Wirtschaftskrimi Marterbauer: Arbeit der Behörde hat noch größeren Schaden vermieden!
In der Causa Marterbauer wird Bürgermeister Heinz Schaden dem Gemeinderat vorschlagen, auf ausstehende Gebühren aus dem 2. Quartal in der Höhe von rund 66.789,30 Euro (Stand 31. August 2005) für Grundsteuer, Müllabfuhr und Kanalbenutzung zu verzichten.
„Ich will, dass in diesem außergewöhnlichen Fall die Stadt mit einer kulanten Haltung dazu beiträgt, den Schaden für die Betroffenen so gering wie möglich zu halten“, betont der Bürgermeister. Wie sich die Stadt bei den ausständigen Zahlungen des dritten Quartals (Fälligkeit 15. August) verhalte, hänge – so Schaden – auch von den Erkenntnissen des Masseverwalters ab. „Wir werden mit den Eigentümern individuelle und bestmögliche Lösungen erarbeiten. Wie diese Lösungen im Detail aussehen, können wir erst klären, wenn das Quartal abgeschlossen ist und alle Eigentümer eine neue Hausverwaltung gefunden haben “, so der Bürgermeister.
Bekanntlich hat Peter Marterbauer in seiner Funktion als treuhändischer Hausverwalter eingezahlte Betriebs- und Instandsetzungskosten der Eigentümer unterschlagen, wobei die genaue Schadenssumme nach wie vor nicht feststeht. Marterbauer beging Anfang August Selbstmord.
Verwaltung reagierte rasch und korrekt
Bei einem Pressegespräch am Donnerstag, 1. September stellte Schaden auch fest, dass die Finanzabteilung der Stadt nicht nur rasch und korrekt reagiert habe, sondern durch ihre erstklassige Arbeit auch noch größeren Schaden von den Eigentümern habe abwenden können. Die zuständigen Sachbearbeiter hätten zum frühest möglichen Zeitpunkt die Wohnungseigentümer – soweit dies praktisch überhaupt möglich war – auf die ausstehenden Zahlungen aufmerksam gemacht und so indirekt Druck auf Marterbauer ausgeübt, der noch 89 von 131 Konten mit einem offenen Gesamtbetrag von 93.760,42 (Stand 22.08. 2005) Euro tilgte.
„Zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Zahlungsunfähigkeit der Firma Marterbauer haben lediglich 22 Objekte einen Rückstand von 74.000 Euro ausgewiesen“, stellte Mag. Wilhelm Rader, Leiter der Finanzabteilung, fest, „andrerseits waren aber bereits noch nicht fällige Abgaben des dritten Quartals bezahlt“. Der Vorwurf, die Kontrollmechanismen der Stadt hätten versagt, gehe angesichts der tatsächlichen Fakten völlig ins Leere. Auch die Höhe der ausgewiesenen Marterbauer-Rückstände am 28. Juni seien nicht alarmierend gewesen: von insgesamt 606 vollstreckbaren Rückständen aus allen Bereichen stammten 131 von „Marterbauer-Liegenschaften“.
Kontrollmechanismen in dem Sinn, dass von der Behörde die Vermögenssituation eines Abgabepflichtigen (oder Treuhänders) überprüft werden könnte, sieht die Abgabenordnung nicht vor. Es könne wahrlich nicht die Stadt daran schuld sein, wenn jemand ein besonderes Vertrauensverhältnis missbraucht, wie es hier zwischen Eigentümer und Treuhänder vorgelegen sei, betont Rader.
„Ich will diese Pressekonferenz auch nutzen, um ausdrücklich die besonders vorzügliche und engagierte Vorgehensweise der städtischen Finanzverwaltung zu loben“, betonte der Bürgermeister. „Anhand der Zeitachse ist erkennbar, wie sorgfältig unsere Mitarbeiter in diesem sehr sensiblen Bereich vorgegangen sind“, so Abteilungsvorstand Wilhelm Rader, „wir haben uns rechtzeitig mit Eigentümer in Verbindung gesetzt.
