar gewesen. Der Historiker zitierte dazu den Journalisten Günther Nenning anno 1970: „Faschismus liegt hier knapp unter der Oberfläche“.
Erst das Bedenkjahr 1988 – im Schatten der Waldheim-Affäre – und die umfassende historische Aufarbeitung durch die Stadt Salzburg ab den 2000-er Jahren, darunter die achtbändige Serie zur NS-Geschichte unter Bürgermeister Heinz Schaden, führten zu einem Wandel in der Erinnerungskultur. Mit der kritischen Auseinandersetzung um Straßennamen halte sich die Stadt selbst den Spiegel vor, so Hiebl.
Videobotschaft von Michael Heltau
In einer bewegenden Videobotschaft (siehe Link unten) meldete sich der 92-jährige Kammerschauspieler und Chansonier Michael Heltau zu Wort. Er erinnerte an die Bedeutung von Helene Thimig für die Gründung der Salzburger Festspiele durch Max Reinhardt. Sie sei entscheidend gewesen, dass diese in Salzburg und nicht in Zürich oder Innsbruck gegründet wurden. Die Entscheidung, eine Straße nach Helene Thimig zu benennen, nennt Heltau eine „noble Geste“: „Salzburg ehrt sich mit dieser Straßenumbenennung gewissermaßen selbst.“
Ausstellung zum Gedenken
Sabine Veits-Falk, Leiterin des Stadtarchivs Salzburg, verwies im Rahmen der Sitzung auf die Ausstellung „Die Stadt Salzburg 1945“ im Haus der Stadtgeschichte und der Wolf-Dietrich-Halle im Schloss Mirabell. Sie dankte der früheren Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler sehr herzlich für die Vermittlung des Kontakts zu Kammerschauspieler Michael Heltau.
7 von 11 Beschlüssen einstimmig
Beim Abarbeiten der Gemeinderats-Tageordnung fielen dann sieben von elf Beschlüssen einstimmig aus. Wo keine Einigkeit herrschte, wurde großteils wie in den voran gegangen Ausschüssen bzw. im Stadtsenat abgestimmt.
Bearbeitet mit KI-Unterstützung
Karl Schupfer