Stadt Salzburg startet Projekt „Menschenrechtsstadt“
Als erste österreichische Stadt hat die Stadt Salzburg auf Initiative der Plattform für Menschenrechte am 10. Dezember 2008 die „Europäische Charta für den Schutz der Menschenrechte in der Stadt“ unterzeichnet. „Der Auftrag der Charta für den Schutz der Menschenrechte ist es, in Stadtpolitik und –verwaltung sowie in der Bevölkerung und zivilgesellschaftlichen Organisationen unserer Stadt einen Denk- und Arbeitsprozess in Gang zu bringen. Ich erwarte mir zielführende Diskussionen über die Frage, wie die Umsetzung von Menschrechten in unserer Stadt aussehen und verbessert werden kann“, umreißt Bürgermeister Heinz Schaden zum Start des Projekts seine Erwartungen.
Nun startet gemeinsam mit der Plattform ein Projekt „Menschenrechtsstadt Salzburg“ für die Umsetzung der Selbstverpflichtungen, die Salzburg mit der Unterzeichnung der Charta eingegangen ist. Als Projektverantwortliche wurden von Seiten der Stadt die Integrationsbeauftragte, Mag.a Daiva Döring, sowie Dr. Josef Mautner von Seiten der Plattform benannt.
Das Projekt hat zwei Zielsetzungen:
• Erhebung der Menschenrechtssituation in der Stadt Salzburg
• Erarbeiten des Maßnahmenkatalogs zur Umsetzung der „Europäischen Charta für den Schutz der Menschenrechte in der Stadt“
Über die Arbeitsergebnisse soll auch in Zwischenschritten im Salzburger Stadtsenat berichtet werden. Die Erhebung der Situation sollte mit Ende des Jahres 2009 erfolgen. Ein Maßnahmenpaket mit kurz- und langfristigen Zielen zur Verbesserung der Menschenrechtslage wird Endergebnis sein, der in einem Amtsbericht 2010 zur Beschlussfassung der Politik vorgelegt wird.
Das Besondere am Projekt ist, dass er auf allen Ebenen paritätisch aus den VertreterInnen der Verwaltung und der Zivilgesellschaft zusammengesetzt ist. Für das Projekt werden vier Arbeitsgruppen eingerichtet. Die „Leitungs-Tandems“ der Arbeitsgruppen konnten wir mit sehr kompetenten Personen aus der Verwaltung und aus zivilgesellschaftlichen Organisationen besetzen:
Arbeitsgruppe "Politisch-bürgerliche Rechte": Mag.a Dagmar Stranzinger, Dipl.-Psych. Ursula Liebing
Arbeitsgruppe "Kulturelle Rechte": Mag.a Barbara Köstler-Schruf, Mag.a Anja Keglevic
Arbeitsgruppe "Wirtschaftlich-soziale Rechte": MSA Adolf Gusner, Mag. Robert Buggler
Arbeitsgruppe "Bildung und Menschenrechte": Mag.a Verena Leb, Dr. Ingo Bieringer
Die ArbeitsgruppenleiterInnen sind gerade dabei, die Zusammensetzung der Gruppen aus den relevanten VertreterInnen der Verwaltung, der zivilgesellschaftlichen Organisationen und Betroffenen zu bestimmen, um mit der inhaltlichen Arbeit zu beginnen. Dies erfolgt aufgrund von definierten Schwerpunkten für ihre Arbeit im Projekt:
• Politische und bürgerliche Rechte: Nachhaltigkeit der politischen Menschenrechtsarbeit; direkte/indirekte Diskriminierung;
• Soziale und wirtschaftliche Rechte: Gesundheit und Armutsgefährdung;
• Kulturelle Rechte: Kinder und Jugend in der Stadtteilarbeit
• Bildung und menschenrechte: Jugend und außerschulische Bildung
Übergreifende Fragestellungen wie Gender und Alter werden von allen Arbeitsgruppen berücksichtigt.
