Heinz Schaden: Bericht an den Gemeinderat
Ich habe dem erweiterten Kollegium in seiner Sitzung am 7. September 2009 zugesagt, dem Gemeinderat in seiner heutigen Sitzung zu den tatsächlichen Vorgängen und über das sogenannte „Darlehen“ Bericht zu erstatten. Ich stütze diesen Bericht auf die Prüfberichte von Landesrechnungshof und Kontrollamt, die Berichte der begleitenden Kontrolle, die Protokolle der Sitzungen des Aufsichtsrates, seiner Ausschüsse und deren Beilagen sowie auf die Recherchen des Rechtsvertreters der Stadt Salzburg.
Eingangs ist klarzustellen, dass es sich bei den derzeit immer wieder zitierten Einrichtungen, der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH und dem Olympia-Förderverein, um unterschiedliche und getrennte Rechtspersonen handelte.
Von Seiten der Gebietskörperschaften des Landes Salzburg (Land, Stadt, Wintersportgemeinden), des Salzburger Tourismusförderungsfonds und des ÖOC wurde – für die offizielle Bewerbung – eine Gesellschaft mit dem Namen Salzburg Winterspiele 2014 GmbH gegründet.
Durch Mitglieder des ÖOC wurde ein Olympia-Förderverein mit Sitz an der Adresse des ÖOC in Wien gegründet.
Die Salzburg Winterspiele 2014 GmbH mit Sitz in Salzburg
Die Salzburg Winterspiele 2014 GmbH wurde im November 2005 gegründet und im Oktober 2008 gelöscht. Der Aufsichtsrat konstituierte sich im November 2005. Aufgrund der Erfahrungen mit der Bewerbung für 2010 wurden von den Gesellschaftern auch nachhaltige Überlegungen zur Struktur der Bewerbungsgesellschaft angestellt.
Diese Gesellschafter waren im Einzelnen: das Land Salzburg zu 31 %, die Gemeinden Altenmarkt, Bischofshofen, Flachau und Radstadt zu 31 %, die Stadt Salzburg zu 23 %, der Salzburger Tourismusförderungsfonds zu 15 % und das ÖOC zu 0,005 %.
Aufsichtsräte waren: Heinz Schaden, Harald Preuner, Christine Homola, Stefan Kurz, Robert Pelousek (Stadt Salzburg), Gabi Burgstaller, Othmar Raus, Wilfried Haslauer, Reinhold Lopatka (Karl Schweitzer) (Land Salzburg) , Josef Tagwercher, Ernst Brandstätter, Jakob Rohrmoser, Veronika Scheffer, Wilfried Stadler (sog. Sportwelt Amadé Gemeinden), Wolfgang Gmachl (Hans Scharfetter) (Tourismusförderungsfonds); Leo Wallner, und Heinz Jungwirth (ÖOC).
Insgesamt wurden zehn Aufsichtsratssitzungen abgehalten. Eingerichtet waren auch ein Finanzausschuss, ein Präsidialausschuss sowie ein begleitendes Kontrollorgan des Aufsichtsrates.
Die Geschäftsführer waren in chronologischer Abfolge: Anton Schutti; Fedor Radmann; Gernot Leitner und Rudolf Höller.
Das Budget der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH betrug rd. € 10,39 Mio., der Anteil der Stadt daran rd. € 909.000. Im Vergleich dazu war der Anteil der Stadt an der Bewerbung um die Winterspiele 2010 € 1,38 Mio.
Zwei Rechnungskreise in Salzburg Winterspiele 2014 GmbH
Um von vornherein zu einer klaren Trennung zwischen öffentlichen Geldern und privaten Sponsorengeldern zu gelangen, wurden im Rechenwerk der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH zwei Rechnungskreise eingerichtet. Im Rechnungskreis 1 waren die öffentlichen Gelder eingebucht, im Rechnungskreis 2 waren die von privaten Sponsoren zur Verfügung gestellten Gelder verbucht.
Der zweite Rechnungskreis wurde auf ausdrücklichen Wunsch der Wirtschaft eingerichtet. Es bestand zu keinem Zeitpunkt die Absicht der Gesellschafter, eine Kontrolle des zweiten Rechnungskreises zu verhindern. Dazu ein Zitat aus dem Bericht des Landesrechnungshofs vom August 2008: „Die Abgrenzung erfolgte, um die persönliche Sphäre von privaten Geldgebern zu schützen. Diese hatten sich für ihre Sponsorleistungen ausbedungen, dass ihre Beiträge und Gegenleistungen nicht öffentlich diskutiert werden.“
Die Struktur des Rechnungswerkes – Teilung in zwei Rechnungskreise bei begleitender Kontrolle durch Rechnungsprüfer des Landes und der Stadt sowie externer Prüfer und nachgängige Kontrolle durch den Landesrechnungshof und das Kontrollamt – wurde dem Grunde nach weder vom Landesrechnungshof noch vom Kontrollamt beanstandet.
