Hagenauer: Stadt prüft Sozialausgaben vorab vor Ort
„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Wir haben ein überaus wachsames Auge darauf, dass Geld- und Sachmittel für die KlientInnen des Sozialamtes korrekt eingesetzt werden. Da darf niemand bevorteilt aber auch niemand benachteiligt werden“, sagt die für das Sozialressort zuständige Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer bei einem Medientermin am Freitag, 31. März 2017.
Und die Ressortchefin weiter: „Unsere Ermittlungsverfahren fußten bisher primär auf vorgelegten Dokumenten und persönlichen Angaben. Zur Erhöhung der Treffsicherheit wurde auf meine Initiative vor eineinhalb Jahren in der Sozialabteilung eine eigene Ermittlungsstelle eingerichtet. Ziel dabei: Durch Vor-Ort-Überprüfung und detaillierten Ergebnisbericht noch vor Ausstellung der Bescheide für Mindestsicherung, Sozialhilfe oder Behindertenhilfe eine weitere Entscheidungshilfe zur Hand zu haben. Der Erfolg ist groß, die neue Ermittlungsstelle ersparte dem Sozialsystem in den vergangenen eineinhalb Jahren 236.000 €.“
Mit Empathie und Kostenrechnung
Übernommen hat diese Aufgabe Helmuth Toporis, früher Chef der städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen. Mit seiner kaufmännischen und sozialpädagogischen Ausbildung bringt er nicht nur das notwendige Verständnis für kostenrechnerische Faktoren mit, sondern auch den Respekt vor den betroffenen Menschen und die notwendige Empathie für ihre jeweiligen Lebenslagen. „Keine Berührungsängste zu haben und offen auf die Leute zuzugehen, sind grundlegende Eigenschaften, um bei den Betroffenen auf Verständnis für die Notwendigkeit der korrekten Überprüfung ihrer sozialen Lage zu treffen.“
Worum geht‘s genau? In Sachen Mindestsicherung klärt Toporis vor Ort die jeweilige Lebens-, Arbeits-, Vermögens- und Wohnsituation, sowie die Anzahl der tatsächlich im Haushalt lebenden Menschen. Auf dieser Grundlage und durch Überprüfung des Wohnungs- und Einrichtungszustandes kann er dann zum Beispiel den tatsächlichen Einrichtungsbedarf ermitteln und unterstützt die KlientInnen gegebenenfalls bei der Einholung von entsprechenden Angeboten. Nicht zuletzt durch den Einkauf oder die Ablöse von gut erhaltenen Gebrauchtmöbeln hat er dem Sozialsystem bei Wohnungseinrichtungen bisher rund 180.000 € erspart. „Dazu habe ich mir ein Computerprogramm erstellt, welches mir hilft, den Zeitwert für die Ablöse von Gebrauchtmöbeln zu ermitteln.“
Ein wesentlicher Teil seiner Arbeit ist auch die Begleitung von Wohnungsanmietungen und Wohnungsrückgaben. Die detaillierte schriftliche und fotografische Dokumentation im Ergebnisbericht trägt zum gerechten Ausgleich zwischen den in der Hauptsache monetären Zielen der Vermieter und den unter Umständen prekären Lebenslagen der KlientInnen bei.
Drei Beispiele
In Lehen unterstützte Toporis eine Flüchtlingsfamilie bei der Wohnungsanmietung und Einrichtungsbeschaffung. Weiterer Hilfe kam von einer Salzburger Firma. Statt des ursprünglich errechneten Kostenaufwandes von rund 7.600 € waren schließlich nur 3.500 € nötig. Dies gelang u.a. durch entsprechende Verhandlungen mit dem Immobilienmakler (Mängel in der Wohnung).
In der Kendlersiedlung besorgte Toporis nach Besichtigung der Wohnung einer alleinerziehenden Mutter nicht nur die dringend benötigte Couch, sondern gleich noch eine neue Küche dazu, da die alten, desolaten Kasteln für die Kinder bereits eine Gefahr darstellten. „Die Frau wäre alleine nicht in der Lage gewesen, das alles zu organisieren“, so der Ermittler. Dadurch ergaben sich Mehrkosten von rund 1.400 €.
In Parsch war Toporis einem Mieter bei der Abwendung letztlich ungerechtfertigter Kautionsforderungen, bei der Anmietung der Wohnung und bei der Beschaffung der Einrichtung behilflich. Ersparnis fürs Sozialbudget: rund 1.700 €.
Auch für die Sozialhilfe, die es für Menschen in Senioreneinrichtungen gibt, wird Toporis im Rahmen der Ermittlungsassistenz tätig. Vorrangig geht es hier um die Ersteinschätzung der Einwilligungs- und Geschäftsfähigkeit, die Ermittlung von Vermögenswerten und Vertretungsbefugnissen oder ähnliches.
Wenn nötig: Meldung an Behörden
Generell untergekommen ist Toporis im Rahmen seiner Tätigkeit schon vieles: „Von fairen Vermietern bis zu jenen, die Wohnungen im schlechtesten Zustand mit überhöhten Forderungen vermieten oder ungerechtfertigt auf Kautionszusicherungen zugreifen wollen. Aber auch Mieter, die beim Auszug die Wohnung so zurücklassen, dass diese jedenfalls vor einer Neuvermietung komplett renoviert werden muss. Wenn nötig, erstatte ich auch entsprechende Meldungen an die Baubehörde, das Wohnungsamt und – insbesondere wenn es um das Wohl von Kindern geht – auch an das Jugendamt mit dem Ersuchen um sozialarbeiterische Intervention.“
Renate Szegedi-Staufer, Leiterin des Sozialamtes, ist mit den bisherigen Ergebnissen der Arbeit von Helmuth Toporis sehr zufrieden: „Er hat im Auftrag der ReferentInnen des Sozialamtes von September 2015 bis Jänner 2017 insgesamt 268 Ein- bzw. Mehrpersonenhaushalte bei 608 Terminen genauer unter die Lupe genommen. Aufgrund seiner Tätigkeit konnten dem Sozialsystem errechnete Kosten von rund 236.000 € erspart werden. Rund 188.000 € davon im Bereich Bedarfsorientierte Mindestsicherung, 48.000 € bei der Sozialhilfe für BewohnerInnen von Seniorenwohnhäusern.“
Tätigkeit wird ausgeweitet
Wegen der großen Erfolge von Toporis‘ Tätigkeit wird diese nun ausgeweitet werden. Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer: „Neben dem Sozialamt wird die Ermittlungsassistenz der Sozialabteilung künftig auch für das Jugendamt und das Wohnungsamt aktiv werden. Wir wollen schließlich alle, dass die Sozialmittel jenen zu Gute kommen, die sie wirklich brauchen. Hier darf es kein Ausnützen des Systems durch Halbwahrheiten geben! Ich verspreche: Wir schauen weiter ganz genau hin!“
Karl Schupfer