Auf Tuchfühlung mit Salzburgs Geschichte

14.07.2016

Wer mit Erzabt Korbinan Birnbacher – wie dieser Tage - eine Führung durch das Stift St. Peter macht, bekommt einen lebendigen Einblick in Salzburgs Geschichte. Die Benediktiner begleiten diese Stadt seit dem Jahr 696 ohne Unterbrechung. Und St. Peter ist somit unbestritten das älteste, dauernd betriebene Kloster des deutschsprachigen Raums. Der gegenwärtige Erzabt versteht es, sowohl Architektur und Kunst dieser ehrwürdigen Institution zu erklären als auch mit Details aus dem alltäglichen Klosterleben zu überraschen.

Spuren des Bücherwurms

Buchstäblich auf Tuchfühlung mit der Geschichte kamen die Teilnehmerinnen des interkulturellen Spaziergangs, als sie aufgefordert werden, eines der uralten Bücher aus der klösterlichen Bibliothek anzugreifen, um zu erfahren, wie sich altes Pergament anfühlt und zu sehen, welche Spuren der Bücherwurm hinterlassen hat.

„Unsere Spaziergänge sollen besonders auch den neuen BewohnerInnen Salzburgs die Möglichkeit geben, die Stadt für sich zu entdecken und bei dieser Gelegenheit Kontakte zu knüpfen. Und wie wir sehen: Das funktioniert hervorragend“, freut sich die für Integration zuständige Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer.

Eines der vielen Highlights der Führung war die nicht immer zugängliche Marienkapelle, in der die Klostergemeinschaft seit Jahrhunderten viermal täglich ihre Gebete verrichtet. Diese Kapelle stand auch schon im Zentrum kulturpolitischer Streitigkeiten der 1950er-Jahre. Eine damals noch junge Künstlerin, Lydia Roppolt (*1922), erhielt den Auftrag, eine großflächige Kreuzigungsgeschichte in der gotischen Kapelle auszuführen. Während man heute die Ausdruckskraft dieses Werkes bewundert und die Darstellungsweise nicht ungewöhnlich erscheint, sorgte das Werk damals bei manchen für Empörung. Roppolt machte dennoch ihren Weg: Sie hinterließ ein vielfältiges Werk und porträtierte sogar Bruno Kreisky, den wohl prominentesten Nachkriegspolitiker Österreichs.

Insgesamt nahmen rund 100 TeilnehmerInnen an den beiden interkulturellen Stadtspaziergängen in St. Peter teil. Dieses kostenlose Angebot der Stadt Salzburg bietet nicht alltägliche Einblicke für Einheimische und „Zuagroaste“. Die nächsten Termine führen ins Rathaus (14. Oktober) und ins Salzburger Landestheater (11. November).





Sabine Möseneder