Salzburg präsentiert erste umfassende Klimawandelanpassungsstudie
Erstmals klare Richtschnur für eine klimafitte Stadt
(v.l.n.r. Meteorologin GeoSphere Austria Claudia Riedl, Planungsstadträtin Anna Schiester, Senior Scientist an der BOKU University Florian Reinwald)
Die Stadt Salzburg reagiert auf die Klimakrise mit wissenschaftlicher Präzision und politischem Gestaltungswillen: Erstmals wurde das Stadtklima systematisch untersucht – von der lokalen Hitzebelastung über Frischluftströme bis hin zu Veränderungen im Niederschlagsverhalten. Die nun vorliegende Klimawandelanpassungsstudie, erstellt in Zusammenarbeit mit GeoSphere Austria und der BOKU University, liefert eine fundierte Grundlage für die Stadtplanung der Zukunft.
Die Analyse zeigt: Salzburg ist vom Klimawandel deutlich betroffen – und der Handlungsbedarf ist hoch. Die Studie macht transparent, wo die Stadt besonders verletzlich ist und was es braucht, um auch in Zukunft lebenswert zu bleiben. Sie bietet erstmals einen strukturierten Rahmen, um den Herausforderungen der Erderhitzung auf lokaler Ebene wirksam zu begegnen.
Die Ergebnisse fließen direkt in das neue Räumliche Entwicklungskonzept (REK Neu) ein – und werden damit zur Richtschnur für eine klimafitte Stadtentwicklung in den kommenden Jahren.
„Wir alle spüren inzwischen, dass sich das Klima verändert – die Sommer werden heißer, die Nächte bringen kaum Abkühlung, und wenn es regnet, dann oft heftig. Städte wie Salzburg stehen da besonders unter Druck“, betont Planungsstadträtin Anna Schiester bei der Präsentation der 1. Klimawandelanpassungsstudie der Stadt Salzburg. Deshalb sei klar: Die Stadt müsse handeln, Klimaschutz allein reiche nicht mehr – wir müssen uns auch an das anpassen, was nicht mehr aufzuhalten ist. „Mit der Klimawandelanpassung im REK schlagen wir ein neues Kapitel in der Stadtentwicklung auf. Wir schauen den Herausforderungen der Zeit ins Auge – und leiten konkrete Schritte daraus ab. Das macht mich stolz. Weil es zeigt, dass wir nicht abwarten, sondern Verantwortung übernehmen. Für eine Stadt, die auch in Zukunft gut zum Leben ist.“
Klimaanpassung wird Teil der Stadtplanung
Basierend auf den umfassenden Analysen des Stadtklimas durch BOKU und Geosphere – in Zusammenarbeit mit dem Amt für Stadtplanung und Verkehr sowie weiteren Fachabteilungen der Stadt Salzburg – wurden erstmals konkrete Empfehlungen zur Klimawandelanpassung erarbeitet. Ausgangspunkt war die Frage, welche Folgen der Klimawandel für Salzburg bereits heute hat – und welche Stadtteile besonders betroffen sind. Aufbauend auf dieser Betroffenheitsanalyse wurden zielgerichtete Strategien und Maßnahmen entwickelt, um die Stadt gezielt auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten.
Der nächste Schritt ist bereits im Gange: Die Ergebnisse der Studie fließen direkt in das neue Räumliche Entwicklungskonzept (REK Neu) ein – und bilden damit die planerische Grundlage für ganz konkrete Maßnahmen in den kommenden Jahren.
Ziele und Maßnahmen zur Klimawandelanpassung
Klimawandelanpassung ist die zweite zentrale Säule einer vorausschauenden Klimapolitik – sie ergänzt den Klimaschutz dort, wo Veränderungen bereits spürbar oder nicht mehr aufzuhalten sind. Es geht darum, die Widerstandskraft der Stadt zu stärken und sich gezielt auf neue klimatische Bedingungen einzustellen: auf mehr Hitze, stärkere Regenfälle, längere Trockenperioden.
