Reallabor Nußdorferstraße: Erste Ergebnisse zeigen mehr Rücksicht im Straßenverkehr
Wie verhalte ich mich als Autofahrer:in bei den neuen Bodenmarkierungen entlang der Nußdorferstraße richtig?
Seit August dieses Jahres gibt es entlang der Nußdorferstraße in der Stadt Salzburg neue Bodenmarkierungen für den Radverkehr. Im Reallabor Nußdorferstraße untersucht das Mobilitätslabor zukunftswege.at im Auftrag von Stadt und Land, wie sich diese Bodenmarkierungen auf den Überholabstand und das subjektive Sicherheitsempfinden auswirken.
„Diese Art der Markierung soll Autofahrer:innen auf mögliche Radfahrer:innen aufmerksam machen, damit diese nicht übersehen werden. Die ersten Ergebnisse sind erfreulich, die Zahl der gefährlichen Überholmanöver ist in den Testbereichen gesunken. Damit können Politik und Verwaltung sehr gut weiterarbeiten, um Verbesserungen im Straßenverkehr zu erzielen“, heißt es von Vizebürgermeister Kay-Michael Dankl.
Planungsstadträtin Anna Schiester betont die Bedeutung des Projekts: „Mit dem Reallabor in der Nußdorferstraße testen wir neue Bodenmarkierungen, die Radfahrenden mehr Sicherheit geben sollen. Die ersten Ergebnisse zeigen: Gefährliche Überholmanöver werden seltener. Entscheidend ist aber, dass auch Autofahrer:innen wissen, wie sie sich richtig verhalten. Deshalb setzen wir auf klare, begleitende Informationen und werten auch die Rückmeldungen aus.“
Um gefährliche Überholmanöver zu vermeiden und die Verkehrssicherheit für Radfahrende zu erhöhen, gibt es eine gesetzliche Regelung zum Überholabstand. Die Straßenverkehrsordnung besagt, dass beim Überholen eines Radfahrenden mit einem Kraftfahrzeug im Ortsgebiet ein Mindestabstand von 1,5 m einzuhalten ist. Bei sehr niedrigen Überholgeschwindigkeiten kann der Seitenabstand auch geringer sein.
„Die entlang der Nußdorferstraße angebrachten neuen Bodenmarkierungen führten zu einer messbaren Verbesserung beim Überholen von Radfahrenden. Erste Auswertungen der Befahrungen mit dem Forschungsfahrrad zeigen, dass gefährliche Überholmanöver mit sehr geringen Abständen seltener auftreten und die Überholabstände insgesamt größer werden“, sagt Hannah Wies, von der Salzburg Research Forschungsgesellschaft.
Die Möglichkeit, als Verkehrsteilnehmende direkt Rückmeldung zu den erlebten Situationen zu geben, wurde intensiv genutzt. Mittels QR-Code haben bisher mehr als 300 Autofahrende und Radfahrende ein Feedback abgegeben. Herzlichen Dank an alle, die sich die Zeit genommen haben, um das Radfahren in Zukunft sicherer zu machen! Die Rückmeldungen zeigen, dass sich die Radfahrenden im Vergleich zur Bestandsmarkierung in beiden Testabschnitten klar sicherer fühlen. Im Vergleich des breiten Mehrzweckstreifens mit der schmalen Kernfahrbahn für Kfz fühlen sich die Radfahrenden etwas sicherer als im Abschnitt mit den großen Fahrradmarkierungen (Sharrows).
Autofahrende bewerten die Situation differenziert. In beiden Abschnitten werden die Bodenmarkierungen von etwa der Hälfte der Autofahrenden als klar verständlich angesehen. Etwa ebenso viele Autofahrende haben die neuen Markierungen jedoch verunsichert. Es war für sie nicht eindeutig, wo sie fahren sollen, besonders bei Gegenverkehr mit anderen Kfz. „Für uns sind diese Rückmeldungen sehr wertvoll, weil klar wird, dass die neuen Bodenmarkierungen nicht für alle selbsterklärend sind. Dementsprechend wichtig sind in der zweiten Projektphase begleitende Informationen, damit die neuen Radmarkierungen die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer:innen maximal erhöhen“, erklärt Verkehrsexperte Michael Szeiler von con.sens mobilitätsdesign.
Richtig fahren auf den beiden Teilabschnitten
Der Abschnitt zwischen Moosstraße und Bräuhausstraße wurde mit 2 m breiten Mehrzweckstreifen und einer Kernfahrbahn von 3 m markiert. Grundsätzlich ist für Autofahrende die Kernfahrbahn – der Bereich zwischen den Leitlinien der Mehrzweckstreifen – zu nutzen. Kommt es zum Begegnungsfall zwischen zwei Kfz auf der Kernfahrbahn, so können beide nach rechts ausweichen und den Mehrzweckstreifen als Fahrbahn mitbenutzen. Wichtig ist dabei, dass die Autofahrenden beim Ausweichen auf den Mehrzweckstreifen Rücksicht auf dort befindliche Radfahrende nehmen. Das bedeutet, sie müssen sich zunächst hinter den Radfahrenden einordnen und darauf warten, bis ein sicheres Überholen mit ausreichendem Abstand möglich ist. (Abbildung 1 - unten)
Der Abschnitt Moosstraße bis Leopoldskronstraße wurde mit 1,5 m breiten Fahrradpiktogrammen und Pfeilspitzen, sogenannten Sharrows, markiert. Diese sollen Autofahrende darauf aufmerksam machen, dass auf der Straße auch Radfahrende unterwegs sind. Da es sonst keine weiteren Markierungen auf der Straße gibt, fährt der Kfz-Verkehr grundsätzlich rechts. Nähern sich Autofahrende einem Radfahrenden, dann bleiben sie so lange hinter den Radfahrenden, bis ein sicheres Überholen mit mindestens 1,5 m Seitenabstand zum Radfahrenden möglich ist. Bei Pkw-Gegenverkehr ist aufgrund der geringen Fahrbahnbreite in der Nußdorferstraße ein sicheres Überholen von Radfahrenden nicht möglich. (Abbildung 2 - unten)
„Aufgrund der Rückmeldungen der Verkehrsteilnehmenden wurden nun neue Hinweisschilder entwickelt, die das richtige Verhalten auf dem jeweiligen Straßenabschnitt sichtbar machen. Damit wollen wir die Verkehrsteilnehmenden erklärend unterstützen und somit eine weitere Erhöhung der Verkehrssicherheit bewirken,“ sagt Christian Kainz, Projektleiter des Mobilitätslabors zukunftswege.at. Im Rahmen des Reallabors werden weitere Messfahrten mit dem Forschungsfahrrad durchgeführt, um zu prüfen, ob die zusätzliche Beschilderung den Überholabstand zwischen Kfz und Radfahrenden weiter verbessert. Die Ergebnisse des Reallabors sollen Ende November vorliegen und den Fachexperten der Stadt Salzburg sowie der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Lapuch Laura BA