Zum 12. Mal wurde der Drehbuchpreis der Stadt Salzburg vergeben

23.06.2006

Einen wichtigen Schwerpunkt im Bereich Förderung von Filmkultur setzt die Stadt Salzburg seit 1994 mit der regelmäßigen Vergabe ihres Drehbuchpreises. Heute, 23. Juni, überreichte Kulturressortchef BM Heinz Schaden die Preise mit einer Gesamtdotierung von 10.800 Euro an Daniela Ellmauer und Markus Weisheitinger-Herrmann. Gabriele Berginz-Plank (Dramaturgin am Landestheater) vertrat die Fachjury als Laudatorin.


Zum Wettbewerb 2006 wurden insgesamt 32 Treatments von 12 Autorinnen und 23 Autoren eingereicht, aus denen in einem doppelten Begutachtungsverfahren die besten Arbeiten für die Weiterentwicklung zu Drehbüchern in der zweiten Wettbewerbsphase ausgewählt wurden: Die europäische Drehbuchagentur EUROSCRIPT in London verfasste detaillierte Script-Reports, eine österreichische Fachjury (Dr. Gabriele Berginz-Plank, Mag. Christine Dollhofer und Dominik Kamalzadeh) traf die finale Entscheidung.

Den Preis in der Sparte Kurzfilm, dotiert mit 3.600 Euro, erkannten die Experten dem Drehbuch „Paulas Goldfisch“ – einem einfühlsamen Bericht über die Isolation eines taubstummen Mädchens - von Markus Weisheitinger-Herrmann zu, die Auszeichnung für das beste Langfilm-Drehbuch mit einer Dotierung von 7.200 Euro vergaben sie für „Die Flucht“ – einen fiktiven Report vor realem Hintergrund über „Displaced People“ und veränderte Rollen während der Salzburger Besatzungszeit nach 1945 - von Mag. Daniela Ellmauer.

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Hintergrund: Sparte Langfilm „Die Flucht“ von Daniela Ellmauer

Kurzinhalt
Die junge Fotografin Hanna Rubin reist im Auftrag des LIFE Magazine nach dem Ende des 2. Weltkrieges in ein jüdisches Auffanglanger in Salzburg. Die meisten Insassen wollen nach Israel weiter, die Flucht in den britischen Sektor ist jedoch schwierig. Hanna befreundet sich mit dem alten Herrn Naumann und verliebt sich zunehmend in den ehemaligen KZ-Häftling Ari Bronstein, der als Mitglied der „Bricha“ jüdische Flüchtlinge ausschleust. Die Fotografin schließt sich einem Fluchttrupp gemeinsam mit Naumann an, der auf dem Weg über die Tauern einem Mord zum Opfer fällt. Durch ein Foto entdeckt Hanna den Mörder - einen ehemaligen SS Offizier und KZ-Wächter, den Naumann wieder erkannt hatte – und findet heraus, dass die Amerikaner ehemalige Kriegsverbrecher aus dem Land schleusen. Als die Flüchtlinge von den Engländern erwischt werden, bleibt dem SS-Mann nur die Möglichkeit, sich zu stellen – oder sich als Jude auszugeben. Hanna und Ari treffen sich schließlich in Israel wieder …

Die Autorin
Daniela Ellmauer, geboren 1966 in Salzburg, studierte Geschichte an der Paris-Lodron-Universität, befasste sich forschend und literarisch mit der Regional- und Frauengeschichte, veröffentlichte jüdische Lebensberichte und arbeitete an Forschungsprojekten zur Geschichte des 20. Jahrhunderts, u.a. mit George Tabori zum 50. Jahrestag der Befreiung des KZ Mauthausen. Ellmauer war 1995/96 Linzer Stadtschreiberin, erhielt für ihr Script „Der Tunnel“ den Drehbuchpreis des ORF (2000) und den Drehbuchpreis der Stadt Salzburg für „Jenseits“ (2002). Als Multimedia-Producerin und freie Historikerin lebt Mag. Ellmauer in Salzburg.

