UND SOWAS WILL EIN ARZT SEIN
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Taubenfütterungsverbot ein durchwegs emotional besetztes Thema
"Zugespitzt hat sich im Krankenhausbereich die Verschmutzung durch Taubenmist im vergangenen Sommer, als es im Bereich der Fenster im Kinderspital zu einer Milbeninvasion gekommen ist. Diese Ektoparasiten werden durch Tauben verschleppt, sie sind eine Belästigung, aber nicht gefährlich. Speziell für kranke Kleinkinder, Alte oder auch durch AIDS geschwächte Menschen bedeuten durch Vogelkot verschleppte Microorganismen jedoch eine sehr massive Bedrohung.
"Täglich muß der Reinigungsdienst der Landeskrankenanstalten Eingänge reinigen, bei den Einfahrten der Notfallswagen kommt es zu einer dauernden massiven Belästigung durch Taubenmist." Primar Dr. Christian Menzel als Teilnehmer am Pressegespräch von Bürgermeister-Stellvertreter Johann Padutsch zum Thema Taubenfütterungsverbot schildert die Situation im Krankenhausbereich. Durch die im Areal der Salzburger Landeskrankenanstalten auftretenden Taubenschwärme und dem damit verbundenen Nistungsverhalten der Vögel nehmen die Probleme mit der Einhaltung der unbedingt erforderlichen Krankenhaushygiene ständig zu. Unmengen von Taubenmist einer zu dichten Taubenpopulation verschmutzen zunehmend vor allem Eingänge und Zufahrten der Abteilungen. Aus den Taubennestern kommt es zu einer Invasion von Krankheitserregern, welche zu einer erhöhten Infektionsgefahr für Menschen führen. Während tierische Ektoparasiten wie Vogelmilbe, Bettwanzen oder Taubenzecken mehr belästigenden Charakter haben, bedeuten Microorganismen wie Pilze, Bakterien und Viren gerade für immungeschwächte Patienten eine erhöhte Gefahr. Besonders wichtig ist deshalb die Einhaltung des Fütterungsverbotes, das von Patienten und Besuchern bisher leider nur lückenhaft befolgt wird.
Zum Bild der Stadt Salzburg gehören auch die Tauben. Waren es vor zehn Jahren noch ca. 800 Vögel, so sind es heute bereits über 2.500, die sich bevorzugt an den verschachtelten Gemäuern meist alter Gebäude, auf Gesimsen, Mauervorsprüngen oder Denkmälern aufhalten. Besonders ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger möchten den gefiederten Freunden vor allem auch im Winter das Leben in der asphaltreichen Stadt erleichtern und füttern die Tauben, die gierig Brotstückchen oder andere Leckereien aufpicken.
Doch leider ist Taubenfütterung auch während der kalten Jahreszeit alles andere als Tierschutz! In der Schweiz gilt Taubenfüttern sogar als Tierquälerei und wird entsprechend verfolgt. Auch in Salzburg hat der Gemeinderat im Juni 1994 ein Taubenfütterungsverbot zum Schutz der Tiere erlassen! Wer Tauben liebt und ihnen wirklich Gutes tun möchte, sollte deshalb auf die Vogelfütterung unbedingt verzichten!
Füttern macht die
Stadttauben krank
Viele Tierfreunde wissen nicht, daß sie mit einseitiger Fütterung den Tauben keineswegs einen guten Dienst erweisen. Sie halten die Vögel damit nicht nur von der natürlichen Nahrungssuche nach Unkrautsamen und ähnlichem ab. Sie unterstützen damit auch Bewegungsarmut und Vitaminmangel, sodaß die Tauben vielfach krank werden. Den schlechte Gesundheitszustand der Stadttauben (z.B. Infektionen) führen Experten - neben der unnatürlichen Populationsdichte - auch auf diese Fehlernährung zurück.
