Jedermanns Tod – Ein Kongress über das Leben am Ende

Ein Tabuthema ins Licht holen
09.07.2025
Von 27. bis 28. Oktober findet der Kongress "Jedermanns* Tod" statt
(v.l.n.r. Lisa Maria Jindra, Sozialstadträtin Andrea Brandner, Abteilungsvorstand für Soziales Patrick Pfeifenberger, St. Virgil Direktor Jakob Reichenberger)

Der Tod betrifft uns alle. Und doch ist er einer der letzten großen blinden Flecken unserer Gesellschaft. Wir begegnen ihm in Nachrichten und Serien, in Schlagzeilen und Filmen – oft dramatisiert, häufig anonymisiert, selten persönlich. Doch wenn der Tod dann tatsächlich eintritt – in unserem Umfeld, in unseren Familien, bei uns selbst – fehlen oft die Worte, das Wissen, die Rituale. Der Kongress „Jedermanns Tod“, veranstaltet von der Stadt Salzburg und St. Virgil Salzburg, am 27. und 28. Oktober 2025 in St. Virgil Salzburg, will das ändern.
Austausch, Mut und Menschlichkeit
Im Oktober 2025 wird Salzburg für zwei Tage zum Zentrum eines einzigartigen Austauschs im deutschsprachigen Raum. Über mehrere hundert Teilnehmer:innen und mehr als 40 Beiträge – darunter wissenschaftliche Vorträge, praxisnahe Workshops, Gesprächsformate, künstlerische Interventionen und ungewöhnliche Begegnungsräume – laden ein, sich auf vielfältige Weise mit dem Thema Sterben, Tod und Abschied auseinanderzusetzen.

„Als Kommune tragen wir Verantwortung für alle Lebensphasen – von der Geburt bis zum Lebensende. Es ist unsere Aufgabe, Räume zu schaffen, in denen Menschen nicht nur gut leben, sondern auch würdevoll sterben können. Mit dem Kongress ‚Jedermanns Tod‘ setzen wir ein Zeichen: Der Tod gehört in die Mitte der Gesellschaft – darüber zu reden ist nicht einfach, aber so wichtig“, sagt Sozialstadträtin Andrea Brandner.

„Sterben ist kein rein medizinischer Vorgang – es betrifft uns als Menschen in all unseren Facetten“, betont Mag. Patrick Pfeifenberger, Abteilungsvorstand Soziales der Stadt Salzburg. Diese Sichtweise prägt das gesamte Kongressprogramm, das einen multiperspektivischen Zugang zum Thema bietet.

„Wir möchten Mut machen – zur Auseinandersetzung, zum Gespräch, zum gemeinsamen Nachdenken“, sagt DIIFH Lisa Maria Jindra, Kuratorin und Studienleiterin von St. Virgil. Denn: „Die Auseinandersetzung mit dem Tod kann helfen, das Leben bewusster zu gestalten“, ergänzt Mag. Eva Spießberger, Leiterin des Teams Vielfalt der Stadt Salzburg.

„Jedermanns Tod“ fragt nach dem, was das Ende des Lebens ausmacht – individuell und gesellschaftlich. Es geht um medizinische Fragen rund um Palliative Care, um rechtliche Aspekte wie Testament oder Patientenverfügung, um spirituelle Begleitung, um Trauerprozesse, um das Abschiednehmen von geliebten Menschen – und ja, auch von Tieren. Es geht um historische Begräbniskultur genauso wie um die digitale Unsterblichkeit im Netz. Es geht um Pflege, um Ethik, um Verantwortung. Um das, was bleibt – und was wir brauchen, um loszulassen.

