Widerstand gegen 380 kV am Gaisberg wird härter
„Wir hoffen natürlich, dass wir bereits am Sonntag beim Sternmarsch auf den Gaisberggipfel mit unserer Demonstration die Verbundgesellschaft zum Umdenken bringen“, erklärt Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden in einer Pressekonferenz mit Gaisberg-Koordinator Winfrid Herbst und Hans Kutil von der Bürgerinitiative „Rettet Guggenthal/Heuberg“ am Freitag, 11. Juni 2010.
Gemeinsam kündigen sie an, dass der Widerstand gegen die vom Verbund geplante 380 kV-Leitung vom Heuberg quer durchs Tal und weiter zwischen Nockstein und Gaisberg „garantiert noch härter werden wird“.
Juristisch gewappnet
Die Stadt bereitet sich schon jetzt juristisch auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vor. Der Projektwerber, also die Verbundgesellschaft, muss in diesem Fall beim Land als Behörde einen Genehmigungsantrag einbringen. „Hier setzt die Stadt voll auf die Parteistellung im UVP-Verfahren“, betont der Bürgermeister.
Laut Gesetz müssen 200 wahlberechtigte Personen „in der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde“ (entspricht Koppl bzw. Salzburg) eine Bürgerinitiative mit ihrer Unterschrift unterstützen, damit diese im UVP-Verfahren Parteistellung erhält.
Schaden: „Ich erinnere daran, dass wir an nur einem Schrannen-Vormittag im März mehr als 300 Unterschriften gesammelt haben. Dass den Leuten die exponierten Maststandorte an der Gaisbergflanke ein massiver Dorn im Auge sind, wurde da schon mehr als deutlich.“
Behörde muss prüfen
Im UVP-Verfahren selbst kann die Stadt dank Parteistellung dann bei allen so genannten „Schutzgütern“ (Menschen, Tiere, Pflanzen) auf die Einhaltung der internationalen Vereinbarungen pochen (Weltkulturerbe, Alpenkonvention, Artenschutz etc.). Überdies sind im konzentrierten Verfahren sämtliche relevanten Rechtsmaterien (Naturschutz, Forstrecht etc.) heranzuziehen. „Die Behörde muss alles prüfen. Hier streben wir auch einen Schulterschluss mit der Umweltanwaltschaft an“, so Schaden.
Gang zu Höchstgerichten
Salzburgs Stadtoberhaupt weist darauf hin, dass bei Nichteinhaltung jener Rechtsvorschriften, die laut Gesetz „dem Schutz der Umwelt“ oder „wahrzunehmendem öffentlichen Interesse dienen“ Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof eingebracht werden.
Weltkulturerbe-Status gefährdet
Der Hintergrund: Die für die Freileitung benötigte, 70 Meter breite Schneise würde eines der beliebtesten Naherholungsgebiet der Stadt, mit mehr als 1,2 Millionen BesucherInnen pro Jahr, massiv beeinträchtigen. Es handelt sich überdies um ein äußerst artenreiches Biotop. Deshalb hat sich der Stadtsenat einstimmig schon im Februar vehement gegen diese Trassenführung ausgesprochen.
„Durchgesickerten Informationen zufolge, wird dem Lenkungsausschuss des Landes am 22. Juni aber genau dieser Trassen-Vorschlag unterbreitet werden“, sagt Schaden. „Der entspricht jedoch in keiner Weise den Empfehlungen des EU-Vermittlers Adamovich. Ich befürchte sogar, dass damit ernste Diskussionen über unseren Weltkulturerbe-Status ausgelöst werden würden.“ Das Besondere an der Stadt Salzburg sei ja ihre einzigartige Kombination aus Natur- und Kulturlandschaft.
Schutz der Gesundheit
Hans Kutil von der Bürgerinitiative „Rettet Guggenthal/Heuberg“ zeigt sich entsetzt, dass die 380 kV-„Expertengruppe“ eine Studie der Universität Oxford völlig ignoriere, in der ein erhöhtes Leukämierisiko für Kinder im Nahbereich von Hochspannungsleitungen aufgezeigt werde. „In Guggenthal sind die Volksschule und zwei Kindergärten in der kritischen Zone“, macht er aufmerksam. Schon jetzt sei die Belastung durch den Gaisbergsender hoch. Die 380 kV-Leitung würde eine zusätzliche Strahlenbelastung im niederfrequenten Bereich bedeuten.
Kutil kritisiert die verfehlte Raumordnungspolitik in vielen Gemeinden, wo „hemmungslos an die bestehende 220 kV-Leitung heran- und in die schon vor Jahrzehnten bekannt gegebene künftige Leitungstrasse hineingebaut wurde“. Er hinterfragt auch die Zusammensetzung der Expertenrunde, in der teils „massive Befangenheit“ zu orten sei.
Bauverbot umgangen?
Nicht zuletzt weist Kutil auch auf die Problematik der Nocksteinschlucht hin. Bei der nun forcierten Trasse seien Murenabgänge bis ins Tal zu befürchten: „Die Flanken der Nocksteinschlucht müssten eigentlich zum Schutzwald erklärt werden“, so Kutil, „sie sind Rote Zone mit absolutem Bauverbot – nicht für den Verbund?“

Hans Kutil, Heinz Schaden und Winfrid Herbst rufen für Sonntag zum Protest-Sternmarsch auf.
Schupfer, Karl, Mag. (12112)