Theodor Herzl-Gedenktafel in der Kaigasse 2 feierlich enthüllt

18.07.2001

Theodor Herzl-Gedenktafel in der Kaigasse 2 feierlich

enthüllt

 

In

Erinnerung an seine Gerichtspraxis in Salzburg im Sommer 1885

 

 

 

In

einem kurzen Festakt wurde am heutigen Mittwoch, 18. Juli 2001, wenige Tage vor

den Feierlichkeiten zu "100 Jahre Synagoge in Salzburg" in der

Salzburger Kaigasse eine Gedenktafel enthüllt, die daran erinnert, dass der

Pionier des Zionismus, Theodor Herzl, im Sommer 1885 seine Gerichtspraxis als

frischgebackener Dr. juris in Salzburg absolvierte.

 

Der

Anbringungsort der Tafel nimmt darauf Bezug, dass das Gericht damals neben der

Hauptwache in der Neuen Residenz untergebracht war.

 

Herzl

hat sich offenbar in Salzburg recht wohl gefühlt, wie sein auf der Tafel

wiedergegebenes Zitat bezeugt: "In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten

Stunden meines Lebens zu". Allerdings kam gerade in diesen Jahren (wieder

einmal) eine starke anti-semitische Strömung (nicht nur) in Salzburg auf,

sodass sich Herzl zum Weggang entschloss: "Ich wäre auch gerne in dieser

schönen Stadt geblieben; aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines Richters

befördert worden.... Deshalb nahm ich damals von Salzburg und der

Rechtsgelehrsamkeit Abschied."

 

 

 

Die

Enthüllung der Tafel nahmen Bürgermeister Heinz Schaden und der Präsident der

Israelitischen Kultusgemeinde in Salzburg, Hofrat Marko Feingold vor.

 

 

 

In

seiner Rede sagte Bürgermeister Schaden in Hinblick auf die Diskussionen im

Vorfeld dieser Gedenktafel-Enthüllung: "Unser Ansprechpartner in dieser

Causa war und ist einzig und allein die Israelitische Kultusgemeinde von

Salzburg. Mit dieser wurde die gesamte Vorgangsweise abgestimmt. Und wenn die

nun gewählte Inschrift der Tafel sowie der Anbringungsort für diese in Ordnung

ist, dann ist es das auch für mich!" Darüber hinaus betonte Schaden, das

Salzburg insbesondere auch "für die jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen

eine gute, eine freundliche und friedliche Stadt sein möchte".

 

 

 

Präsident

Hofrat Feingold stellte fest, dass er selbst der am längsten durchgehend in

Salzburg lebende Jude seit 1000 Jahren sei. Seit 56 Jahren lebt Hofrat Feingold

in der Landeshauptstadt. Immer wieder in der Geschichte seien Juden vertrieben

und verjagt worden. "Doch nie wurden wir gebeten zurückzukommen" so

Feingold.

 

 

 

Professor

Tichy, der den Anstoß für diese Gedenktafel gegeben hatte, nachdem er bei

seinen Recherchen über Herzl auf seinen dreimonatigen Aufenthalt als

Gerichtspraktikant im Sommer 1885 gestoßen war, zeigte sich ebenfalls erfreut

über diese Erinnerung an Herzl: "Auch wenn das Zitat nicht ganz

vollständig ist, so wird doch jedem Passanten die Bedeutung Herzls so in

Erinnerung gerufen und zur Beschäftigung mit der Geschichte

angeregt." 

 

 

 

Zum

Abschluss des Festakts segnete Rabbiner Nussbaum die Tafel mit einem jüdischen

Friedensgebet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
ZU

THEODOR HERZL`S LEBEN:

 

 

 

Theodor

Herzl selbst begann nach seiner Abkehr von einer als perspektivlos erkannten

juristischen Laufbahn als Literat und Journalist zu arbeiten. Anfang der

Neunziger Jahre war er Pariser Korrespondent der Wiener "Neuen Freien

Presse" und begriff den auch dort grassierenden Antisemitismus zunächst

noch als soziales Problem, dem am wirkungsvollsten durch die Assimilation der

Juden zu begegnen sei. Immer deutlicher wurde ihm aber bewusst, dass eine

Lösung nur im gegenseitigen Respekt liegen könne; diese Botschaft suchte er in

einem 1894 veröffentlichten Drama "Das Ghetto" zu vermitteln. Die

Dreyfus-Affäre, in der der jüdische Offizier der französischen Armee zu Unrecht

des Hochverrats beschuldigt wurde, und die dabei zu ausbrechenden antisemitischen

Ausschreitungen, ließen ihm diese Hoffnung als Illusion erscheinen, und so

formulierte er in seinem 1896 erschienenen Buch "Der Judenstaat" die

Idee einer organisierten Emigration der Juden in ein eigenständiges

Gemeinwesen. Diese Idee stieß auf wenig Begeisterung beim jüdischen

Establishment, auf umso mehr aber bei der breiten jüdischen Bevölkerung. Schon

1897 gibt es den 1. Zionistischen Weltkongress in Basel mit über 200

Delegierten, wo die Zionistische Weltorganisation gegründet, Theodor Herzl zu

ihrem ersten Präsidenten gewählt und das "Basler Programm"

beschlossen wird, das die "Schaffung einer öffentlich-rechtlichen

Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina" fordert. Von nun an gibt es

jährlich einen solchen Kongress, wo Maßnahmen zur Erreichung des Ziels

erarbeitet werden, wie die Gründung des "Jewish Colonial Trust" zum

Ankauf von Land in Palästina oder die Herausgabe der monatlichen Verbandszeitschrift

"Die Welt". Daneben arbeitet Herzl auch unermüdlich als Autor: 1900

publiziert er seine "Philosophischen Erzählungen", 1902 seinen Roman

"Altneuland", in dem er für den künftigen jüdischen Staat ein

kooperativ-soziales Gesellschaftsmodell entwickelt. Zahlreiche Interventionen

bei den Großen dieser Welt, wie bei Kaiser Wilhelm II, dem Sultan des Osmanischen

Reichs, Papst Pius X oder König Viktor Emanuel III von Italien bleiben

erfolglos, ein von Großbritannien angebotenes Refugium in Uganda, für das Herzl

unter dem Eindruck von Pogromen in Russland 1903 als Übergangslösung eintritt,

wird vom Zionistischen Weltkongress abgelehnt.

 

1904

starb Herzl, völlig überarbeitet, an einer Lungenentzündung in Wien. Seine

Ideen hatten aber bereits Fuß in der Geschichte gefasst: 1948 wurde der Staat

Israel gegründet, 1949 Herzls Leichnam auf den nach ihm benannten Berg Mount

Herzl westlich von Jerusalem überführt.

 

 

 

Fotos

von diesem Festakt können von den Redaktionen bis 16.30 Uhr telefonisch im

Info-Z der Stadt Salzburg (8072-2501) angefordert werden. Fotos können auch via

E-Mail versandt werden!

 

 

MD01 - Service und Information