Kostenlose Menstruationsartikel: Projekt wird weitergeführt

Großer Zuspruch für Projekt „Periodenservicestellen“
17.05.2024
Ein Erfolgsprojekt auf vielen Ebenen - gegen "Periodenshaming" und Frauenarmut
vlnr.: Projektleiterin und Frauenbeauftragte Alexandra Schmidt, Martina Hauser (Pädagogische Leitung Spektrum), Thomas Schuster (Leitung Spektrum) und Sozialstadträtin Andrea Brandner

Seit Jahresbeginn gibt es in der Stadt Salzburg 19 „Periodenservicestellen“ - also kostenlose Menstruationsartikel. Eine Sonderförderung für Fraueneinrichtungen, Jugendzentren und Bewohnerservicestellen von je 2.000 EUR ermöglicht den individuellen Einkauf in den Einrichtungen und die unbürokratische und niederschwellige Weitergabe.

„Das Projekt ‚Periodenservicestelle‘ ist ein Leuchtturmprojekt für das gesamte Bundesland Salzburg, und der Erfolg gibt uns recht. Daher planen wir bereits eine Fortführung für das restliche Jahr 2024 und darüber hinaus“, so Stadträtin Andrea Brandner, zuständig für Soziales und Frauen. „Die Evaluation hat klar gezeigt: wir sind mit unserer Vorgangsweise am richtigen Weg. Die Einrichtungen kennen ihre Zielgruppen selbst am besten und konnten so zielsicher einkaufen – ohne dass den Nutzer:innen ein Konsumzwang entsteht“, so Brandner weiter.

Einfache und unkomplizierte Abwicklung
Mit der Sonderförderung von schon bis dato geförderten Frauen- und Jugendeinrichtungen und Bewohnerservicestellen wurden bisher EUR 30.050,00 zur Verfügung gestellt. Der Antrag und die Abrechnung sind so unbürokratisch, wie möglich, die Einrichtungen kaufen, was sie brauchen und rechnen über die Kassenbelege ab.

19 Frauen- und Jugendeinrichtungen sowie Bewohnerservicestellen nutzen das Angebot bisher. Den von der Stadt zur Verfügung gestellten, gut sichtbaren Aufsteller können die Einrichtungen selbst befüllen. Mit den Produkten die sie bestimmen und den Mädchen und Frauen anbieten wollen. Seien dies nun Tampons, Binden, Slipeinlagen oder andere „modernere“ Menstruationsprodukte wie die Tasse oder ähnliches. 

Ein Jugendzentrum hat sich dabei für ein „pädagogisches Einkaufen“ entschieden. Die Mädchen und jungen Frauen dort bestimmten selbst, was gekauft und angeboten wird.

Evaluation

  • In der Evaluation des Projekts „Periodenservicestelle“ haben die Einrichtungen ihre bisherigen Erfahrungen mit der Periodenservicestelle rückgemeldet.
  • Die Befragung umfasst Nutzungsverhalten, den Projekterfolg insgesamt, die Erfahrungen damit und eine Einschätzung für eine Weiterführung des Projektes. 
  • 89 Prozent der Befragten vergaben die Schulnote 1.
  • Die Periodenservicestelle wurde von Jänner bis März 2024 im Schnitt von 20 bis 100 Personen genutzt, bei drei Einrichtungen sogar von über 100 Personen. Eine Einrichtung berichtet sogar von 235 Frauen.
  • Die Nutzerinnen* der Periodenservicestelle waren in 75 Prozent der Fälle schon öfter in der Einrichtung und kannten die Einrichtung bereits. 58 Prozent kamen nur wegen der kostenlosen Produkte in die Einrichtung. In 32 Prozent der Fälle wurde zudem das Beratungsangebot der Einrichtung genutzt. (Mehrfachnennungen möglich).
  • Auch interessant: Am Gefragtesten waren Binden mit 84 Prozent der Nachfrage.

Produkte natürlich zum Mitnehmen und weitergeben
Die meisten Nutzerinnen* nehmen Produkte für den eigenen Monatsbedarf mit, aber auch Produkte für Familienangehörige oder Freundinnen.

Tabu-Thema weibliche Menstruation
„Dass die Periodenservicestelle so öffentlich zugänglich ist, hat gleich mehrere positive Nebeneffekte: Mädchen und Frauen können verschiedene Produkte ausprobieren und ihr Wissen zum Thema erweitern. Sie tauschen sich aus und haben weniger Hemmungen, über das Thema Menstruation zu reden“ sagt Frauenbeauftrage Alexandra Schmidt vom Team Vielfalt der Stadt Salzburg, wo das Projekt abgewickelt und organisiert wird. „Sehr gefreut hat mich die Rückmeldung aus einigen Jugendzentren:  Die Jungs dort haben einen sehr direkten und sachlichen Zugang zu dem Thema bekommen. Statt hinter vorgehaltener Hand und kichernd am Mädchen-WC konnte ganz öffentlich über diese Produkte gesprochen werden. Manche Jungs wollten dann auch ihren Schwestern oder Müttern Menstruationsprodukte mitbringen“, so Schmidt weiter.

Dass eine der bestehenden 19 Periodenservicestellen nutzen bewirkt auch für ihre Klientinnen* das Kennen lernen neuer Beratungsstellen mit dem jeweiligen Angebot und damit einen zusätzlichen Mehrwert. Es kann sehr ermächtigend sowohl für Gruppen als auch für Einzelpersonen sein, wenn sie motiviert werden, zu einer Periodenservicestelle zu gehen, eine Schwelle zu meistern und für sich selbst ein weiteres Angebot zu erschließen.

Weiterführung und Ausbau
Bei einem Teil der Einrichtungen reichen die gekauften Produkte noch bis Schulschluss, bei einigen gehen sie demnächst aus. Demnächst erhalten die Einrichtungen die Einladung, für den Rest des Jahres erneut um die Sondersubvention anzusuchen und bis Jahresende zu planen. Und besonders erfreulich: Auch andere Einrichtungen, die nicht ins Förderschema passen, wollen gerne zur Periodenservicestelle werden.

Zahlen, Daten, Fakten allgemein
In der Stadt Salzburg leben derzeit 42.151 Mädchen und Frauen zwischen 15 und 54 Jahren. Viele von ihnen sind in einer prekären finanziellen Situation. So beträgt das Monatsnettoeinkommen (14mal/Jahr) für vollzeit- und teilzeitbeschäftigte Frauen in der Stadt Salzburg im Durchschnitt 1.540€. (AK Statistik Daten & Fakten August 2023).

Menstruationsartikel sind eine Notwendigkeit, die im Haushaltsbudget nicht einfach eingespart werden können. Deswegen nehmen viele Frauen und Mädchen während der Regel nur eingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teil, weil sie sich adäquate Hygieneartikel nicht leisten können.

Frauen menstruieren im Durchschnitt ca. 500-mal in ihrem Leben (Quelle: erdbeerwoche.at). Bis zu 2.600 Euro gibt eine Frau im Laufe ihres Lebens für Tampons und Binden aus, wie eine Erhebung der Arbeiterkammer diesen Herbst zeigte.

Menstruationsarmut ist ein weit verbreitetes Problem, das oft übersehen wird. Viele Menschen, insbesondere in einkommensschwachen Haushalten, haben Schwierigkeiten, sich Menstruationsprodukte leisten zu können. Dies führt zu unangenehmen Situationen, in denen Betroffene improvisieren müssen oder sogar den Schul- oder Arbeitsalltag verpassen.

Alle Einrichtungen der Stadt mit "Periodenservicestellen" im Überblick

Info-Z/Schrattenecker