Weltkulturerbe: Schulterschluss zwischen Stadt und ICOMOS

Vizebürgermeisterin Unterkofler: „Es gilt die Herausforderungen gemeinsam anzugehen und die richtige Balance zwischen Fortschritt und Schutz zu schaffen.“
04.10.2023
Für Schutz und Entwicklung arbeiten ICOMOS und die Stadt Salzburg im Schulterschluss zusammen
(v.l.n.r.: ICOMOS Monitoring Beauftragter der Stadt Salzburg Hannes Toifl, stellvertretender Welterbebeauftragter Manuel Dornstauder, Vizebürgermeisterin Barbara Unterkofler, österreichisches Nationalkomitee ICOMOS Austria Dörte Kuhlmann, Abteilungsvorstand der MA5 und Welterbebeauftragter Andreas Schmidbaur)

Am 7. Dezember 1996 wurde die Salzburger Altstadt auf Vorschlag des Bundes vom UNESCO Welterbekomitee in die Liste der Welterbestätten aufgenommen. Aus Sicht der Stadt Salzburg war dieser Vorgang eine logische Konsequenz des bereits seit dem Jahr 1967, also seit nunmehr fast 57 Jahren, bestehenden Altstadterhaltungsgesetzes. Im Zuge des Altstadterhaltungsgesetzes wurde auch die „Sachverständigenkommission für die Altstadterhaltung“ (SVK) eingerichtet. Dabei hat insbesondere die SVK in den vielen Jahrzehnten vor Verleihung des Welterbe-Prädikats durch ihr Wirken den Grundstein für diese Auszeichnung gelegt. Das Salzburger System der Altstadterhaltung ist in Europa einzigartig und war Vorbild für eine Reihe in- und ausländischer Nachfolgeregelungen.
In weiterer Folge wurde das im Verfassungsrang stehende Salzburger Stadtrecht um § 3a um die Zielbestimmung „Schutz des Weltkulturerbes der Stadt“ erweitert.

ICOMOS Monitoring-Beauftragte der Welterbestätte Salzburg

Der UNESCO steht in Fragen des Weltkulturerbes mit dem „International Council on Monuments and Sites“, kurz ICOMOS, ein entsprechendes Fachgremium zur Verfügung, welches sich aus zahlreichen ausgewiesenen Expert:innen zusammensetzt. Die einzelnen ICOMOS Nationalkomitees sind somit als Außenstellen der Pariser UNESCO-Zentrale zu verstehen, die ihre Arbeit im Dienst der Bewahrung und Förderung des Weltkulturerbes verrichten.
Für das österreichische Nationalkomitee ICOMOS Austria sind Dörte Kuhlmann und Hannes Toifel als durch die UNESCO legitimierte Beauftragte der Welterbestätte Salzburg bestellt.

Stellung der Stadt im Rahmen des Systems zum Schutz der Welterbestätten

Unmittelbar nach Aufnahme in die UNESCO-Liste der Welterbestätten wurde auf Geheiß des damals ressortzuständigen Vizebürgermeisters Heinz Schaden der Abteilungsvorstand der MA 5, Herbert Lechner, zum Ansprechpartner für die UNESCO ernannt. Im Jahr 2013 schuf der inzwischen zum Bürgermeister gewählte Heinz Schaden die Position des „Weltkulturerbe-Beauftragten“ innerhalb der MA 5. Dieser wurde der im Außenverhältnis legitimierte Ansprechpartner im Rahmen des Welterbeschutz-Systems – insbesondere für ICOMOS, die UNESCO und die Republik Österreich. Zugleich war und ist er für die Kontaktpflege zwischen den gesetzlich definierten Fachgremien vor Ort (SVK und GBR) und den Welterbe-Institutionen verantwortlich und hat alle organisatorisch-formalen Vorgaben der UNESCO umzusetzen.
Im Rahmen des internationalen Systems zum Welterbe-Schutz ist es explizit nicht Aufgabe der Stadt, selbst eigene fachliche Haltungen zu entwickeln und kundzutun, da hierfür die gesetzlich normierten sowie durch die internationalen Welterbe-Institutionen legitimierten Experten berufen sind.
Stattdessen hat die Stadt Salzburg im Rahmen der Vertragspartnerschaft zwischen der UNESCO und Republik Österreich (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur) eine kommunikative Rolle. Es ist ihre zentrale Aufgabe, durch frühzeitige Information über Ideen, Projekt-Aktivitäten und generelle Anliegen vor Ort die Prüfung der Welterbe-Verträglichkeit durch ICOMOS sicherzustellen. Außerdem hat die Stadt Salzburg die organisatorisch-formalen Vorgaben der UNESCO umzusetzen.
Um diese Rolle im System des Welterbe-Schutzes wahrnehmen zu können, ist es immanent, innerhalb der Stadtverwaltung eine/n Ansprechpartner:in zu haben, der/die frühzeitig über sämtliche Informationen zu Projekten verfügt, um zeitgerecht die entsprechenden Schritte setzen zu können.
Um genau diesen Austausch zwischen den Partner:innen auf eine neue Ebene zu heben, weiterzuentwickeln und ihn neu zu institutionalisieren, stellt die Stadt nun eine neue Struktur in der Zusammenarbeit auf.

