Internationaler Frauentag 2010 - Viel erreicht, noch viel zu tun
Bürgermeister Heinz Schaden: Beispiel Gewaltprävention zeigt Wichtigkeit der Frauenbüros
„Die Arbeit der Frauenbüros ist für die Entwicklung unsere Gesellschaft enorm wichtig“, betonte Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden in einem Pressegespräch mit Landeshauptfrau Gabi Burgstaller und den Leiterinnen der Frauenbüros von Stadt und Land, Dagmar Stranzinger und Romana Rotschopf, am Internationalen Frauentag, 8. März 2010.
Die Erfolge der frauenpolitischen Arbeit ließen sich besonders gut an konkreten Beispielen verdeutlichen, so der Bügermeister. Eines davon sei der Kampf gegen Gewalt an Frauen. „Nicht Scham, sondern konkrete Hilfe steht heute im Mittelpunkt. Statt blaue Flecken zu verdecken, können betroffene Frauen nun starke rechtliche und institutionelle Hilfen in Anspruch nehmen. Das ist nicht zuletzt ein Verdienst der Frauenbüros“, so Schaden.
Ausgangspunkt dafür war 1996 die provokante „Gewaltkampagne“ der Frauenbüros von Stadt und Land, die zu einem nachhaltigen Ausbau der Hilfsangebote führte und einen Bewusstseinswandel in Gang gesetzt hat. Großflächenplakate mit aufrüttelnden Slogans waren damals im gesamten Bundesland affichiert worden und hatten zu vielen Diskussionen geführt, mit nachhaltigen Folgen (siehe auch Beilage „Gewaltprävention im Überblick“):
• Gründung Interventionsstelle gegen familiäre Gewalt (1998), heute Gewaltschutzzentrum
• Gründung der Beratungsstelle „Männer gegen Männergewalt“ (1999), heute „Männerwelten“
• Durchführung von Selbstverteidigungskursen für Frauen und Mädchen (seit 1991) durch das Frauenbüro. 2010 sind bereits 70 Mädchen von 10 bis 13 Jahren für Kurse angemeldet
• Broschüre „Sicherheitstipps“ der Frauenbüros seit 1999 (mit Neuauflagen 2005 und 2007 von jeweils 15.000 Broschüren)
• Kontinuierliche Förderungen an die Frauen-Vereine (Angebote mit Gewaltschwerpunkt durch das Frauenhaus und den Frauennotruf)
• Neue Angebote zur Gewaltprävention mit Förderung der Stadt Salzburg: seit 2007 an den Verein Selbstbewusst für Angebote zur Verhinderung sexueller Gewalt an Mädchen und Buben
• Eröffnung des Neubaus Salzburger Frauenhaus 2007
„Damit wird deutlich, dass gemeinsames politisches Handeln Früchte trägt und zu konkreten Verbesserungen führt“, resümiert Schaden die frauenpolitische Arbeit. „Es haben hier viele engagierte Menschen an einem Strang gezogen. Die Resultate kommen betroffenen Gewaltopfern zugute. Die Politik hat die Weichen gestellt“, so Heinz Schaden.
In den vergangenen 20 Jahren seien darüber hinaus enorm viele Initiativen gesetzt und wichtige Verbesserungen für Frauen in der Stadt Salzburg verwirklicht worden. Mittlerweile gebe es mehr als 30 frauenspezifische Beratungseinrichtungen. Über 3.000 Frauen hätten die Rechtsberatung des Frauenbüros in Anspruch genommen. Und jährlich lernten 1.000 Mädchen am Girls Day technische Berufe kennen.
Frauenpreis 2010 an Salzburger Frauenhaus
Der Irma von Troll-Borostyáni-Preis 2010 der Frauenbüros von Stadt und Land Salzburg geht an das Salzburger Frauenhaus.
„Die Wahl des Frauenhauses Salzburg zeigt, dass die Einrichtung in der Bevölkerung gut bekannt und sehr geschätzt wird. Mit dem Neubau ist das Frauenhaus überdies zu einem Vorzeigeprojekt über die Grenzen Salzburgs hinaus geworden“, freut sich Frauenbeauftragte Dagmar Stranzinger über das Ergebnis.
