Dabeisein ist nicht alles

22.05.1996


Stadt Salzburg gegen Olympia-Euphorie ohne professionelle Basis

Die Betreiber einer Olympia-Kandidatur der Region Salzburg mit der Landeshauptstadt an der Spitze sind der Stadt bisher jeden konkreten Beweis für die Sinnhaftigkeit, Wirtschaftlichkeit und tatsächliche Realisierbarkeit des Sport-Großprojekts schuldig geblieben. Das erklärt heute, Mittwoch, 22. Mai, Salzburgs Bürgermeister Dr. Josef Dechant zu der aktuellen Diskussion über die Bewerbung für die olympischen Winterspiele im Jahr 2006.

Er habe von Anfang an vor allem auch gegenüber Sport-Landesrat Othmar Raus nie einen Zweifel daran gelassen, das es nicht Ziel einer langfristigen Entwicklung der Stadt Salzburg ist, ein Imageprofil als Wintersportort zu entwickeln. Wenn sich Olympia-Interessenten die Stadt Salzburg als kulturelles Zugpferd für Winterspiele wünschten, dann liegt es an eben diesen Interessenten, entsprechende Überzeugungsarbeit für ihre Ideen zu leisten. Dies ist bisher trotz einer grundsätzlichen Offenheit der Stadt nur in enttäuschendem Ausmaß geschehen.

Fest steht für die Stadt bisher lediglich ein massives Bauprogramm. Demnach müßte eine große Eishalle mit 10.000 bis 12.000 Plätzen, eine weitere provisorische Eishalle für 10.000 Besucher errichtet sowie die Eishalle im Volksgarten für 3.500 bis 4.000 Gäste erweitert werden. Dazu kämen Einrichtungen für Organisation, Pressezentrum und olympisches Dorf. Die Finanzierung ist ungeklärt, im Raum steht lediglich die Behauptung, dank kräftig steigender TV-Lizenzgebühren könnten olympische Spiele gar gewinnbringend abgehalten werden.

 

Olympia (2)

Bei einer Besprechung zwischen Stadt und Land wurde Ende April die Einsetzung von sieben Fachausschüssen beschlossen, die die nötigen Entscheidungsgrundlagen pro oder contra Olympia- Bewerbung bis Ende Juni erarbeiten sollten. Sport-Landesrat Raus hat die Ausschüsse noch nicht einberufen, sondern der Stadt apodiktisch aufgetragen, für die "Einberufung...Sorge zu tragen".

Angesichts dieser unerfreulichen Situation stellt Bürgermeister Dr. Josef Dechant zur Klärung der Lage fest:

 

 

Die Stadt Salzburg hat kein Interesse an einer Image-Positionierung als Olympia- oder gar Wintersportort.

 

 

Auch die für Salzburg im Falle einer Austragung der Winterspiele verbleibenden Bewerbe sind eher von untergeordneter Attraktivität: Salzburg wird sich ja auch in Hinkunft nicht als Kapitale etwa des Eiskunstlaufs oder des Einhockey-Sports inszenieren wollen und können.

 

 

Salzburg kann daher auch kein Interesse an Riesen-Eishallen haben, die nach den Spielen kaum und schon gar nicht wirtschaftlich zu nutzen sind.

 

 

Salzburg kann und wird keine finanziellen Haftungen und Garantien für das Gesamtprojekt olympische Spiele übernehmen, wie sie nach derzeit geltenden Regeln des IOC verlangt werden.

Olympia (3)

 

 

Salzburg ist auch nicht bereit und in der Lage, bis zur definitiven Vergabe der olympischen Spiele des Jahres 2006 im Jahr 1999 Millionenbeträge für die Bewerbung aufzuwenden. Für das Land Salzburg mag sich für das Wintersport-Image Salzburgs dieser Aufwand schon allein durch das Medieninteresse an der Bewerbung selbst rechnen, für die Stadt Salzburg indes sicher nicht.

 

 

Der Imagewert olympischer Winterspiele für die Wintersportregion Salzburg ist unbestritten. Warum sich die Stadt an einem solchen Projekt beteiligen sollte, ist strittiger denn je.

 

 

Die Stadt Salzburg wird daher vorderhand keine weiteren Schritte Richtung Olympia 2006 setzen.

 

 
MORGEN DONNERSTAG SOZIALAUSSCHUSS

Der Sozial- und Wohnungsausschuß der Landeshauptstadt Salzburg tagt morgen Donnerstag, 23. Mai 1996, um 8.30 Uhr im Kieselgebäude, St.-Julien-Straße 20, 4. Stock, Zimmer 410.

Die Tagesordnung wird den Redaktionen mit dem heutigen Informationsdienst übermittelt.

 

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