Fünf Jahre Antidiskriminierungsstelle in der Stadt Salzburg
Seit fünf Jahren gibt es die Antidiskriminierungsstelle in der Stadt Salzburg. Personen, die sich benachteiligt fühlen oder eine Diskriminierung beobachtet haben, erhalten hier rechtliche Beratung und Unterstützung. Eingerichtet wurde die Antidiskriminierungsstelle auf Anregung des Runden Tisches Menschenrechte. Trägerin der Einrichtung ist die Katholische Aktion, Bereich Kirche & Arbeitswelt. Die Finanzierung erfolgt durch die Stadt Salzburg. Die hohe Zahl der Anfragen zeigt, dass Diskriminierungen auch in Salzburg stattfinden und oftmals keine Einzelfälle sind, sondern strukturelle Benachteiligungen von bestimmten Personengruppen sichtbar machen.
Clearing und Beratung
815 Anfragen hat die Antidiskriminierungsstelle in der Stadt Salzburg bisher (Herbst 2012 – Sommer 2017) bearbeitet. Die mit Abstand häufigsten Anfragen gab es zu vermuteten Benachteiligungen bei Ämtern und Behörden (284 Anfragen). Oft fühlten sich Personen respektlos behandelt, oder die Bearbeitung eines Antrages dauerte zu lange. Die Betroffenen führten dies beispielsweise auf ihre ethnische Zugehörigkeit oder ihre Behinderung zurück.
Auch beim Zugang zu Dienstleistungen und Gütern (105 Anfragen) fühlen sich Menschen oft benachteiligt. So meldete sich eine Frau, der wegen ihrer Herkunft aus dem Iran eine Salzburger Bank die Eröffnung eines Kontos verweigert hatte. In einem anderen Fall wurde eine Person wegen ihrer Behinderung nicht in ein Salzburger Lokal gelassen. Auch Einlassverweigerungen für Asylwerber fallen in den Bereich der Diskriminierung beim Zugang zu Dienstleistungen und Gütern.
Häufige Anfragen an die Diskriminierungsstelle betrafen außerdem Benachteiligungen in der Arbeitswelt (86), bei der Wohnungssuche (58) oder auch Nachbarschaftskonflikte (44).
Nicht jede Diskriminierung wird vom Gesetz geschützt
Im Zuge von Clearing und Recherche stellt sich heraus, dass etwa 10 bis 15 Prozent der Anfragen tatsächlich als Benachteiligungen nach dem Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) einzuschätzen sind. Es zeigt sich, dass nicht alle diskriminierenden Handlungen im Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) geschützt sind. So besteht im GlBG kein Diskriminierungsschutz aufgrund der sexuellen Orientierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen. In einem Fall wurden zwei Frauen aus einem Salzburger Lokal verwiesen, weil sie dort miteinander Zärtlichkeiten ausgetauscht hatten, so wie andere Paare dort auch.
Vielen Anfragen lag somit keine Diskriminierung im rechtlichen Sinne zugrunde. Aber: Viele Anfragen sind Diskriminierungen im Sinne der EU-Grundrechtecharta, und jede Anfrage basierte auf einem subjektiven Gefühl von erlittener Ungerechtigkeit oder Benachteiligung.
Arbeitsschwerpunkte und Sensibilisierungsmaßnahmen in den letzten fünf Jahren
• Diskriminierung beim Zugang zu Lehr- und Arbeitsplätzen
• Zugang zu Aus- und Weiterbildung für Menschen mit Behinderung
• Einlassverweigerungen in Bars und Diskotheken
• Nachbarschaftskonflikte & Wohnsituation
• Sensibilisierung durch Workshops für Multiplikator*innen
Statements
Anja Hagenauer, Vizebürgermeisterin:
„Wenn jemand nicht in ein Lokal darf, weil er ,nur´ eine Ausweiskarte als Asylwerber hat oder wenn Menschen Probleme haben, weil sie ihre Homosexualität offen leben oder wenn Menschen bei Behördengängen Schwierigkeiten haben, dann wollen wir nicht wegschauen. Als Stadt Salzburg ist es uns wichtig, eine Anlaufstelle für alle zu haben, die mit Diskriminierung konfrontiert sind. Als Vizebürgermeisterin der Stadt habe ich großes Interesse daran, dass wir eine gute Infrastruktur in diesem Bereich haben. Salzburg ist Menschenrechtsstadt und das nicht nur auf dem Papier. Dies zeigt sich daran, dass für Maßnahmen zur Anti-Diskriminierung auch viele Geld in die Hand genommen wird. Jährlich werden rund 45.000 Euro für den Betrieb der Anti-Diskriminierungsstelle zur Verfügung gestellt. Ebenso findet die Beratung auch im Schloss Mirabell als zweiten Standort neben dem ABZ Itzling statt. Es ist mir wichtig, hier ein klares Zeichen zu setzen.“
Josef Mautner, Katholische Aktion:
„Dadurch, dass die Antidiskriminierungsstelle im „ABZ – Haus der Möglichkeiten“ angesiedelt ist, in dem z.B. Arbeitslose, Flüchtlinge oder Menschen mit Migrationshintergrund täglich ein und aus gehen, arbeitet sie mit diesen Menschen Tür an Tür. Und: Die intensive Zusammenarbeit mit verschiedenen Sozialeinrichtungen sowie mit der Plattform für Menschenrechte bringt eine große Nähe mit verletzlichen Zielgruppen mit sich. Denn gerade diese Gruppen sind häufig von Diskriminierung betroffen.“
Sieglinde Gruber, Beraterin Antidiskriminierungsstelle:
„Vielfach werden an uns Problemstellungen herangetragen, die nicht auf der individuellen Ebene gelöst werden können. So der Fall einer jungen Frau mit einer Behinderung, die Freude an der Arbeit hat und sich auch arbeitsfähig fühlt. Genau die Arbeitsfähigkeit wird ihr aber von der Pensionsversicherungsanstalt abgesprochen. Damit bleibt dieser jungen Frau die Chance einer inklusiven Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt verwehrt.“
Christian Treweller, Vorsitzender Runder Tisch Menschenrechte:
„Als Menschenrechtsstadt ist es für Salzburg wichtig, eine neutrale Anlaufstelle für Menschen zu schaffen, welche sich in ihren Menschenrechten eingeschränkt fühlen und unabhängige Beratung benötigen. Daher ist uns als Runder Tisch Menschenrechte von Anfang an die Anti-Diskriminierungsstelle ein vorrangiges Anliegen gewesen. Wir freuen uns, dass sich diese bis heute so bewährt hat.
Kontakt & Beratungszeiten
Tel. 0676/8746 6979
Email: office@antidiskriminierung-salzburg.at
www.antidiskriminierung-salzburg.at
Beratung im Schloss Mirabell/BeauftragtenCenter
Eingang 5, Zimmer 50
Montag 16.00 bis 18.00 Uhr
Donnerstag 16.00 bis 19.00 Uhr
Beratung im ABZ – Haus der Möglichkeiten
Kirchenstraße 34, 5020 Salzburg
Dienstag 11.00 bis 13.00 Uhr
Mittwoch 14.00 bis 18.00 Uhr
Sabine Möseneder