Daiva Döring: „Die Charta bietet eine nichtpolarisierende normative Grundlage für die Umsetzung sowohl der von der Stadt unterzeichneten Leitbilder als auch des Integrationskonzeptes. Denn die Menschenrechte sind alle Bevölkerungsgruppen verbindende Basis. Hier sollte die Menschenrechtsbildung ansetzen: Nur wer Menschenrechte kennt und versteht, kann sie achten und sich für sie einsetzen. Ich bin überzeugt, dass alle Mitbürger und Mitbürgerinnen der Stadt Salzburg von dem Projekt und der langfristigen Umsetzung der Charta profitieren werden.“
Die Plattform für Menschenrechte ist ein Netzwerk aus 28 Organisationen, Gruppen und Institutionen sowie zahlreichen Privatpersonen, das sich für die unbedingte und unteilbare Geltung der Menschenrechte in Salzburg – auch und gerade im gesellschaftlichen Alltag – einsetzt.
Wir betreiben schon seit April 2007 das Projekt „Menschenrechtsstadt Salzburg“. Am 2./3. Juli 2007 war eine Gruppe von Plattform-Mitgliedern in der Menschenrechtsstadt Nürnberg gewesen und hatte intensive Gespräche mit VertreterInnen der dortigen Menschenrechtsorganisationen geführt. Am 1./2. Juli 2008 war wieder ein Team in einer Menschenrechtsstadt zu Besuch: diesmal in Graz und führte Gespräche mit dem „European Trainings Center for Human Rights & Democracy (ETC)“ sowie mit VertreterInnen der Stadt Graz.
Das erste Ziel des Projektes haben wir mit der Unterzeichnung der „Europäischen Charta“ durch die Stadt am 10. Dezember 2008, dem 60. Jahrestag der Deklaration der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" erreicht, und an der sechsten „Europäischen Konferenz Städte für die Menschenrechte“, in der Salzburg nun Mitglied ist und die im Dezember 2008 in Genf stattfand, nahmen bereits Frau Döring und ich als VertreterInnen aus Salzburg teil. Jedoch die eigentliche Arbeit am Projekt beginnt erst jetzt: die Umsetzung der mit der Unterzeichnung der Charta eingegangenen Selbstverpflichtungen!
Ein wesentlicher Grund, warum wir als Plattform dieses Projekt initiiert haben und uns nun an der Umsetzung beteiligen, sind unsere Erfahrungen im „Monitoring für Menschenrechte“. Im Monitoring werden Einzelfalldokumentationen und Überblicksdokumentationen mit entsprechendem Hintergrundmaterial erstellt. Das Monitoring ermöglicht uns einen realistischen Einblick in die Situation jener Bevölkerungsgruppen, die vom Zugang zu Menschenrechten durch strukturelle Hürden oder durch Diskriminierung behindert wird. In den seit dem Jahr 2003 jährlich erscheinenden Salzburger Menschenrechtsberichten werden die Ergebnisse des Monitoring in Themenbeiträgen zusammengefasst. Neben den Schwerpunktgruppen Asylsuchende und MigrantInnen, die mit einer prekären Menschenrechtssituation konfrontiert sind, finden sich im Monitoring immer wieder Armutsbetroffene sowie Menschen, die aufgrund von Beeinträchtigungen oder aufgrund ihrer sexuellen Orientierung benachteiligt werden, unter den verletzlichsten Bevölkerungsgruppen, auf die sich die Maßnahmen unseres Projektes in besonderer Weise konzentrieren werden. Ich möchte nur zwei aktuelle Beispiele aus dem Monitoring herausgreifen: der Angriff auf das Grundrecht auf freie Religionsausübung, der durch den EU-Wahlkampfslogan der FPÖ „Abendland in Christenhand“ stattfand. Dieser Slogan war in der Stadt Salzburg ebenfalls massiv plakatiert, und die religiösen Institutionen, die in der Plattform zusammenarbeiten, haben in einer Pressekonferenz dagegen Stellung bezogen. Ein zweites Beispiel sind rassistische Äußerungen und Übergriffe gegen afrikanische MitbürgerInnen – im besonderen in Salzburger Lokalen, die immer wieder an uns herangetragen werden.

Josef Mautner von der Plattform für Menschenrechte und Bürgermeister Heinz Schaden bei der Projektspräsentation zur "Europäischen Charta für Menschenrechte in der Stadt"
Greifeneder, Johannes (20222)