Während der Bewerbung gab es keine Beanstandungen durch das begleitende Controlling. Auch nach der Bewerbung gab es keine Beanstandungen durch Landesrechnungshof und Kontrollamt. Auch die beauftragten externen Wirtschaftsprüfer fanden keinen Grund für Beanstandungen. Eine neuerliche Prüfung durch das Kontrollamt der Stadt wurde bereits begonnen, die Akten liegen derzeit jedoch bei der Staatsanwaltschaft Salzburg.
Der Olympische Förderverein mit Sitz in Wien
Der Olympia-Förderverein wurde laut Vereinsregisterauszug im Dezember 2005 gegründet und im März 2009 aufgelöst. Er hatte seinen Sitz in Wien, konkret in der Marxergasse 25, ebenso wie ÖOC und Sporthilfe. Die Organe des Vereins waren laut Vereinsregister ausschließlich Mitglieder des ÖOC. Präsident war Leo Wallner, Schriftführer Heinz Jungwirth. Der Vereinszweck im Wortlaut: „(…) Förderung und Durchführung von olympischen Veranstaltungen in Österreich mit besonderer Blickrichtung auf olympische Spiele“ (Zitat aus dem Vereinregisterauszug).
Die Gründung des Fördervereins erfolgte mit Kenntnis aller Gesellschafter der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH. Erklärtes Ziel des Vereins war es, zusätzliche Sponsorengelder großer österreichischer Unternehmen zu akquirieren, deshalb auch der Sitz in Wien. Überdies gab es durch die damalige Bundesregierung aktive Unterstützung bei der Sponsorenakquisition.
Ausdrücklich festgehalten werden muss, dass der Förderverein organisatorisch und wirtschaftlich von der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH getrennt und von dieser unabhängig war. Die Geschäftsvorgänge im Förderverein entzogen sich daher der Kenntnis des Aufsichtsrates der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH und dessen Kontrollorganen. Die Geschäftsvorgänge im Olympia-Förderverein waren allein Sache des Olympia-Fördervereins. Der Olympia-Förderverein unterstand daher nicht der Prüfung von Landesrechnungshof und Kontrollamt.
Nach Bekanntwerden der Höhe der Zahlung an einen einzelnen Berater wurde bekanntlich vom ÖOC Anzeige gegen Heinz Jungwirth erstattet. Leo Wallner hat zwischenzeitlich seinen Rücktritt angekündigt. Das Erweiterte Kollegium der Stadt legte am 7. September 2009 fest: „Die Stadt Salzburg wird sich einem allfälligen Strafverfahren gegen die Proponenten des Fördervereins anschließen.“
Hintergründe zum sogenannten „Darlehen“
Im Feber 2007 wurden € 300.000 von der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH an den Olympia Förderverein überwiesen. Der Aufsichtsrat der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH wurde erstmals in seiner Sitzung am 13. Juni 2007 über ein – wörtlich – „Darlehen“ an den Olympia Förderverein informiert. In der Sitzung am 25. September 2007 wurde wiederum über ein „Darlehen“ an den Förderverein berichtet, welches zu diesem Zeitpunkt in Summe noch mit einem Betrag in der Höhe von € 200.000 aushaftete. Auch in den Beilagen des Rechenwerks der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH war stets von einem „Darlehen“ die Rede, welches im Rechnungskreis 2 verbucht worden ist. Deshalb wurde dieser Ausdruck stets verwendet.
In einem Fax von Heinz Jungwirth an den „Kurier“ vom 8. September 2008 ist von einer „Zwischenfinanzierung“ durch die Salzburg Winterspiele 2014 GmbH die Rede. Auch diese Tatsache weist inhaltlich eindeutig auf ein Darlehen hin, auch wenn es keinen schriftlich dokumentierten Darlehensvertrag mit Zahlungszielen, Zinskonditionen u.s.w. gab.
Der Vorgang im Detail
Die Darstellung erfolgt anhand der uns vorliegenden Unterlagen und der Aufsichtsratsprotokolle.
Ein deutscher Automobilhersteller hatte 2006 einen Sponsorvertrag mit dem Olympia Förderverein abgeschlossen. Gegenstand des Vertrages waren € 300.000 finanzielle Förderung und € 200.000 an Sachleistung. Nachdem die Sachleistungen - es handelte sich um Fahrzeuge - von der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH verwendet werden sollten, war der Sponsorvertrag mit dem Förderverein aufzulösen, um diesen in weiterer Folge mit der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH abzuschließen.
