Gewitzte Sprachminiaturen mit Hintersinn

22.10.2015

Ein Literaturerlebnis der Extraklasse, eine Lesung mit dem Potential, die Ohren in Erstaunen zu versetzen, wartet am nächsten Mittwoch, 28. Oktober: "wortgesindel" hat Friedrich Achleitner sein heuer erschienenes Buch mit literarischen Miniaturen betitelt, das er um 20 Uhr in der Panoramabar der Stadtbibliothek vorstellen wird.

Darin geht es schnörkellos, hintersinnig, ironisch und absurd zu: Herr Feige und Herr Mut unterhalten sich über einen mutmaßlichen Feigling; in des Teufels Küche sitzt ein Möchtegern, der keiner sein will; ein besoffener Kapuziner und ein Mohr im Hemd gehen am Wiener Stephansplatz auf einen Türkischen Honig; und im Hinterzimmer eines Braugasthofes findet ein sechzigjähriges Maturatreffen statt.

Sinn, Hintersinn, Unsinn

Friedrich Achleitner, der als Mitglied der sagenumwobenen Wiener Gruppe einst die Mythen der traditionellen Poesie in ihre Teile zerlegte, geht dem Sinn, dem Hintersinn, aber auch dem Unsinn der Wirklichkeit auf den Grund. Auf pointierte Weise spießt er Redensarten auf, karikiert Phrasen und hinterfragt modische Begriffe.

Im Rahmen der derzeit in der Stadtbibliothek laufenden Ausstellung „Sprachlust“ passt es gut, den großen und nicht nur innerhalb Österreichs längst legendären „Sprachkünstler und Wortspieler“ (Der Standard), der im vergangenen Mai seinen 85. Geburtstag feierte, einzuladen. Oder, um es mit den Worten des österreichischen Schriftstellers Ferdinand Schmatz zu formulieren: „… Wir hören dir zu und folgen dir, wenn du die feine Wortklinge führst!“

Österreichische Architekturgeschichte

Friedrich Achleitner kam 1930 in Schalchen im Innviertel zur Welt. Bis 1998 hatte er eine Professur an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien inne. Achleitner gehört zur Wiener Gruppe, die vor allem moderne Dialektgedichte verfasste. Innerhalb dieser Gruppe lenkte Achleitner sein Interesse vor allem auf phonetische Schreibweisen.

Von 1965 bis 2010 arbeitete Friedrich Achleitner an seinem Hauptwerk, der Reihe "Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert", einem Führer in vier Bänden, von denen drei (Band III in drei Teilen) bis 2010 erschienen. (Band IV, Niederösterreich, müsse nun von Jüngeren erstellt werden, sagte Achleitner.) Für diese weltweit einzigartige Arbeit hat Achleitner jahrzehntelang Material gesammelt und ausgewertet, hat jedes im Führer erwähnte Bauwerk besichtigt und Österreich somit architektonisch durchmessen.


Mi, 28. Oktober 15, 20 Uhr, "wortgesindel", Lesung Friedrich Achleitner, Panoramabar/Stadtbibliothek, Schumacherstr. 14, Eintritt frei, Kartenreservierung Tel. 0662/8072 2450, stadtbibliothek@stadt-salzburg.at

Sprachspieler und Wortkünstler
Sprachspieler und Wortkünstler

Sabine Möseneder