Vielfalt der Perspektiven

Dabei ist der Kongress bewusst multiperspektivisch angelegt: Menschen aus dem Gesundheitswesen treffen auf Soziologinnen, Hospizbegleiterinnen diskutieren mit Rechtswissenschaftlerinnen, Seelsorgerinnen begegnen Trauernden. „Was wir mit diesem Kongress schaffen wollen, ist ein multiperspektivischer Zugang zu einem Thema, das uns alle betrifft – aber viel zu oft verschwiegen wird“, so Mag. Jakob Reichenberger, Direktor von St. Virgil Salzburg.
Die Stadt Salzburg öffnet in diesem Monat auch außerhalb des Kongresszentrums Räume: in Kulturinstitutionen, Pflegeheimen, Schulen und auf öffentlichen Plätzen. „Sterben und Tod sind Teil der Daseinsvorsorge“, unterstreicht Stadträtin für Soziales und Vielfalt Andrea Brandner. Für sie ist klar: „St. Virgil ist der richtige Ort, wenn es ans Eingemachte geht. Hier gibt es Raum für Tiefe und Menschlichkeit.“
„Jedermanns Tod“ will aufrütteln – aber nicht belehren. Es soll ein Ort sein, an dem man sich vorsichtig herantasten kann, an dem Tabus besprochen, Ängste geteilt und Erfahrungen ausgetauscht werden dürfen. Denn wer sich dem Ende stellt, lernt oft auch das Leben neu kennen. Das zeigt auch das große Interesse im Vorfeld: „In unseren Workshops zur Vorbereitung wurden über 300 Themenvorschläge eingebracht – das zeigt, wie groß das Bedürfnis nach Austausch ist“, so Eva Spießberger, Leiterin Team Vielfalt der Stadt.
Dieser Kongress ist kein Ort der Endgültigkeit – sondern einer der Möglichkeiten. Möglichkeiten, dem Tod Worte zu geben, ihm einen Platz zuzuweisen. Und damit vielleicht auch dem Leben eine neue Tiefe.

Einladung zum Dialog über das Lebensende
Veranstalter: Stadt Salzburg & St. Virgil Salzburg
27. und 28. Oktober 2025, St. Virgil Salzburg

Hintergrund & Entstehung

Die Idee zum Kongress entstand in der Zusammenarbeit zwischen der Stadt Salzburg (Team Vielfalt) und St. Virgil Salzburg, einem renommierten Bildungs- und Dialogzentrum mit langjähriger Erfahrung in Palliative Care, Trauer- und Sterbebegleitung. Gemeinsam mit über 20 Organisationen wurde das Programm in Workshops co-kreativ entwickelt.

Ziele des Kongresses

  • Tabus brechen: Offener, angstfreier Umgang mit dem Tod ermöglichen
  • Bildung & Aufklärung: Wissen über Patient:innenverfügung, Vorsorge, Pflege, Trauerkultur vermitteln, u.v.m.
  • Vielfalt abbilden: Unterschiedliche Zugänge zu Tod und Sterben sichtbar machen
  • Dialog ermöglichen: Räume für Begegnung, Austausch und persönliche Reflexion schaffen

Programmhighlights (Auswahl)

  • Vortrag: „Vom Ende der Endlichkeit. Trauer in Zeiten der Digitalisierung“
  • Dialogforum: „Wenn das Haustier stirbt – Trauerarbeit in tiernahen Beziehungen“ 
  • Workshop: „Wenn Kinder und Jugendliche dem Tod begegnen“
  • Dialogformat: „Zwischen gutem Sterben und einer entsetzlich ausweglosen Situation“- Podium: „Sterben in einer pluralen Gesellschaft – interkulturelle Zugänge“
  • Blitzgespräche mit Expert:innen: „Sterben zwischen Schicksal und Entscheidung – Die gesellschaftliche Herausforderung von Natürlichkeit, Gewalt und Selbstbestimmung“
  • Kulturelle Begegnung: „Der Tod: die natürlichste und sicherste Sache der Welt
  • Speed Dating mit dem Tod: „Was ich dem Tod schon immer sagen wollte…“
  • Historische Begegnung: „Der Tod in Salzburg – eine historische Spurensuche“
  • Abendveranstaltung: „überleben – Morbider Charme trifft offene Gespräche“
  • Ausstellungs- und Informationsbereiche: „Sterben für Anfänger“

Hendrik Stoltenberg, MA