Schutz und Entwicklung im Schulterschluss zwischen Stadt und ICOMOS

Angesichts zunehmender Flächenknappheit und damit verbundenem städtischen Nachverdichtungsdruck, dem Erfordernis von Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsmaßnahmen sowie die intensive Vermittlung der Welteber-Idee sind Herausforderungen aufgetreten, die es zu meistern gilt.
„Diese Herausforderungen gilt es gemeinsam anzugehen und die richtige Balance zwischen Fortschritt und Schutz zu schaffen“, so die ressortzuständige Vizebürgermeisterin Barbara Unterkofler. „Das ist notwendig, um Entwicklungen nicht zu behindern, das Welterbe zugleich aber auch für zukünftige Generationen zu erhalten. Ich bin überzeugt davon, dass wir diese Ausgewogenheit nur dann erreichen können, wenn unser Weltkulturerbe für die Bewohner auch weiterhin lebenswert und erlebbar bleibt.“
Diese Balance könnte angesichts der zahlreichen Herausforderungen, die auf die Welterbestätten zukommen, nur dann gefunden werden, wenn alle berufenen Akteure gemeinsam in strukturierten und zielgerichteten Projektabstimmungen an einem Strang ziehen, so Unterkofler und Toifel unisono.
„Es ist essentiell, dass wir die Zusammenarbeit zwischen ICOMOS, der SVK und dem Gestaltungsbeirat vereinfachen und somit potentielle Endlosschleifen in der Bearbeitung zu vermeiden und die Projektdauer zu verkürzen. Für die Erarbeitung und Weiterentwicklung dieser verbesserten Struktur braucht es nun vor allem Ruhe. Wir müssen arbeiten können und dürfen nicht stetig durch Zwischenrufe von unseren eigentlichen Aufgaben abgehalten werden. Ich bin dankbar dafür, dass die Stadt Salzburg sich dessen bewusst ist und die Vizebürgermeisterin gemeinsam mit ihrer Abteilung in einem Schulterschluss mit der UNESCO, ICOMOS, der SVK und dem Gestaltungsbeirat ein neues, zukunftsorientiertes Miteinander aufsetzt“, so der Salzburger ICOMOS Welterbestätten-Beauftragte Hannes Toifel.
„Durch das neu angedachte Format und die nun in Angriff genommene Neustrukturierung mit ehestmöglichen Einbindungen von ICOMOS und der SVK schaffen wir es nicht nur, mögliche Endlosschleifen zu vermeiden, sondern damit auch Kostentreiber zu reduzieren und Planungssicherheit für die Projektwerber zu schaffen“, ergänzt Unterkofler.
Nachdem Alexander Würfl, bisheriger städtischer Ansprechpartner für die Welterbe-Institutionen, seine Arbeit aus persönlichen Gründen nun nach zehn Jahren niedergelegt hat, füllt diese Funktion seit 1. Oktober der Abteilungsvorstand der Magistratsabteilung 5, Andreas Schmidbaur, aus. Er wurde, wie seinerzeit Alexander Würfl, mittels Schreiben des Magistratsdirektors nach Absprache mit dem Bürgermeister als legitimierter städtischer Ansprechpartner berufen.
„Als ICOMOS Welterbe-Beauftragter für Salzburg begrüße ich die Entscheidung ausdrücklich, da der Posten des Abteilungsvorstands alle inhaltlich erforderlichen Voraussetzungen für die städtische Koordinationsrolle am besten in sich vereint“, unterstützt Toifel die Entscheidung der Stadt. 
„Meine ersten Aufgaben werden nun darin liegen, nicht nur den vorhandenen Managementplan weiterzuentwickeln, sondern auch vertiefte, strukturierte Austauschformate zwischen ICOMOS, der SVK, dem Gestaltungsbeirat sowie einzelnen Sonderberatern bei besonders sensiblen Projekten zu institutionalisieren. Hierzu gab es gemeinsam mit dem Ressort auch bereits Vorgespräche mit den Institutionen, die allesamt auf positiven Widerhall gestoßen sind. Ziel muss sein, dass alle berufenen Institutionen letztlich mit einer Stimme sprechen“, so Schmidbaur.

Intensive Kommunikation mit der Bevölkerung über das Weltkulturerbe-Besucherzentrum

Um die intensive Vermittlung der Welterbe-Idee voranzutreiben, setzt sich Unterkofler darüber hinaus seit 2020 für die Errichtung eines UNESCO-Weltkulturerbe-Besucherzentrums ein. Im Rahmen der Salzburger Museumsreform konnte alles in trockene Tücher gebracht werden, sodass das Zentrum voraussichtlich im Herbst 2025 im ehemaligen Barock-Museum seine Pforten öffnen wird.
„Das Weltkulturerbe-Besucherzentrum ist ein Informations- und Begegnungsort zur Vermittlung von Inhalt und Bedeutung des UNESCO-Weltkulturerbes. Das Zentrum ist an seinem Standort in jeder Hinsicht das „Eingangstor“ der Welterbestätte. Zielgruppe sind dabei vor allem die Salzburgerinnen und Salzburger, aber selbstverständlich werden sich künftig auch unsere internationalen Gäste informieren können“, macht Unterkofler deutlich.
Die geplante Eröffnung des Besucherzentrums wird einen Meilenstein für das Welterbe-Verständnis der gesamten Stadt, aber auch darüber hinaus darstellen. Die Betreuung bzw. Mitentwicklung der Programmsystematik, der Dauerausstellung, aber vor allem das Wechselprogramm sind dabei die wesentlichen Herausforderungen. Diese werden bis zur Eröffnung noch von Alexander Würfl wahrgenommen, danach wird die laufende Bespielung durch zusätzliche Personalressourcen bewältigt. „In diesem Zusammenhang möchte ich Mag. Würfl auch ganz herzlich für sein jahrelanges Engagement für die Salzburger Altstadt und unser Weltkulturerbe ebenso danken, wie für seinen weiter andauernden Einsatz im Rahmen des Besucherzentrums“, so Unterkofler abschließend.

Laura Lapuch