Es biete bedrohten oder misshandelten Frauen und ihren Kindern geschützten Wohnraum und die Möglichkeit eines Neubeginns nach einer belastenden und gewaltvollen Beziehung. Die umfassende Betreuung habe 2000 eine neue Qualität erhalten: „Mit dem Neubau gibt es nun einen optimalen Ort für die Arbeit mit Frauen und deren Kindern. Ziel dabei ist eine gewaltfreie und unabhängige Lebensgestaltung“, so Stranzinger.
In einer engen Zusammenarbeit haben die Architektin Ursula Spannberger und die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses die Anforderung an den Bau definiert und Planungskriterien festgelegt. Dieses Zusammenwirken bestmöglicher Qualitäten trägt nun dazu bei, dass sich von Gewalt betroffene Frauen gut und nachhaltig stabilisieren können.
Die 15 Mitarbeiterinnen des Salzburger Frauenhauses bieten soziale, psychologische, therapeutische und juristische Beratung und Begleitung. Sie unterstützen Frauen bei Ämterwegen, bei der Arbeits- und Wohnungssuche, in Unterhalts- u. Sorgerechtsfragen oder bei einem Scheidungsverfahren. Für vertrauliche Gespräche mit den betroffenen Frauen gibt es nun ebenso ausreichend Raum wie für die Arbeit mit den Kindern (Spielräume, Therapieräume). Als individueller Wohnraum steht ein eigenes Zimmer mit Bad/WC und Vorraum zur Verfügung. Großzügige Gemeinschaftsküchen fördern den Kontakt.
Ermittlung der Preisträgerin über Straßen- und Onlinebefragung
Erstmals wählte nicht eine Fach-Jury die Troll-Borostyani-Preisträgerin, sondern die SalzburgerInnen haben in einer Straßenbefragung und im Internet die Entscheidung getroffen: „Ausgewählt wurden Projekte, die den Preis bisher noch nie bekommen haben und deren Arbeitsschwerpunkte für die wichtigsten frauenpolitischen Themen der vergangenen 20 Jahre stehen: Gewalt gegen Frauen, Schwangerschaftsabbruch, Gender Medizin, Frauenbildung und Vernetzung“, erläutert Stranzinger.
Sechs Fraueneinrichtungen waren vorgeschlagen:
• Frauenhaus Salzburg
• Gynmed Ambulanz
• Frauengesundheitszentrum ISIS
• Gewaltschutzzentrum
• Betrifft Frauen – Erwachsenenbildung für Frauen
• Lungauer Frauennetzwerk
Zu den sechs sind in der Onlinebefragung als „anderer Vorschlag“ zwei weitere Einrichtungen besonders häufig genannt worden:
• Frauenhaus Mirjam (Hallein)
• Haus für Mutter und Kind (Salzburg)
Beide Vorschläge wurden in die Wertung aufgenommen.
Die Ergebnisse im Detail:
Welches Projekt soll den Frauentagspreis 2010 bekommen?
Rang 1 - Frauenhaus Salzburg, 434 Nennungen (29%)
Rang 2 - Haus Mirjam, 260 Nennungen (17%)
Rang 3 - Gewaltschutzzentrum, 197 Nennungen (13%)
Rang 4 - Gynmed, 161 Nennungen (11%)
Rang 5 - Lungauer Frauennetzwerk, 151 Nennungen (10%)
Rang 6 - Frauengesundheitszentrum ISIS, 130 Nennungen (9%)
Rang 7 - betrifft frauen, 65 Nennungen (4%)
Rang 8 - Haus für Mutter und Kind, 52 Nennungen (3%)
Weitere Vorschläge: 63 Nennungen (4%)
In Summe wurden 1513 Nennungen abgegeben
Preisverleihung: Heute, am Internationalen Frauentag, 8. März 2010, um 18 Uhr durch Landeshauptfrau Gabi Burgstaller und Bürgermeister Heinz Schaden in der TriBühne Lehen (Tulpenstr.1, gegenüber der neuen Mitte Lehen).