Taubenfüttern gefährdet
Gesundheit der Menschen
Füttern unterstützt die Brutfreudigkeit der Tauben und ermöglicht dazu immer mehr Tauben ein "bequemes" Leben in der Stadt. Aber große Taubenschwärme stellen für die Bevölkerung zunehmend eine gesundheitliche Gefährung dar, denn Stadttauben können verschiedene Krankheiten auch auf Menschen übertragen. Viele Stadttauben übertragen über ihren Kot oft jahrelang Salmonellen, ohne selbst sichtbar erkrankt zu sein. Die dichtgedrängten Nistplätze der Tauben sind von Vogelmilben, Taubenzecken, Flöhen und Wanzen besiedelt. Dieses Ungeziefer kann in benachbarte Wohnungen eindringen. Federn und Kotstaub können beim Menschen auch Allergien auslösen. In früheren Jahren wurden in Österreich Tauben bespielsweise mit Blausäure oder aber mit der sogenannten Taubenpille, die kein Hormon-, sondern ein Giftpräparat ist, qualvoll vergiftet.
Ätzender Kot zerstört
wertvolle Bausubstanz
Als Nachkommen von Felsspaltenbrütern brüten Tauben bevorzugt in kleineren Kolonien meist an markanten Einzelbauten wie Burgen, Brücken, Schlössern oder Kirchen. Die Simse und Dachböden besonders in der Altstadt stellen für die Stadttauben zusätzlich zu den natürlichen Felsen und Höhlen "Kunstfelsen" und "Kunsthöhlen" dar, die gerne als Brutplatz genützt werden. Die Gebäudeverschmutzung, insbesondere auch an historischen Bauwerken der Altstadt, sind erheblich: Verständlich, denn eine Taube erzeugt pro Jahr zwölf(!) Kilogramm Fäkalien. Und der Kot ist infolge der Harnsäure sehr ätzend und zerfrißt sogar Dachrinnen. Für Salzburg liegen noch keine Zahlen vor, mit einem Blick über die Grenze nach Bayern läßt sich der Schaden jedoch gut veranschaulichen: Die Kotbeseitigung an der Münchener Frauenkirche kostete in den Jahren 1990 bis 1992 über fünf Millionen Schilling, die von der Gemeinschaft bezahlt werden müssen! Außerdem fressen Tauben größere Mengen von Mörtel, wodurch sich dazu noch Mauerteile lockern können.
Jährlich zwölf Kilo
"Glück" pro Taube
Da sich Tauben besonders gerne auch in Nischen und Erkern von Gebäuden aufhalten, ist es leicht verständlich, daß sich besonders dort Taubenkot ansammelt. BewohnerInnen und Hausmeister von Wohnhäusern und öffentlichen Gebäuden klagen darüber immer öfter. Und wer ständig den stark verschmutzten Hauseingang oder Briefkasten zu reinigen hat, glaubt nicht mehr an "das Glück von oben". Generell nehmen Beschwerden aus der Bevölkerung über derartige Belästigungen stark zu: Balkone können vielfach nicht mehr benützt werden, oft kann auch Wäsche nicht mehr im Freien getrocknet werden.Von der Verschmutzung betroffen sind auch Spielplätze, Hauptbahnhof, Parks, Schrannen- und Grünmarkt, etc.
Viele gute Gründe, Tauben nicht zu füttern:
* Falsche bzw. einseitige Fütterung führt zu Trägheit, Mangelernährung und Krankheiten der Tiere;
* Auch im Winter finden die Tauben in Salzburg und Umgebung genügend Futter, um nicht Hunger zu leiden (z.B. Saatgut, Samen, Jungpflanzen, Eicheln, Baumknospen, Baumblüten);
* Eine Stadttaube fliegt zur Nahrungssuche täglich mehrere Kilometer und bleibt damit beweglich und gesund;* Gefütterte Stadttauben brauchen zur Nahrungsaufnahme täglich nur fünf Minuten. Sie haben dadurch Zeit und Energie, bis zu fünfmal im Jahr zu brüten (Wildtauben nur einmal);
* Das Futterangebot ist somit ausschlaggebend für die Größe des Taubenbestandes in Salzburg;
* Jede Taube produziert pro Jahr ca. zwölf Kilo ätzenden Kot;
* Taubenkot führt zu schweren Beschädigungen vor allem alter, "nistfreunlicher" Gebäude und Denkmälern (z.B. Salzburger Dom);
* Stadttauben sind Krankheitsüberträger und können damit auch für Menschen zu einer gesundheitlichen Bedrohung werden.