Gerade auf kommunaler Ebene kommt der Anpassung eine besondere Rolle zu – denn viele Maßnahmen müssen direkt vor Ort greifen: in der Stadtplanung, in der Bauordnung, im öffentlichen Raum. Hier liegt ein großer Hebel – und eine große Verantwortung für die Stadt.
Wie sich das Stadtklima verändert – und was Salzburg daraus ableitet
Die Grundlage für die Erarbeitung der Maßnahmen war eine umfassende Analyse des Salzburger Stadtklimas – mit besonderem Fokus auf städtische Überwärmung und das lokale Windsystem: Salzburg liegt in einer gemäßigten Klimazone. Die durchschnittliche Jahrestemperatur lag in der Klimanormalperiode 1991–2000 bei 10,4 °C in Salzburg-Freisaal und 10,0 °C am Flughafen. Seit den 1990er Jahren ist die Temperatur deutlich gestiegen – allein im Vergleich zwischen den Perioden 1981–2010 und 1991–2020 um rund ein Grad.
Mit dem Temperaturanstieg häufen sich auch die Hitzetage (ab 30 °C) und Sommertage (ab 25 °C), während gleichzeitig Eistage und Schneedeckentage deutlich abnehmen. Besonders betroffen von starker Hitze sind dicht bebaute und stark versiegelte Stadtbereiche – etwa die Altstadt, die großflächigen Quartiere zwischen Kapuzinerberg und Eisenbahngleisen oder der Bereich entlang der Alpenstraße.
Auch beim Niederschlag zeigen sich klare Veränderungen: Salzburg ist im Vergleich zu anderen österreichischen Ballungsräumen nach wie vor relativ niederschlagsreich, doch die Muster verschieben sich. Trockenphasen werden häufiger, und wenn es regnet, dann oft intensiv und kurz. Innerhalb einer Stunde fallen bei Extremereignissen inzwischen rund 15 % mehr Regen als noch vor wenigen Jahrzehnten.
Gleichzeitig verfügt Salzburg über einen entscheidenden Vorteil: eine gute natürliche Durchlüftung. Die großräumigen West-Ost-Winde im Salzachtal werden durch das umgebende Gelände in Nordwest-Südost-Strömungen umgelenkt. Ergänzt wird dieses System durch ein ausgeprägtes Berg-Talwindsystem im Raum Hallein, das für regelmäßigen Luftaustausch sorgt. Auch der Föhneinfluss am Nordrand der Alpen und die nächtliche Abkühlung durch die Stadtberge tragen zur Frischluftversorgung bei. Diese natürlichen Belüftungsmechanismen tragen entscheidend zur Abschwächung urbaner Wärmeinseln bei – und sind deshalb besonders zu schützen.
Vier Ziele für eine klimaresiliente Stadtentwicklung
Auf Basis dieser Analyse hat die Stadt Salzburg gemeinsam mit Expert:innen und den beteiligten Fachabteilungen konkrete Ziele und Maßnahmen erarbeitet. Diese fließen nun in das neue Räumliche Entwicklungskonzept (REK Neu) ein – und bilden die Grundlage für die Umsetzung in Stadtteilentwicklungen, Bebauungsplänen und öffentlichen Räumen.
Im Mittelpunkt stehen vier strategische Ziele:
- Reduktion städtischer Wärmeinseln – durch Begrünung, Entsiegelung und klimaangepasste Bauweise
- Sicherung der Durchlüftung – durch Erhalt von Frischluftschneisen und klimawirksamen Korridoren
- Schaffung und Aufwertung von öffentlichen Ausgleichsräumen – für Abkühlung, Erholung und soziale Teilhabe
- Einführung eines wirksamen Regenwassermanagements – inklusive Ausbau der blauen Infrastruktur
Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die hohe Lebensqualität in Salzburg langfristig zu sichern – für die Bewohner:innen ebenso wie für kommende Generationen und alle Gäste der Stadt. Denn Klimawandelanpassung ist längst keine abstrakte Zukunftsaufgabe mehr, sondern konkrete Gestaltungsaufgabe im Hier und Jetzt.