Aus der Jurybegründung
Ein wesentlicher Beitrag zu einem vernachlässigten Aspekt der Salzburger Nachkriegsgeschichte, anerkennt die Jury. Berührend, jedoch ohne sentimental zu werden, beschreibt die Autorin anhand von klar gezeichneten Personen die Herausforderung, das kaum gerettete Leben neu zu meistern. Verrat und Vertrauen als zentrale Themen werden in sehr guten Dialogen vor dem Hintergrund des Holocaust an den unmittelbar Betroffenen festgemacht.

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Hintergrund: Kurzfilm „Paulas Goldfisch“ von Markus Weisheitinger-Herrmann

Kurzinhalt
Die taubstumme Paula kommt mit ihrem Goldfisch im Glas für die Ferien aus dem Internat nach Hause. Einsam, gehänselt und nicht einmal von ihrer Familie aufgrund ihres Handicaps „für voll“ genommen, verliebt sie sich in den Nachbarsjungen Paul, der sich als einziger Mensch um sie bemüht. Doch auch er nutzt schließlich ihre wehrlos isolierte Situation, vergewaltigt Paula und bringt nicht einmal zuletzt, als die Eltern eine Abtreibung erzwungen haben, den Mut auf, zu Paula zu stehen.

Der Autor
Markus Weisheitinger-Herrmann wurde 1973 in Passau geboren, war nach seiner Matura als PR-Manager und CD-Produzent in Deutschland tätig. Daran schlossen sich Auslandsaufenthalte in Südostasien, Nordafrika und in der Karibik. Ab 2000 studierte er zunächst Kunsterziehung & Fotografie in Passau, ab 2001 Audiovisuelle Kommunikation, Film & Video in Linz und ab 2002 MultiMediaArt an der FH Salzburg. Seit fünf Jahren lebt Markus Weisheitinger mit Frau und Kind in Salzburg.

Aus der Jurybegründung
Ein starkes Konzept mit klar aufgebauter und eskalierender Handlung, die überdies sehr originell ist, befand die Jury Als besonders gut gelungen wurde die Darstellung von Paulas Isolation bewertet, entstehend aus der Auffassung ihrer Umgebung der Behinderung als Makel, der gleichzeitig als Dummheit ausgelegt wird. Paula ist wehrlos und einsam, weil sich niemand die Mühe macht, sich wirklich für sie zu interessieren. Der Einsatz von Dialekt in den Dialogen passe sehr gut zur Handlung, stellt die Jury fest: Wer keinen Dialekt versteht, der steckt sehr schnell unter Paulas Haut.

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Hintergrund: Drehbuchpreis der Stadt Salzburg

Der Drehbuchpreis zur Förderung der Filmkultur wurde 1994 ins Leben gerufen und zunächst jährlich vergeben, seit 2004 wird die Auszeichnung im zweijährigen Rhythmus verliehen.

Die Fachjury bewertet die Arbeiten auf Basis der Kriterien „Originalität des Stoffes, Erzählweise, Drehbuchhandwerk (Struktur, dramatischer Aufbau, Dialogführung), technische und finanzielle Umsetzbarkeit, Publikumswirksamkeit, Identifikationspotential und Salzburg-Bezug“. Die Jury 2006 bestand aus Dr. Gabriele Berginz-Plank, Dramaturgin am Landestheater, der Intendantin des Filmfestivals „Crossing Europe“ Mag. Christine Dollhofer und Dominik Kamalzadeh, Kulturredakteur des „Standard“.

Mittlerweile sechs der bisher mit einem Drehbuchpreis der Stadt Salzburg ausgezeichneten Drehbücher sind bereits produziert worden, eine siebte filmische Umsetzung ist derzeit in Arbeit. Zu den erfolgreichen Verfilmungen zählen u.a. „Freaky“ von Gabriele Neudecker (Drehbuchpreis 2000), „Der Überfall“ von Florian Flicker (Drehbuchpreis 1996) und „Heller als der Mond“ des später Oscar-nominierten Virgil Widrich (Drehbuchpreis 1997).

Bubendorfer, Cay, Mag. (14283)