Fieser Petrus, toller Simon
Filmnachwuchspreise "SImon S." der Stadt Salzburg zum Auftakt Filmfest Juvinale überreichtEs hätte eine doppelte Freiluft-Premiere im Schlosshof von Mirabell werden sollen: Opening des 3. Jugendfilmfests Juvinale und Verleihung der Simon S. Preise der Stadt Salzburg für jungen Film am 30. Juni 2021. Petrus hat leider statt Sommerabend coole 15 Grad, Wind und Regen serviert – die Veranstalter konterten mit einem ebenso spannend wie lauschigen Festakt und Screening im Filmkulturzentrum Das Kino.
„Natürlich hätte ich mich total gefreut über die erstmalige Nutzung des Schlosshofs für einen Open-Air Kinoabend“, meinte Kulturressortchef Vizebürgermeister Bernhard Auinger bei der Preisverleihung des Simon S. „Aber dass man nach vielen Monaten endlich wieder im Das Kino sein darf, macht – hoffentlich nicht nur mich – auch glücklich!“
Bereits zum fünften Mal hat die Stadt im Jahr 2020 ihren biennalen Filmnachwuchspreis mit einer Gesamtdotierung von 10.000 Euro ausgeschrieben. Eine Fachjury wählte die Siegerfilme einstimmig aus insgesamt acht Einreichungen:
Der Hauptpreis, dotiert mit 5.000 Euro, ging an das Team Lorenz Wetscher (Regie) und Bianca Weber (Produktion) für den Dokumentarfilm „Die Arbeit mit dem Tod“. Den zweiten Preis in Höhe von 3.000 Euro erhielten Lisa-Marie Bröckl (Regie) und Saskia Eder (Produktion) für den Kurz-Spielfilm „Close to nothing at all“. Mit dem dritten Preis (Dotierung 2.000 Euro) wurde Kerstin Glachs (Regie & Produktion) für ihren Kurzfilm „Anatomie einer Erinnerung“ ausgezeichnet.
„Wir schätzen an allen drei preisgekrönten Teams, dass sie ihren filmischen Blick auf brisante und immer noch stark tabuisierte Gesellschaftsthemen geworfen haben“, betonte die Jury – Filmemacherin Kathrin Brandstetter, Filmemacher und Produzent Günter Schwaiger, Das-Kino-Leiterin Renate Wurm – in einer Vorbemerkung. Tatsächlich geht es in den Siegerfilmen um das Sterben, Gewalt im familiären Umfeld und Alkoholismus.
- Hauptpreis „Simon S“ und 5.000 Euro Prämie für „Die Arbeit mit dem Tod“
Den Dokumentarfilm „Die Arbeit mit dem Tod“ hat die Jury einstimmig für den ersten Preis gekürt. Regisseur Lorenz Wetscher und Produzentin Bianca Weber stellen die Arbeit im stationären „Raphael Hospiz“ in Salzburg in den Mittelpunkt. Sie begleiten den Pfleger Robert, einen gebürtigen Osttiroler, in seinem privaten Alltag, der sich nach den branchenüblichen Nachtschichten ausrichtet, und beim Nachtdienst im Hospiz.
Die Jury: „Mit sicherem Blick (Kamera: Markus Wastl) wird die Arbeit und die Persönlichkeit des Protagonisten vielschichtig erzählt und das Thema „Sterben“ unaufgeregt und in seiner Komplexität vermittelt. (…) Der Film besticht durch seine Authentizität und seine unverblümte Direktheit. Ohne aufgesetzte Dramatik und in der notwendigen Bescheidenheit und Sensibilität erzählen die Filmemacher, wie es ist, wenn der Tod zum Alltag des eigenen Lebens wird.“
- Zweiter Preis, dotiert mit 3.000 Euro, an „Close to nothing at all“
Der Kurzfilm greift ein Thema auf, das zwar offensichtlich scheint, es in der Realität aber nicht ist: Sexuelle Gewalt im familiären Kontext.
Die 25-jährige Ailis lebt nicht ihr eigenes Leben, sondern nach den Wünschen ihrer streng religiösen Familie. Als sie von ihrem Freund zum Geschlechtsverkehr genötigt und daraufhin schwanger wird, wendet sich ihre eigene Familie gegen sie.
Die Jury meint dazu:
„Auch wenn die Regisseurin Lisa-Marie Bröckl das Thema in ein extremes Setting verlagert, so lässt sie dennoch keinen Zweifel, wie die Mechanismen des (Ver)Schweigens, des gesellschaftlichen Drucks und der Manipulation der Konventionen auf junge Frauen wirken, die sexuelle Gewalt erfahren haben. Das Thema ist von äußerster Brisanz gerade in Österreich, dem Land mit den meisten Frauenmorden in Westeuropa.
Neben überzeugender Kameraführung und einfallsreicher Ausstattung lebt der Kurzspielfilm (Produktion Saskia Eder) von der feinfühligen Arbeit eines bemerkenswerten Schauspiel-Ensembles, allen voran die Protagonistin Ailis, gespielt von Alicia Gerrad.“
- Dritter Preis, dotiert mit 2.000 Euro, für „Anatomie einer Erinnerung“
Regisseurin und Produzentin Kerstin Glachs greift dasThema des Alkoholismus in der Familie auf, jedoch nicht - wie vermutet – in der Figur des Vaters, denn Tochter Mia wird unfreiwillig Zeugin des fortschreitenden Alkoholismus ihrer Mutter.
„Ein beachtlicher Kurzfilm, der sehr gut aufzeigt, welche Spuren es bei Kindern hinterlassen kann, wenn sie plötzlich Verantwortung übernehmen müssen, die weit über jene hinausgeht, die ihrem Alter entspräche.“, befand die Jury.
Und weiter: „Der Film überzeugt durch seine erzählerische Qualität und vor allem die schauspielerische Darbietung der Kinder. Der Regisseurin ist das stimmige Portrait einer Familie gelungen, die vor dem Zerbrechen steht. Auch wenn am Ende einige Fragen offen bleiben, ist der Erzählstamm in seinen Intentionen dennoch fest verwurzelt und berührend.“

Preisverleihung & Screening "Simon S." im Das Kino
Cay Bubendorfer