Noro-Viren-Alarm auch an Volksschule Nonntal
Nach dem gestrigen Fällen von Brechdurchfall durch eine Infektion mit Noroviren im Seniorenheim Liefering wird nun ein ähnlicher Fall aus der Volksschule Nonntal gemeldet. Dort sind heute Vormittag etwa 30 Schülerinnen und Schüler sowie etwa 5 Lehrerinnen und Lehrer an akutem Brechdurchfall erkrankt. Eine endgültige medizinische Abklärung steht zwar noch aus, nach Ansicht von Amtsärztin Astrid Tratter deutet aufgrund der Symptome und des dynamischen Verlaufs alles auf einen neuerlichen Noro-Viren-Fall hin.
Das Gesundheitsamt der Stadt Salzburg hat unmittelbar nach Bekanntwerden erste Maßnahmen gesetzt: Die Schule wird gründlich durchgereinigt und flächenhaft desinfiziert. An die SchülerInnen wird ein Info-Blatt über die Erkrankung verteilt. Das Merkblatt finden Sie auch am Ende dieser Aussendung. Das Schulamt der Stadt ist ebenfalls informiert, über eine allenfalls nötige Sperre der Schule wird je nach Verlauf entschieden.
Merkblatt Noro-Viren
Noroviren
Erreger
Noroviren (früher als Norwalk-like-Viren bezeichnet) wurden 1972 durch elektronenmikroskopische Untersuchungen entdeckt. Sie gehören zur Familie der Caliciviridae. Gemäß einer Festsetzung des „International Committee on Taxonomy of Viruses“ (ICTV) erfolgt eine Unterteilung der humanen Caliciviren in die beiden Genera „Norovirus“ (NV) und „Sapovirus“ (SV).
Das Norovirus zeichnet sich durch eine ausgeprägte Genomvariabilität aus. Aufgrund von genetischen Unterschieden in der Polymerase- und Kapsidregion unterteilt man in fünf Genogruppen (GG I bis V). Die Noroviren der Genogruppe I und II werden wiederum in wenigstens 20 Genotypen aufgeschlüsselt. Hinzu kommt, dass verstärkt auch rekombinante Noroviren gefunden werden. Noroviren der Genogruppe III (Jena Virus) und V (Maus Virus) sind nicht humanpathogen. Humane Noroviren lassen sich bisher nicht auf Zellkulturen vermehren.
Vorkommen
Noroviren sind weltweit verbreitet. Sie sind für einen Großteil der nicht bakteriell bedingten Gastroenteritiden bei Kindern (ca. 30 %) und bei Erwachsenen (bis zu 50 %) verantwortlich. Die Meldedaten des IfSG bestätigen, dass Kinder unter 5 Jahren und ältere Personen über 70 Jahre besonders häufig betroffen sind. Dies trägt dazu bei, dass Norovirus-Erkrankungen die überwiegende Ursache von akuten Gastroenteritis-Ausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen, Krankenhäusern und Altenheimen sind. Sie können aber auch für sporadische Gastroenteritiden verantwortlich sein. Bei Säuglingen und Kleinkindern stellen sie nach den Rotaviren die zweithäufigste Ursache akuter Gastroenteritiden dar.
Infektionen mit Noroviren können das ganze Jahr über auftreten, wobei ein saisonaler Gipfel in den Monaten Oktober bis März zu beobachten ist.
Reservoir
Der Mensch ist das einzige bekannte Reservoir des Erregers. Der Nachweis von Caliciviren bei Tieren (Schweinen, Katzen und Kaninchen) steht derzeit in keinem erkennbaren Zusammenhang mit Erkrankungen des Menschen.
Infektionsweg
Die Viren werden über den Stuhl und das Erbrochene des Menschen ausgeschieden. Die Infektiosität ist sehr hoch, die minimale Infektionsdosis dürfte bei ca. 10–100 Viruspartikeln liegen. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral (z.B. Handkontakt mit kontaminierten Flächen) oder durch die orale Aufnahme virushaltiger Tröpfchen, die im Rahmen des schwallartigen Erbrechens entstehen. Das erklärt die sehr rasche Infektionsausbreitung innerhalb von Altenheimen, Krankenhäusern und Gemeinschaftseinrichtungen.
