Albert Lichtblau: „Schaler Nachgeschmack bleibt“
Die Frage, inwiefern es eine „Wiedergutmachung“ gegenüber den Opfern der nationalsozialistischen Verbrechen geben könne, wurde von Albert Lichtblau Donnerstagabend, 29. Oktober 2015, in der TriBühne im Rahmen des großen NS-Projektes der Stadt Salzburg auf mehreren Ebenen diskutiert.
Materieller Schaden, der durch Vermögensentzug und Vertreibung entstanden sei, konnte zum Teil beglichen werden, so der Salzburger Uni-Professor. Wie die Skandale um nicht erfolgte Kunstrestitution zeigten, blieben einige Bereiche aber weitgehend ausgespart. Ein großes Problem der Restitutionsgesetzgebung war, dass nur „vorhandenes“ Eigentum rückerstattet wurde. Wenn Warenlager von Geschäften oder Mobiliar von Wohnungen geraubt wurden, gab es dafür solange keinen Ersatz, bis die Geschädigten das geraubte Gut ausfindig machen konnten. Dies geschah jedoch nur in den seltensten Fällen.
In seinem Vortrag konzentrierte sich Lichtblau auf die Rückstellung von Eigentum, das Jüdinnen und Juden entzogen wurde; sowie exemplarisch auf andere Fälle von Vermögensentzug, insbesondere von Eigentum der Römisch-Katholischen Kirche.
Die Rückstellungsgesetzgebung habe dazu geführt, dass in Einzelfällen über Details bis zur höchsten Instanz gestritten wurde. Es sei kein Zufall, dass viele Verfahren mit einem Vergleich endeten, auch wegen der Höhe der Verfahrenskosten. Lichtblau: „Es bleibt ein schaler Nachgeschmack, da selbst der materiell entstandene Schaden für die vom Nationalsozialismus verfolgten Gruppen bei weitem nicht kompensiert wurde.“
Abgesehen von der materiellen Restitution habe der Begriff „Wiedergutmachung“ noch eine andere Bedeutung, eine individuell und kollektiv moralische, betonte Lichtblau. Der Begriff fordere allerdings etwas ein, das nie eingelöst werden kann: Wenn Menschen ermordet wurden, könne es keine „Wiedergutmachung“ geben. Dass, wie in dem Vortrag, an die Opfer erinnert werde, sei lediglich ein Beitrag, „dem Schweigen etwas entgegen zu setzen“.

Karl Schupfer