Aus Schaden wird man klug! Schwachstellen im Wohnungseigentumsgesetz
Bürgermeister Schaden fordert trotzdem weitere politische Initiativen auf Bundesebene. „Dieser Fall zeigt deutlich, dass es im Wohnungseigentumsgesetz noch Schwachstellen gibt“, so Dr. Heinz Schaden. Dieses Gesetz hätte heuer im Frühsommer novelliert werden sollen, aber durch die Wirren in der Bundesregierung ist diese Änderung auf frühestens Anfang 2006 verschoben worden. „Die Arbeiterkammer hat viele Verbesserungsvorschläge der zuständigen Ministerin Gastinger (vormals Miklautsch) überbracht. Vielleicht hat die Bundesregierung dieses Mal ein offenes Ohr“, so Schaden weiter.
Es muss grundsätzlich eine Sicherstellung von Treuhandgeldern im Verwaltungsbereich erreicht werden, so dass beispielsweise Betriebskostenzahlungen etc. tatsächlich auch dafür verwendet werden und nicht ein zweites Mal bezahlt werden müssen. Dies muss bei der Wohnrechtsnovelle im Wohnungseigentumsgesetz, Mietrechtsgesetz und Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz konkret berücksichtigt werden. „In Angelegenheit Matterbauer wäre zu prüfen, inwieweit Banken haften, die ohne entsprechende Sicherstellungen derartige Überziehungsrahmen gewährt haben“, stellte Schaden zur Diskussion.
Die Gründung eines Revisionsverbandes durch die Immobilientreuhänder müsse begrüßt werden, jedoch soll auf gesetzlicher Ebene diese Revision im Rahmen der Wohnrechtsreform vorgeschrieben werden. Sinnvoll sei auch eine gesetzliche Regelung, die in Zukunft eine Informations- und Warnpflicht von Professionisten, Lieferanten, Wasser- und Energieversorgern gegenüber Eigentümern und Mietern vorsieht, wenn durch die bestellte Hausverwaltung nicht fristgerecht bzw. über einen best. Zeitraum nicht bezahlt werde.
ZEITACHSE IN DER CAUSA MARTERBAUER
Nach den Aufzeichnungen der städtischen Finanzverwaltung stellt sich der genaue Zeitlauf folgendermaßen dar:
17. Mai Fälligkeit der Gebühren für das 2. Quartal
7. Juni Automatisierte Vorschreibung der Säumniszuschläge an den
Zustellungsbevollmächtigen Marterbauer
9. Juni Marterbauer teilt persönlich Verzögerung der Einzahlungen wegen
Bankwechsels mit
28. Juni Automatisierter Ausdruck der vollstreckbaren Rückstände,
Weitergabe zur Überprüfung an das Stadtsteueramt
6. Juli Bearbeitung durch die Sachbearbeiter: von 606
Rückstandsausweisen entfallen 131 auf Marterbauer-Liegenschaften
(178.905,48 Euro).
13. Juli Die Überprüfung der aushaftenden Beträge ergibt, dass von den
131 Konten bereits 46 mit einem Gesamtrückstand von 27,895,46
Euro abgedeckt wurden. Marterbauer erhält letzte Zufristung bis
20. Juli.
25. Juli Telefonische Kontaktaufnahme mit Liegenschafts-eigentümern, die
auch persönlich als Kontoinhaber aufscheinen. Da es sich beim
Großteil um Wohnungseigentümereigenschaften von Objekten mit
sehr vielen (bis zu 357) Miteigentumsanteilen handelt, ist eine
sofortige Information aller betroffenen Eigentümer nicht machbar
und normalerweise auch nicht üblich.
26. Juli Marterbauer begründet die weitere Verzögerung mit
Schwierigkeiten bei der Ausfertigung des zur Überweisung
benötigten TAN-Codes von Seiten der Bank. Die Stadtkasse schickt
ihm ein E-Mail mit den erforderlichen Daten für die offenen 85
Konten (s. Faksimile).
4. August Für 43 Konten erfolgen die Zahlungen über 65.061, 19 Euro.
5. August Herr Marterbauer ist nicht mehr erreichbar
[8.August Die Stadtkasse teilt der Kanzlei Marterbauer mit, dass es
nunmehr zu Vollstreckungsmaßnahmen kommt.]