Die direkte Übertragung von Mensch zu Mensch ist in erster Linie die Ursache für die hohe Zahl an Norovirus-Infektionen. Infektionen können aber auch von kontaminierten Speisen (Salate, Krabben, Muscheln u.a.) oder Getränken (verunreinigtes Wasser) ausgehen.
Inkubationszeit
Die Inkubationszeit beträgt ca. 6–50 Stunden.
Dauer der Ansteckungsfähigkeit
Personen sind insbesondere während der akuten Erkrankung und mindestens bis zu 48 Stunden nach Sistieren der klinischen Symptome ansteckungsfähig. Untersuchungen haben gezeigt, dass das Virus in der Regel 7–14 Tage, in Ausnahmefällen aber auch über Wochen nach einer akuten Erkrankung über den Stuhl ausgeschieden werden kann. Die sorgfältige Beachtung üblicher Hygieneregeln ist somit auch im Anschluss an die Erkrankung von außerordentlicher Bedeutung.
Klinische Symptomatik
Noroviren verursachen akut beginnende Gastroenteritiden, die durch schwallartiges heftiges Erbrechen und starke Durchfälle (Diarrhöe) gekennzeichnet sind und zu einem erheblichen Flüssigkeitsdefizit führen können. In einzelnen Fällen kann die Symptomatik auch auf Erbrechen ohne Diarrhöe oder auf Diarrhöe ohne Erbrechen beschränkt sein. In der Regel besteht ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl mit abdominalen Schmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Myalgien und Mattigkeit.
Die Körpertemperatur kann leicht erhöht sein, meist kommt es jedoch nicht zu hohem Fieber. Wenn keine begleitenden Grunderkrankungen vorliegen, bestehen die klinischen Symptome etwa 12–48 Stunden. Auch leichtere oder asymptomatische Verläufe sind möglich.
Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen
1. Präventive Maßnahmen
Eine Impfung steht nicht zur Verfügung. Wichtig ist die konsequente Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln in Altenheimen, Krankenhäusern, Gemeinschaftseinrichtungen und Küchen. Zur Vermeidung einer Übertragung durch kontaminierte Speisen sollten insbesondere Gerichte mit Meeresfrüchten gut durchgegart sein.
2. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen (s. auch Punkt 3)
Zur Vermeidung einer Übertragung auf fäkal-oralem Wege oder beim Erbrechen sind, insbesondere in der symptomatischen Phase, die Hygienemaßnahmen auszuweiten: Absonderung der erkrankten Personen, ggf. Kohortenisolierung/-pflege, Tragen von Handschuhen, Schutzkittel, ggf. geeigneter Atemschutz zur Vermeidung einer Infektion im Zusammenhang mit Erbrechen, konsequente Händehygiene, Händedesinfektion, Desinfektion von patientennahen Flächen, Toiletten, Waschbecken, Türgriffen.
Zur Desinfektion sind nur Präparate mit nachgewiesener viruzider Wirksamkeit [1] geeignet.
Nach § 34 Abs. 1 IfSG dürfen Kinder unter 6 Jahren, die an einer infektiösen Gastroenteritis erkrankt oder dessen verdächtig sind, Gemeinschaftseinrichtungen nicht besuchen. Die Einrichtung sollte erst 2 Tage nach dem Abklingen der klinischen Symptome wieder besucht werden. Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich. Allerdings sollte auch dann noch verstärkt Wert auf die Hygiene gelegt werden.
Ebenso dürfen erkrankte Personen nicht in Lebensmittelberufen (definiert in § 42 IfSG) tätig sein. Eine Wiederaufnahme der Tätigkeit sollte frühestens 2 Tage nach dem Abklingen der klinischen Symptome erfolgen. In den folgenden 4–6 Wochen ist die Händehygiene am Arbeitsplatz besonders sorgfältig zu beachten. Bei Wiederauftreten der Symptomatik wird eine erneute Freistellung erforderlich.