Für den Troll-Borostyani-Preis 2010 nominiert
Frauenhaus Salzburg
• bietet von Gewalt bedrohten oder misshandelten Frauen und deren Kindern einen geschützten Wohnraum, seit 2008 im neu erbauten Haus
• soziale, psychologische, therapeutische und juristische Beratung und Begleitung (Ämterwege, Scheidung, Arbeits- und Wohnungssuche, Unterhalts- u. Sorgerechtsfragen) für Frauen und Kinder mit dem Ziel einer gewaltfreien und unabhängigen Lebensgestaltung
Gynmed Ambulanz
• Seit 1.1.1975 ist der Schwangerschaftsabbruch in Österreich straffrei. Lange gab es kaum Möglichkeiten der Durchführung eines Abbruchs in Salzburg und Westösterreich
• Seit 2005 gibt es in Salzburg ein professionelles Angebot. Die Gynmed Ambulanz (Team aus PsychologInnen und ÄrztInnen) bietet Vorgespräch und medizinische Voruntersuchung, Information über die unterschiedlichen Möglichkeiten eines Schwangerschaftsabbruchs, Beratungsgespräch und Durchführung des Abbruchs
Frauengesundheitszentrum ISIS
• kostenlose Beratung z. B. bei Essstörungen, Angebote für Frauen in den Wechseljahren, in Verhütungs- und Aufklärungsfragen und für Frauen mit Behinderungen
• Selbsthilfegruppen (Essstörungen, Endometriose)
• Schwangerschaftskonfliktberatung
• Aufgreifen von Trends zur Frauengesundheit, Bewusstseins- und Öffentlichkeitsarbeit (z.B. Schönheitsoperationen, Körperbilder, Brustgesundheit)
Gewaltschutzzentrum
• Hilfestellung für Frauen und ihre Kinder bei familiärer Gewalt und Beratung in Stalkingfällen
• Unterstützung nach Streitschlichtung, Wegweisung, Anzeige oder Verhaftung des Gewalttäters in enger Kooperation mit der Polizei und Justiz
• rechtliche Beratung und Unterstützung bei gerichtlichen Verfahren
Betrifft Frauen – Erwachsenenbildung für Frauen
• Frauenbildungsschwerpunkt in Trägerschaft von St. Virgil Salzburg und dem Katholischen Bildungswerk Salzburg
• Vorträge, Seminare und Tagungen zu den Themen Spiritualität und feministische Theologie, Frauenräume, Lebenskompetenzen, Impulse für die Frauenbildung, Geschlechterfragen
Lungauer Frauennetzwerk
• überparteiliches Netzwerk als Verein von Frauen für Frauen und Mädchen im Lungau
• aktive und nachhaltige Gestaltung der regionalen Entwicklung im Lungau (Bildungsangebote, Projekte für Frauen in der Region)
• Beteiligung und Mitgestaltung in regionalen Fragen zu Tourismus, Arbeitsmarkt, Wirtschaft, Gesundheit, … mit dem Anliegen der Verbesserung der Gleichstellung von Männern und Frauen
Irma von Troll-Borostyani (1847-1912)
Das Frauenbüro der Stadt Salzburg und die Stabsstelle für Frauenfragen und Chancengleichheit des Landes verleihen zum "Internationalen Frauentag" jedes Jahr die nach der ersten Salzburger Feministin Irma-Troll-Borostyani benannte Auszeichnung.
Ausgezeichnet werden Frauen, Frauenprojekte oder Einrichtungen, die sich für eine emanzipatorische Frauenpolitik einsetzen, Zivilcourage zeigen und damit beitragen, Barrieren zu überwinden.
Irma von Troll-Borostyani wurde am 31. 3. 1847 im Haus Griesgasse 4 in Salzburg geboren und gilt als die erste Salzburger Frauenrechtlerin. Sie erregte durch ihr Engagement für Frauenrechte sowie Mädchenbildung und durch ihr äußeres Erscheinungsbild (kurze Haare, männliche Kleidung, Zigarren rauchen) Aufsehen und Widerstand. Beharrlich hielt sie zeitlebens an ihren feministischen Grundsätzen fest. Sie starb am 10. Februar 1912.
Bubendorfer, Cay, Mag. (14283)