Flughafen Salzburg: Stadt fordert Rückkehr zu Diskussion von Fakten
Die Diskussion über die Verteilung der Fluglärmbelastung rund um den Salzburger Flughafen und damit über An- und Abflugrouten hat auf bayerischer Seite „postfaktische“ Züge angenommen und wird wesentlich auch parteipolitisch kampagnisiert. „Das Stadtratskollegium ist bestrebt, diese Auseinandersetzung wieder auf ein sachliches Niveau zu bringen. Daten und Fakten dafür existieren genug und sind unstrittig. Ebenso unstrittig ist die Bedeutung des Salzburger Airports für die hochwertige Verkehrs-Infrastruktur in einem Radius von mindestens 80 Kilometern. Das betrifft Bayern ebenso wie Salzburg und das angrenzende Oberösterreich“, stellt Bürgermeister Heinz Schaden klar. Alle Messdaten und Berechnungen – auch von deutscher Seite – würden belegen, dass der weit überwiegende Anteil der Lärmbelastung durch den Airport Anrainer auf österreichischem Gebiet betrifft. Der Bürgermeister stellt die Salzburger Position in der aktuellen Flughafen – Debatte unisono mit dem gesamten Stadtratskollegium dar.
Die rechtliche Basis für den Flughafenbetrieb – der Staatsvertrag
Nachdem sich der nördliche An- und Abflugbereich des Flughafens Salzburg auch auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstreckt, wurde im Jahr 1967 ein Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Republik Österreich über die Auswirkungen der Anlage und des Betriebs des Flughafens Salzburg auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet. Der Staatsvertrag wurde am 17.5.1974 ratifiziert. Aufgrund dessen gilt der Flughafen Salzburg für die nach den im Staatsvertrag anzuwendenden Rechtsvorschriften auch als auf deutschem Bundesgebiet gelegen.
Zahl der Flugbewegungen nimmt ab
Die Zahl der Starts und Landungen auf dem Salzburger Flughafen nimmt seit Jahren kontinuierlich ab. Dies gilt besonders für den kommerziellen Luftverkehr (Charter und Linie). Hier sind die Flugbewegungen von mehr als 24.500 im Jahr 2005 auf weniger als 20.000 im letzten Jahr gesunken.
Lärmschutzbereich für den Flughafen Salzburg
Bereits am 15. Jänner 2015 wurden im Rathaus von Freilassing im Rahmen einer Informationsveranstaltung des Bayerischen Staatsministeriums StMI/OBB Berechnungen für die Festsetzung des Lärmschutzbereichs für den Flughafen Salzburg vorgestellt. Diese zeigen, dass die auf bundesdeutschem Hoheitsgebiet verursachten Schallimmissionen so gering sind, dass entsprechend deutschem Fluglärmgesetz (FluLärmG) nur der nordwestlichste Teil der Tag-Schutzzone 2 im Süden der Stadt Freilassing, d.h.
• ein Waldgebiet zwischen der Bundesgrenze und der Bundesstraße B 20 sowie
• 5 Wohnobjekte beim Heideweg,
betroffen ist.
Nach deutschem Fluglärmgesetz aus dem Jahr 2007 – dessen Grenzwerte zum Schutz der Bevölkerung den aktuellen Stand der Lärmwirkungsforschung beinhalten - liegt bei der außerhalb des Lärmschutzbereichs für den Flughafen Salzburg wohnenden Bevölkerung in Bayern keine erhebliche Belästigung durch den Flugverkehr des Flughafens Salzburg vor.
Dieser „Lärmschutzbereich für den Flughafen Salzburg“ zeigt folgenden Sachverhalt auf (Betroffenheitsanalyse auf Basis der EU-regionalen Raumanalyse EULE 2010):
betroffene Personen / Prozentanteil
Schutzzone 1: LAeq Tag = 60 dB (Österreich): 3.691 / 99,4 %
Schutzzone 1: LAeq Tag = 60 dB (Deutschland): 22 / 0,6 %
Schutzzone 2: LAeq Tag = 65 dB (Österreich): 753 / 100 %
Schutzzone 2: LAeq Tag = 65 dB (Deutschland): 0 / 0 %
Das deutsche Fluglärmgesetz sieht auch erstmalig die Ausweisung von „Nachtschutzzonen“ mit noch strengeren Grenzwerten vor. (LAeq = 55 dB, Maximalschallpegel-Kriterium LAmax = 6x57 dB).