3. Maßnahmen bei Ausbrüchen
Beim Auftreten von Norovirus-Erkrankungen in Krankenhäusern, Gemeinschaftseinrichtungen oder Altenheimen bildet die rasche klinische Abgrenzung auftretender Norovirus-Infektionen von anderen, z.B. durch Lebensmitteltoxine verursachten Gastroenteritiden, die Grundlage einer effektiven Ausbruchsprävention. Wenn die typische Symptomatik und die epidemiologischen Merkmale auf eine Norovirus-Infektion hindeuten, sollten aufgrund der epidemischen Potenz präventive Maßnahmen rasch und konsequent ergriffen werden, auch ohne die Bestätigung durch virologische Untersuchungen abzuwarten.
Es empfiehlt sich, dass erkrankte Personen während der symptomatischen Phase keine betreuenden Tätigkeiten in Gesundheits- und Gemeinschaftseinrichtungen ausüben.
Die wichtigsten empfohlenen Maßnahmen sind:
 Isolierung betroffener Patienten in einem Zimmer mit eigenem WC; ggf. Kohortenisolierung;
 Unterweisung der Patienten und des Personals hinsichtlich korrekter Händehygiene, Händedesinfektion mit einem viruzid wirksamen Händedesinfektionsmittel (s. auch Punkt 2) und Pflege der Patienten mit Einweghandschuhen, Schutzkittel und ggf. geeignetem Atemschutz zur Vermeidung einer Infektion im Zusammenhang mit Erbrechen;
 Durchführung einer sorgfältigen Händehygiene, Händedesinfektion mit einem viruzid wirksamen Händedesinfektionsmittel nach Ablegen der Einweghandschuhe und vor Verlassen des Isolationszimmers;
 tägliche (in Sanitärbereichen ggf. häufigere) Wischdesinfektion aller patientennahen Kontaktflächen inkl. Türgriffen mit einem Flächendesinfektionsmittel mit nachgewiesener viruzider Wirksamkeit (als Wirkstoffe sollten Perverbindungen oder Aldehyde bevorzugt werden);
 kontaminierte Flächen (z.B. mit Stuhl oder Erbrochenem) sofort nach Anlegen eines Atemschutzes gezielt desinfizierend reinigen;
 Pflegeutensilien personenbezogen verwenden und desinfizieren;
 Bett- und Leibwäsche als infektiöse Wäsche in einem geschlossenen Wäschesack transportieren und in einem (chemo-thermischen) Waschverfahren ≥ 60°C zu reinigen;
 Geschirr kann in der Regel wie üblich maschinell gereinigt werden;
 Kontaktpersonen (z.B. Besucher, Familie) sind auf die mögliche Mensch-zu-Mensch-Übertragung durch Kontakt oder virushaltige Tröpfchen beim Erbrechen hinzuweisen und in der korrekten Händedesinfektion zu unterweisen;
 Minimierung der Patienten-, Bewohner- und Personalbewegung zwischen den Bereichen/Stationen, um die Ausbreitung innerhalb der Einrichtung nach Möglichkeit zu verhindern (Hinweis auf die Infektionsgefahr bei notwendiger Verlegung eines Erkrankten auf eine andere Station);
 strenge Indikationsstellung bei akut Erkrankten hinsichtlich der Verlegungen innerhalb von stationären Bereichen, Altenheimen oder Gemeinschaftseinrichtungen. Die aufnehmende Institution ist vorab zu informieren.
 Stationen oder Bereiche, die aufgrund eines Norovirus-Ausbruches für Neuaufnahmen von Patienten gesperrt waren, sollten unter Berücksichtigung der Inkubationszeit nach Auftreten des letzten Krankheitsfalles erst nach erfolgter Schlussdesinfektion wieder geöffnet werden.
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Johannes Greifeneder