Testfeld Nußdorferstraße – Reallabor für sicheres Radfahren in Salzburg
Untersuchungen neuer Bodenmarkierungen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit von Radfahrer:innen
Mit dem Rad zu fahren, gehört für viele Salzburger:innen zum Alltag. In der Stadt Salzburg gibt es dafür ein gut ausgebautes Radwegenetz. Vielerorts ist es jedoch aufgrund der gegebenen Straßenbreiten nicht möglich, ausreichend breite und richtlinienkonforme Radverkehrsanlagen zu errichten. Mangels geeigneter Ausweichrouten bleiben diese Straßenabschnitte ein Bestandteil des Radnetzes in der Stadt. Mit dem Reallabor Nußdorferstraße testet das Mobilitätslabor zukunftswege.at im Auftrag von Stadt und Land Salzburg die Auswirkungen von neuen Bodenmarkierungen auf den Überholabstand zwischen Kfz und Radfahrenden.
Das länderübergreifende Forschungsprojekt RADBEST untersuchte, wie das Radfahren auf Hauptstraßen bei beengten Straßenverhältnissen sicherer und komfortabler gestaltet werden kann. Ergebnis der Studie ist, dass bei beengten Straßenverhältnissen der Abstand beim Überholen oder Vorbeifahren zwischen Kfz und Radfahrenden im Mittel unter den in Österreich gesetzlichen Mindestabstand von 1,5 m liegt und dieser somit nicht eingehalten wird. Ein Viertel der aufgezeichneten Abstandsmessungen liegt sogar unter 1,0 m. Dieser Wert wird in internationalen Studien als nicht sicher und gefährlich erachtet. Für eine sichere und komfortable Radverkehrsführung wird auch in den internationalen Studien ein Abstand von über 1,5 m empfohlen.
„Das Ziel der Stadt Salzburg ist es, die Qualität der Radverkehrsinfrastruktur zu erhöhen und somit auch die Sicherheit der Radfahrenden in der Stadt zu verbessern. Daher haben wir das Mobilitätslabor zukunftswege.at mit der Umsetzung eines Reallabors in der Nußdorferstraße beauftragt. Die daraus gewonnenen Ergebnisse sollen bei künftigen Planungen berücksichtigt werden“, so Planungsstadträtin Anna Schiester der Stadt Salzburg.
Im Abschnitt zwischen Moosstraße und Leopoldskronstraße wird die Wirkung von großen Fahrrad-piktogrammen – sogenannten Sharrows – auf die Verkehrssicherheit getestet. Zwischen Moosstraße und Bräuhausstraße werden testweise breite Mehrzweckstreifen mit einer sogenannten „schmalen Kernfahrbahn“ angebracht. In diesem Bereich dürfen Pkw die Mehrzweckstreifen mitbenutzen, nur beim Überholen von Radfahrenden sollen sie nach links – neben den Mehrzweckstreifen – ausweichen.
Die Testmarkierungen bedeuten für Autofahrende im Grunde keine Änderung: ohne Gegenverkehr können Radfahrende wie bisher überholt werden, bei Gegenverkehr ist es zum Überholen zu eng und Kfz bleiben dahinter. Die Markierungen sollen eine Erhöhung der Verkehrssicherheit bewirken – nämlich größere Abstände beim Überholen und weniger riskante Überholmanöver, erklärt Verkehrsplaner Michael Szeiler vom Büro con.sens mobilitätsdesign.
Die ersten Markierungen werden Mitte Mai angebracht, eine zweite Phase mit ergänzenden Bodenmarkierungen ist ab Mitte August geplant. Nach Durchführung der Markierungsarbeiten und einer Eingewöhnungsphase für die Verkehrsteilnehmer:innen werden Messfahrten durch die Salzburg Research Forschungsgesellschaft durchgeführt. Bei diesen Messfahrten mit einem speziellen Forschungsfahrrad werden die Abstände zwischen Kfz und Radfahrenden während eines Überholvorganges aufgezeichnet und analysiert.
Im Forschungsprojekt RADBEST hat Salzburg Research gemeinsam mit Partner:innenn über 7.000 Überholvorgänge zwischen Kfz und Radfahrenden auf 22 Teststrecken in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufgezeichnet, analysiert und konkrete Handlungsempfehlungen für beengte Straßensituationen in den drei Ländern abgeleitet.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Infrastruktur in beengten Verhältnissen eine ‚deutlichere Sprache‘ - zum Beispiel in Form von Sharrows, großen Piktogrammen, oder breiten Mehrzweckstreifen mit schmaler Kernfahrbahn - sprechen muss, um den Mindestüberholabstand zu gewährleisten. Beispiele aus anderen Bundesländern zeigen, dass Kfz Lenker:innen durch die empfohlenen Bodenmarkierungen mehr Abstand einhalten“, sagt Sven Leitinger, Projektleiter von RADBEST.

Im Reallabor Nußdorferstraße werden diese Empfehlungen nun in Salzburg testweise umgesetzt. Salzburg Research wird die unterschiedlichen Markierungsvarianten durch Befahrungen mit einem Forschungsfahrrad testen. Das Forschungsfahrrad ist mit LiDAR-Sensoren, Kameras und weiteren Sensoren ausgestattet und kann den gesamten Überholvorgang dreidimensional erfassen. Insgesamt 160 Überholvorgänge sollen mit dem Forschungsfahrrad aufgezeichnet und analysiert werden, um die Auswirkungen der unterschiedlichen Markierungen auf die Sicherheit der Radfahrer:innen in der Nußdorferstraße objektiv zu überprüfen.
„Diese Art der Markierung soll Autofahrer:innen auf mögliche Radfahrer:innen aufmerksam machen, damit diese nicht übersehen werden. Das erhöht die Verkehrssicherheit ohne, dass es viel Geld kostet“, erklärt der für Bau zuständige Vizebürgermeister der Stadt Salzburg, Kay-Michael Dankl.
Während der Testphase werden Befragungen der Verkehrsteilnehmer:innen durchgeführt, um das subjektive Sicherheitsempfinden aufzugreifen und in die Beurteilung einfließen lassen zu können. Über ein Feedbackformular können online die Erfahrungen und Empfindungen der Verkehrsteilnehmer:innen abgegeben werden.
Die Ergebnisse dieser Teststellung bieten eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für die Planungsabteilung der Stadt Salzburg, um künftig die Verkehrssicherheit für Radfahrende auf beengten Straßen zu erhöhen, sagt Christian Kainz, Projektleiter des Mobilitätslabors zukunftswege.at.
Hintergrundinformation zum Forschungsprojekt RADBEST
RADBEST wurde im Rahmen der D-A-CH Kooperation für Verkehrsinfrastrukturforschung durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV, Deutschland), das Bundesministerium für Klimaschutz (BMK, Österreich) und das Bundesamt für Strassen (ASTRA, Schweiz) finanziert.
Externe weiterführende Informationen unter:
- Studie: www.salzburgresearch.at/presseaussendung/studie-den-radverkehr-in-beengten-strassenverhaeltnissen-sicherer-gestalten/
- www.zukunftswege.at/teststrecke/
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