Festakt: Stadt Salzburg benennt Mönchsberg-Treppe nach Musikerin und NS-Opfer Alma Rosé

24.07.2025
Ein sichtbares Zeichen gegen das Vergessen
Prominente Gäste mit Stadtpolitikern vor Namensschild
Prominente Gäste beim Festakt:
Von rechts: Lukas Crepaz und die ehemalige Präsidentin Helga Rabl-Stadler von den Festspielen, Hanna Feingold, Stadtarchiv-Leiterin Sabine Veits-Falk, Bürgermeister Bernhard Auinger, Vize-Bgm. Kay-Michael Dankl, Rektorin Ulrika Sych, Historiker Gert Kerschbaumer, Kultur-Abteilungschefin Dagmar Aigner und Stadträtin Andrea Brandner.

Am Donnerstag, 24. Juli 2025, wurde im Rahmen eines feierlichen Festakts die bisher namenlose Treppe mit 117 Stufen auf den Mönchsberg offiziell in „Alma-Rosé-Stiege“ benannt. Die Treppenanlage, die von der Reichenhaller Straße – nahe der Ausfahrt der Altstadtgarage – aus erreichbar ist, stellt damit einen neuen Erinnerungsort im öffentlichen Raum der Stadt Salzburg dar.

Mit dieser Widmung ehrt die Stadt Salzburg eine Frau, die in mehrfacher Hinsicht in die städtische Erinnerungs- und Kulturgeschichte gehört: Alma Rosé war eine herausragende Musikerin mit Auftritten bei den Salzburger Festspielen, die unter dem NS-Regime verfolgt, deportiert und ermordet wurde.

Erinnern, wo der Alltag stattfindet

Die Benennung der Treppe geht auf einen – mit großer Mehrheit angenommenen – Beschluss des Salzburger Gemeinderats im Dezember 2024 zurück. Vorausgegangen war ein Vorschlag des Stadtarchivs, der sich auf die seit 2013 gültigen Grundsätze zur Benennung von Verkehrsflächen stützt. Diese sehen vor, Persönlichkeiten zu ehren, die entweder einen besonderen Salzburg-Bezug aufweisen, Frauen sichtbar machen oder Opfer des Nationalsozialismus waren. Auf Alma Rosé trifft all dies zu.

Geboren 1906 in Wien als Tochter des berühmten Konzertmeisters Arnold Rosé und Nichte von Gustav Mahler, war Alma Rosé eine hochbegabte Violinistin und Leiterin des von ihr gegründeten Frauenorchesters „Die Wiener Walzermädeln“. 1936 trat sie bei den Salzburger Festspielen auf. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an NS-Deutschland floh sie zunächst nach Großbritannien, dann in die Niederlande. 1942 wurde sie auf ihrer Flucht in die Schweiz im besetzten Frankreich verhaftet und 1943 ins Frauenlager von Auschwitz-Birkenau deportiert.

Dort wurde sie – unter extremsten Bedingungen – dem Frauenorchester zugeordnet. Musik wurde für sie und viele Mitgefangene zur Überlebensstrategie – und zum Akt menschlicher Würde im Unmenschlichen. Alma Rosé – vormals Stargeigerin auf großen Bühnen, an ihrem Lebensende Geigerin und Dirigentin im Vernichtungslager Auschwitz – starb am 5. April 1944, vermutlich an einer Lebensmittelvergiftung oder Typhus.

Bgm. Auinger: Weg mutig weitergehen

In ihren Ansprachen hoben die Redner:innen die besondere Bedeutung Alma Rosés für die Musikgeschichte und die Erinnerungskultur hervor. Bürgermeister Bernhard Auinger bekräftigte, dass die Stadt „den nun eingeschlagenen Weg mutig weitergehen wird“. Sabine Veits-Falk, Amtsleiterin Stadtarchiv und Statistik, erläuterte die Lebensgeschichte Alma Rosès und verwies darauf, dass Salzburg verstärkt die Opfer des Nationalsozialismus ehre und bewusst Frauen sichtbarer mache: „Derzeit sind nur vier Prozent der Straßen und Plätze nach Frauen benannt“. Mdw-Rektorin Ulrika Sych beschrieb die schrecklichen Zustände im KZ Auschwitz-Birkenau. Wo es Alma Rosé mit ihrem Orchester gelang, viele Frauen vor dem Tod zu retten. „Sie hat Widerstand geleistet und den Häftlingen Hoffnung geschenkt. Die Frauen mussten Demütigungen und Entwürdigungen erleiden, von denen wir keine Vorstellung haben. Dafür gibt es keine Worte.“

Würdiger Festakt mit musikalischem Gedenken

Zur feierlichen Besichtigung der Gedenktafel und Benennung der Stiege kamen zahlreiche Teilnehmer:innen aus Stadt, Wissenschaft und Kultur zusammen. Der Festakt fand direkt am Fuß der sanierten Treppe statt, am Vorplatz Reichenhaller Straße 10.

Musikalisch wurde die Veranstaltung mit Werken von Gideon Klein und Hans Krása – beide ebenfalls Opfer der KZ-Herrschaft – begleitet. Der tschechisch-jüdische Komponist und Pianist Gideon Klein war in den Konzentrationslagern Theresienstadt, Auschwitz und im Außenlager Fürstengrube inhaftiert, wo er 1945 unter ungeklärten Umständen ums Leben kam. Hans Krása, ein tschechoslowakischer Komponist, wurde 1942 ins KZ Theresienstadt deportiert. 1944 wurde er sofort nach seiner Ankunft im KZ Auschwitz in der Gaskammer ermordet.

Für die musikalische Gestaltung sorgten Studierende des Alma Rosé Instituts der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, die als „Gideon Klein Trio Wien“ (Hiroyo Watanabe: Violine, Johanna Hechwartner: Viola, Weronika Strugala: Violoncello) auftraten.

Ein Erinnerungsort für kommende Generationen

Die neue Treppenbezeichnung ist zugleich Einladung und Verpflichtung: Sie lädt Passant:innen dazu ein, stehen zu bleiben, nachzulesen, sich zu erinnern. Und sie verpflichtet die Stadt, auch künftig Orte des Erinnerns zu schaffen und zu erhalten.

Tobias Neugebauer / Karl Schupfer