Planerisch, naturbasiert, technisch – wie Salzburg auf den Klimawandel reagiert
Die Stadtklimaanalyse, die daraus abgeleiteten Planungshinweiskarten sowie die entwickelten Empfehlungen zu Zielbereichen und Maßnahmen ermöglichen es künftig, bei der Entwicklung neuer Stadtteile das Stadtklima systematisch mitzudenken. Damit Klimawandelanpassung nicht theoretisch bleibt, setzt die Stadt auf drei ineinandergreifende Handlungsfelder: planerische, naturbasierte und technische Lösungen.
Planerische Maßnahmen sorgen dafür, dass Flächen für die Kaltluftproduktion und -leitung freigehalten und ein zusammenhängendes Grün- und Freiraumsystem gesichert bzw. weiterentwickelt wird. So wird der natürliche Luftaustausch in der Stadt erhalten und gestärkt.
Naturbasierte Lösungen beinhalten den Erhalt und Ausbau der urbanen grünen Infrastruktur – also von natürlichem und naturnahem Grün – ebenso wie der blauen Infrastruktur, also wassergeprägten Flächen und Elementen im gesamten Stadtgebiet. Sie erbringen wichtige Ökosystemleistungen wie Kühlung, Luftreinigung oder Wasserrückhalt und sind damit ein zentraler Bestandteil klimaresilienter Stadtentwicklung.
Technische Maßnahmen wiederum helfen dabei, Gebäude und öffentliche Räume konkret auf Hitze vorzubereiten – etwa durch außenliegenden Sonnenschutz oder beschattete Aufenthaltsbereiche im Straßenraum.
Sicherung der hohen Lebensqualität für zukünftige Generationen
„Ich gratuliere der Stadt Salzburg, dass sie sich dieses zentralen Themas angenommen haben und aktiv die Klimawandelanpassung vorantreiben“ sagt Florian Reinwald, Senior Scientist beim Institut für Landschaftsplanung, Department für Landschaft, Wasser und Infrastruktur, der BOKU University,. „Mit der Studie und der Integration der Klimawandelanpassung in das REK Neu stellt sich die Stadt Salzburg einer der großen aktuellen Herausforderungen. Mit der Integration in das REK Neu zeigt die Stadt Salzburg wie strukturiert und umfassend Klimawandelanpassung auf kommunaler Ebene erfolgreich umgesetzt werden kann.“
„Mit der Klimawandelanpassung im REK schlagen wir ein neues Kapitel in der Stadtentwicklung auf. Wir schauen den Herausforderungen der Zeit ins Auge – und leiten konkrete Schritte daraus ab. Das macht mich stolz. Weil es zeigt, dass wir nicht abwarten, sondern Verantwortung übernehmen. Für eine Stadt, die auch in Zukunft gut zum Leben ist“, so Planungsstadträtin Anna Schiester.
Was Salzburg schon umgesetzt hat
- Neue Baumschutzverordnung (seit 2024): schützt Bäume ab 55 cm Umfang. Bei Fällung: verpflichtende Nachpflanzung mit klimaresistenten Arten.
- Grünflächenzahl (seit 2025): bei Neubauten muss ein Mindestanteil der Fläche begrünt sein – verpflichtend, nicht verhandelbar.
- Arbeit am Klimafahrplan: Die Stadt ist seit 2024 Teil der Mission „Klimaneutrale Stadt“ und arbeitet derzeit am Klimafahrplan 2040. Der Klimafahrplan legt erstmals fest, wie Salzburg bis spätestens 2040 klimaneutral werden kann – mit klaren Zielen, konkreten Maßnahmen und einem verbindlichen Zeitplan. Er wird aufzeigen, wo und wie die Stadt Treibhausgase reduzieren muss: etwa im Verkehr, bei Gebäuden oder in der Energieversorgung.
Lapuch Laura BA