Sie sehen: Fütterung trägt ganz wesentlich zum schlechten Gesundheitszustand der Stadttauben bei. Bitten seien Sie ein echter Tierfreund,
füttern Sie Tauben nicht!
Primarius Dr. Christian Menzel
ärztl. Direktor der Landeskrankenanstalten Salzburg
Dr. Chr. Menzel
Dipl.-Ing. Erich Wenger
Bundesgebäudeverwaltung I
Ein steter Anstieg der Taubenpopulation in der Stadt Salzburg ist in mehrerer Hinsicht problematisch: Tauben suchen Schutz unter Dachvorsprüngen, Arkaden, Dachböden der Altstadthäuser, sitzen auf Gesimsen, Steinplastiken oder Mauervorsprüngen. Durch den Kot ist eine Zersetzung der Stein- und Putzstruktur unausbleiblich. Der Aufwand für die Sanierung ist beträchtlich, historische Denkmäler sind teilweise nicht wiederherstellbar.
Kot bleibt dazu auf Gesimsen, Fassadenflächen und vor allem an Fenstern kleben. Dies ist nicht nur optisch untragbar, sondern auch den in den Objekten wohnenden und arbeitenden Menschen unzumutbar. Das Fütterungsverbot ist anerkannt die beste Art, der Taubenplage Einhalt zu gebieten.
DI Erich Wenger
Dr. Ronald Gobiet
Landeskonservator für Salzburg, Bundesdenkmalamt
Die Auswirkungen allzuvieler Tauben stellen Denkmalpfleger oftmals vor schwierige Entscheidungen. Zunächst aber betrifft die Verschmutzung der Denkmäler durch Taubenkot uns alle und ist als sichtbares Problem ein störender Faktor für die Allgemeinheit. Darüber hinaus führt der Vogelkot zu einer Verätzung der Denkmaloberflächen. In weiterer Folge wird der Kot durch einen chemischen Prozeß umgewandelt, sodaß in Verbindung mit Wasser auch Stellen erreicht und beschädigt werden, die nicht unmittelbar mit Exkrementen in Berührung kamen. Für die Behebung der dadurch entstandenen Schäden (Risse, Absprengungen etc.) müssen oft große personelle und finanzielle Mittel aufgewendet werden. Schutzmaßnahmen wie (Teil)Vernetzungen von Denkmälern haben nur vereinzelt Abhilfe geschaffen. Das Problem der Verschmutzung durch Tauben bedarf aber einer grundlegenden Lösung unter Einbeziehung der Allgemeinheit!Immer mehr Bürgerinnen und Bürger beschweren sich über die Verschmutzungen durch die Fäkalien der Straßentauben an Gebäuden und Straßen. Der Grund dafür ist, daß in den vergangenen Jahren die Zahl der Straßentauben sprunghaft angestiegen ist. 1985 waren es noch 700 bis 800 Tauben, 1992 wurden bereits über 2.500 Stadttauben gezählt. Diese Vermehrung wird hauptsächlich durch das überreiche Futterangebot ausgelöst. Viele Städte in Europa haben das gleiche Problem. Dort werden Tauben auch heute noch mit Netzen eingefangen, erschossen oder vergiftet. Solche Praktiken darf es in Salzburg nicht geben.
Als Alternative dazu wurde von Tierschützern empfohlen, die Tauben in ihrem natürlichen Lebensrhythmus zu belassen, was heißt, sie nicht zusätzlich zu füttern. Der Gemeinderat der Stadt Salzburg hat deshalb ein Fütterungsverbot beschlossen. Die Tauben werden dadurch keinesfalls verhungern, einzig der Nachwuchs wird weniger zahlreich sein. Wird das Nahrungsangebot geringer, so müssen die Tauben ausgedehnte Flüge ins Umland unternehmen, womit weniger Zeit zum Brüten bleibt.
Es ist mittlerweile wissenschaftlich erwiesen, daß durch ein Fütterungsverbot nicht nur die Zahl der Tauben konstant gehalten werden kann, sondern insgesamt die Taubenpopulation gesünder wird. Ich hoffe, daß wir mit dem Fütterungsverbot die Zahl der Tauben tiergerecht auf einem für die Salzburger und ihre Stadt verträglichen Niveau halten können.
Presseinformation vom 01.01.1994
MD01 - Service und Information