AUS DER STELLUNGNAHME DES STADTSTEUERAMTES
* Die Fa. Immobilien Peter Marterbauer bzw. die Peter Marterbauer Immobilien GmbH wurde betreffend der von ihr verwalteten Liegenschaften von den jeweiligen Eigentümern oder Eigentümergemeinschaften als Zustellungsbevollmächtigte gegenüber dem Magistrat Salzburg namhaft gemacht. Eine direkte Kontaktaufnahme mit dem oder den Abgabepflichtigen außerhalb des Vollstreckungsverfahrens ist bei einem aufrechten derartigen Vollmachtsverhältnis aufgrund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen nicht vorgesehen (§ 74 (1) Salzburger Landesabgabenordnung, § 22 Abgabenexekutionsordnung).
* Festzustellen ist, dass ein als Zustellungsbevollmächtigter fungierender Hausverwalter keinesfalls als Abgabenschuldner in Betracht kommt. Abgabepflichtig für die Grundsteuer, Kanalbenützungsgebühr und Abfallwirtschaftsgebühr ist bzw. sind der oder die Liegenschaftseigentümer. Im Regelfall ist der Zustellungsbevollmächtigte jedoch im Innenverhältnis für die Zahlung der anfallenden Abgabenforderungen zuständig und im Fall von Zahlungsverzug auch nach Eintritt der Vollstreckbarkeit erster Ansprechpartner der Abgabenbehörde.
* Vor direkter Inanspruchnahme der Liegenschaftseigentümer als Abgabenschuldner erfolgt in Fällen von Zahlungsversäumnissen durch Hausverwaltungen seitens der Einbringungsstelle der Stadtkasse vorerst umgehend eine Kontaktaufnahme mit der betreffenden Hausverwaltung, um der Ursache des Zahlungsverzugs auf den Grund zu gehen.
* Im konkreten Fall erfolgte durch Herrn Marterbauer bereits vor Eintritt der Vollstreckbarkeit die Information an die Stadtkasse-Einbringungsstelle, dass es bei der Entrichtung der am 17.5.2005 fällig gewesenen Abgaben für das 2. Quartal 2005 aufgrund eines Wechsels der Bankverbindung zu einer Verzögerung der Überweisungen kommen wird.
* Von einem „Versagen sämtlicher Kontrollmechanismen seitens der Stadt“ kann keine Rede sein. Wie aus dem oben geschilderten Ablauf ersichtlich ist, wurden die üblicherweise erforderlichen Maßnahmen gesetzt. Eine sofortige „Vorwarnung“ der Eigentümer zum frühest möglichen Zeitpunkt Anfang Juli 2005 hätte für die nunmehr im Zusammenhang mit Forderungen der Stadtgemeinde Salzburg betroffenen Liegenschaftseigentümer keinerlei positive Auswirkungen gehabt, da zu diesem Zeitpunkt die Konten dieser Hausgemeinschaften bereits keine Deckung mehr gehabt haben dürften.
* Die Aussage, dass die Firma Peter Marterbauer „tief bei der Stadt in der Kreide steht“, entspricht nicht den Tatsachen, da zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Zahlungsunfähigkeit der Firmen Marterbauer lediglich 22 Objekte einen Rückstand von ca. 74.000 Euro an Haus- und Grundbesitzabgaben aus dem 2.Quartal 2005 ausweisen und andererseits teilweise noch nicht fällige Abgaben des 3.Quartals bezahlt wurden.
* Die vorgeschlagene „Verständigung von Wohnungsparteien mit Aushang“ über Zahlungsrückstände scheint vollkommen ausgeschlossen, da dadurch ja Dritte (Postzusteller, Prospektverteiler, Besucher etc.) darüber informiert würden, dass auf dem Abgabenkonto der Hausgemeinschaft ein Rückstand besteht. Man kann sich die Folgen ausmalen, wenn ein Rechtsanwalt als Miteigentümer in diesem Zusammenhang eine Verletzung der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht erkennen würde (Amtshaftung, Amtsmissbrauch).
Stockklauser, Doris (11451)