Da der zwischen Förderverein und Automobilhersteller geschlossene Vertrag rückabzuwickeln war, musste der Förderverein die € 300.000 an den Sponsor rücküberweisen. Um dem Förderverein, der diese Mittel offensichtlich bereits ausgegeben hatte, die Rückzahlung zu ermöglichen, wurde dem Olympia-Förderverein von der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH am 06.02.2007 ein Betrag von € 300.000 überwiesen. Der Darlehensbetrag, der aus dem Rechnungskreis der Sponsorengelder stammte, wurde vom Olympia-Förderverein noch im Feber 2007 an den deutschen Automobilhersteller weiter überwiesen.
Auf Basis des in weiterer Folge zwischen der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH und dem Automobilhersteller geschlossenen Sponsorvertrag wurden der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH vom genannten Sponsor eine Barleistung von € 300.000 sowie Sachleistungen im Gegenwert von € 200.000 zur Verfügung gestellt.
Darlehen nur zum Teil zurückgezahlt
Der Olympia-Förderverein überwies der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH als Darlehensgeber im April 2007 zunächst € 100.000 zurück, weshalb in den Protokollen der Sitzungen des Aufsichtsrates im Juni und im September 2007 von offenen Forderungen in Höhe von € 200.000 gegenüber dem Förderverein die Rede ist.
Nachdem in der Aufsichtsratssitzung vom 25. September 2007 dem Aufsichtsrat das an den Olympia Förderverein gegebene Darlehen zur Kenntnis gebracht worden ist, wurde die weitere Haltung und Vorgangsweise der Gesellschaft eingehend besprochen und erörtert.
Dem Aufsichtsrat der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH lagen zu diesem Zeitpunkt keinerlei Hinweise vor, dass die Darstellung der Geschäftsführung der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH hinsichtlich der als Darlehen eingebuchten Forderung an den Olympia-Förderverein unzutreffend ist. Solche Hinweise oder andere rechtliche oder sachliche Bedenken wurden an den Aufsichtsrat oder die Gesellschafter der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH auch nicht von Seiten der dem Aufsichtsrat beigeordneten begleitenden Kontrolle, von Seiten des Steuerberaters, des Wirtschaftsprüfers oder etwa von Seiten jener Aufsichtsratsmitglieder, die dem ÖOC und damit auch dem Förderverein angehörten, herangetragen.
Sowohl der Aufsichtsrat als auch die Gesellschafter konnten daher davon ausgehen, dass die Darstellung der Geschäftsführung der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH richtig und vollständig war.
Letztlich wurden auf meine Intervention Anfang des Jahres 2008 noch € 50.000 vom ÖOC nachgezahlt, sodass die Salzburg Winterspiele 2014 GmbH gegenüber dem Förderverein letztendlich eine offene Forderung in der Höhe von € 150.000 hatte.
Aufgrund der Tatsache, dass dieses weiter aushaftende Darlehen in Höhe von € 150.000 den Gesellschaftern der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH als uneinbringlich erschien, wurde letztlich von Seiten der Gesellschafter der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH beschlossen, die durch ausbleibende Sponsorengelder und diese uneinbringliche Forderung entstandene Unterdeckung in der Liquidationsbilanz nach den jeweiligen Anteilen abzudecken. Der Stadtsenat der Landeshauptstadt fasste dazu am 21.1.2008 einen entsprechenden Beschluss.
Fazit
Nach allen Prüfberichten von Landesrechnungshof und Kontrollamt, den Berichten der begleitenden Kontrolle, den Protokollen der Sitzungen des Aufsichtsrates und deren Beilagen und den Recherchen des Rechtsanwaltes der Stadt Salzburg ist festzuhalten:
* Es kann mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass mit Wissen oder über Auftrag des Aufsichtsrates der Salzburg Winterspiele 2014 GmbH Finanzmittel der Gesellschaft für gesetzlich nicht gedeckte Zahlungen verwendet wurden.
* Dies betrifft sowohl den ersten Rechnungskreis (öffentliche Gelder), als auch den zweiten Rechnungskreis (Sponsorengelder).
* Es gab aus Sicht des Aufsichtsrates keinen Grund, an den Angaben der Geschäftsführung zum „Darlehen“ zu zweifeln.
* Was den Olympia Förderverein anbelangt, schließt sich die Stadt Salzburg einem allfälligen Strafverfahren an und erhält so auch Zugang zu den Prozessakten.
* Das Ergebnis dieses Verfahrens soll nochmals von Kontrollamt und Landesrechnungshof bewertet werden.

Bgm. Heinz Schaden berichtet im Gemeinderat.
Schupfer, Karl, Mag. (12112)