Nachdem die vom Flugverkehr des Flughafens Salzburg verursachten Schallimmissionen diese Grenzwerte erheblich unterschreiten, wurde auch keine Nacht-Schutzzone für den Flughafen Salzburg ausgewiesen.
Obwohl diese Berechnungen seit nunmehr bald zwei Jahren vorliegen, wird von bayerischer Seite der seit 2015 dem Ministerrat unterschriftsreif vorliegende Verordnungsentwurf zur Festsetzung des Lärmschutzbereichs für den Flughafen Salzburg und die Verkündung im Bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt nicht weiter bearbeitet. Über die Motive für diese Verzögerung kann man nur spekulieren. Tatsache aber ist, dass die Diskussion der bayerischen Nachbarn um eine „gerechtere Fluglärmlastenverteilung“ gänzlich die bundesdeutsche Gesetzeslage und Ergebnisse der von bayerischer Seite ermittelten Lärmschutzbereiche zum Schutz der Bevölkerung ignoriert. Denn die vom Flughafen Salzburg verursachten Schallimmissionen gehen, entsprechend deutschem FluLärmG, fast ausschließlich zu Lasten der Salzburger Bevölkerung.
Verlagerung des Flugverkehrs vom Norden in den Süden von Salzburg
Sollten die Forderungen der Bayern nach einer erheblichen Verlagerung, bzw Vervielfachung des Flugverkehrs von Norden nach Süden umgesetzt werden, sind für Salzburg massive Auswirkungen auf die örtliche Raumplanung nicht auszuschließen und betrifft auch sämtliche Flächenwidmungsverfahren in der Stadt Salzburg. Der Salzburger Flughafen besitzt für den Anflug ein Instrumentenlandesystem ILS-, das weltweit als sicherster Standard gilt nur aus Richtung Norden. Eine Instrumentenanflugroute aus Richtung Süden ist aus Gründen der Geographie nicht möglich. Alle sonstigen Anflugverfahren brauchen ein spezielles briefing für die Piloten, dafür gerüstete Flugzeuge und beinhalten spezielle Sichtflugregeln.
Die Einschätzung der Planungsabteilung der Stadt Salzburg über die Zahl der betroffenen Anrainer zeigt, dass bei Anflügen aus dem Süden (Gaisberganflug) mehr als 12.000 Bewohner mit maximalen Schallpegeln größer 65 Dezibel betroffen sind. Beim Nordost-Abflug entlang der Saalach und ein Verschwenken um ca. 15 Grad nach Süden zeigen sich folgende Betroffenheiten:
Entlang der Saalach / ca. 15 Grad Verschwenkung nach Süden
Ainring: 59 / 3
Freilassing: 1.436 / 31
Bergheim: 913 / 3.413
Elixhausen: 13 / 458
Wals Siezenheim: 2.742 / 3.665
Stadt Salzburg: 13.029 / 14.759
Als Konsequenz sind auch raumordnungsrechtliche Probleme für neue Bauvorhaben in weiten Bereichen entlang der Süd-Anflugroute zu befürchten. Auswirkungen auf das ausgewiesene und auszuweisende Bauland für Teile der Stadt Salzburg können gravierend sein. Die Folgen für die Gemeinden im Süden der Stadt Salzburg – aber in Konsequenz auch für den Flughafen und seine Wettbewerbsfähigkeit – sind nicht abzuschätzen.
Hoffnung auf bilaterale Einigung
Nachdem von bayerischer Seite die Verordnung der Lärmschutzbereiche wie bereits dargestellt ebenso blockiert wird wie die Ergebnisse des Bürgerbeirats-Prozesses, soll nun eine bilaterale Arbeitsgruppe eine Einigung in der Frage erzielen. Bürgermeister Heinz Schaden: „Ich habe in der Frage daher bereits Infrastrukturminister Jörg Leichtfried kontaktiert, dessen Ressort Mitglieder der Arbeitsgruppe stellt.“
„Runter von Gas“
An die bayerischen Nachbarn richtet Schaden indes den dringenden Appell „runter vom Gas“: Die Diskussion sollte dringend wieder an Fakten orientiert werden. Denn es geht letztlich um den Flughafen und seine Leistungsfähigkeit, seine Bedeutung für die gesamte Region und den Wirtschaftsstandort sowie der Akzeptanz der Bewohner in Salzburg und dem bayerischen Grenzgebiet.

Johannes Greifeneder