Radstrategie 2030+ & mehrjähriges Radnetzausbauprogramm
Stadt Salzburg setzt auf sichere Wege und mehr Alltagsradverkehr
V.l.n.r.: Bürgermeister-Stellvertreter Kay-Michael Dankl, Planungsstadträtin Anna Schiester und Samuel Felbermair, Koordinator für Aktive Mobilität, haben für die kommenden Jahre viele Verbesserungen für den Radverkehr geplant.
Die Stadt Salzburg stellt die Weichen für die nächste Ausbaustufe als Fahrradstadt. Mit der neuen Radstrategie 2030+ und einem mehrjährigen Radnetzausbauprogramm soll der Anteil der Radfahrten bis 2030 auf 30 Prozent steigen. Heute liegt er bereits bei fast 24 Prozent – ein Plus von rund vier Prozentpunkten gegenüber dem früheren Wert von 20 Prozent.
Im Mittelpunkt stehen drei Ziele: sichere Wege für alle, mehr täglicher Radverkehr und konkrete Bauprojekte, die das Radfahren im Alltag spürbar einfacher machen – vom Schulweg bis zur Fahrt in die Arbeit oder zum Einkauf.
Ausgangslage: gutes Netz, aber noch Lücken
Salzburg verfügt heute über rund 187 Kilometer ausgebaute Radinfrastruktur. Seit 2019 wurden mit dem bisherigen Maßnahmenkatalog 25 große Projekte aus dem Radhauptroutennetz umgesetzt, dazu kamen 48 weitere Radbaumaßnahmen – von neuen Geh- und Radwegen über Belagserneuerungen bis zu Fahrradstraßen und Entschärfungen von Unfallhäufungsstellen. Dazu zählen etwa der Ausbau an der Münchner Bundesstraße, an der Reichenhaller Straße und an der Alpenstraße, neue Verbindungen im Schulumfeld sowie Verbesserungen entlang der Glan und an zentralen Achsen im Stadtgebiet.
Die Umsetzung dieser Projekte war in den vergangenen Jahren nicht immer einfach: Pandemie, Fachkräftemangel, aufwendige naturschutz- und wasserrechtliche Verfahren sowie langwierige Grundverhandlungen haben einzelne Vorhaben verzögert oder verteuert. Dennoch konnten zahlreiche zentrale Strecken deutlich verbessert und gleichzeitig ein umfangreicher Projektvorrat aufgebaut werden, auf den das neue Programm nun aufsetzt.
Trotz aller Fortschritte zeigen Rückmeldungen aus der Bevölkerung, Unfallauswertungen und eine aktuelle Zustandsaufnahme des gesamten Wegenetzes: Es gibt weiterhin Engstellen, Lücken und Abschnitte, die als unsicher oder unübersichtlich wahrgenommen werden – insbesondere an stark befahrenen Straßen, Kreuzungen und Brücken. Genau hier setzt die neue Radstrategie 2030+ an.
Mehrjähriges Bauprogramm mit 200 Projekten bis 2030+
Das Straßen- und Brückenamt der Stadt Salzburg hat einen Katalog mit rund 200 Radwegbaumaßnahmen für den Zeitraum 2026 bis 2030 erarbeitet, der dem Gemeinderat am 10. Dezember zur Beschlussfassung vorgelegt wird. Das Programm löst den alten Maßnahmenkatalog von 2019 ab, der sich auf Hauptrouten beschränkte, und umfasst nun das gesamte Radwegenetz im Stadtgebiet. Projekte, die noch nicht umgesetzt wurden, sind neu bewertet und wo erforderlich angepasst worden. Neu sind 52 zusätzliche Maßnahmen. „Unser Schwerpunkt liegt darauf, Gefahrenstellen zu entschärfen, Lücken zu schließen und Radwege so zu verbessern, dass auch Familien mit Kindern und ältere Menschen mit einem sicheren Gefühl durch die Stadt radeln können“, sagt Bürgermeister-Stellvertreter Kay-Michael Dankl.
Für die Planung greift die Stadt auf eine breite Datenbasis zurück: 716 Meldungen aus dem VCÖ-Check „Problemstellen beim Radfahren“ aus dem Jahr 2025, Hinweise über „Salzburg Direkt“, Unfallstatistiken sowie eine flächendeckende Mobile-Mapping-Befahrung aller Straßen, Wege und Radanlagen im Sommer 2025. Daraus entsteht ein detailliertes Bild, wo der größte Verbesserungsbedarf besteht – etwa bei Kreuzungen, Engstellen, unübersichtlichen Abschnitten oder fehlenden Verbindungen.
Im Fokus stehen Lückenschlüsse, Alternativrouten, Verbreiterungen bestehender Wege, sichere Querungen sowie die bessere Anbindung an Umlandgemeinden. Dazu kommen Querschnittsthemen wie die Weiterführung der Markierungsoffensive, eine einheitliche Radwegweisung im gesamten Stadtgebiet, zusätzliche Beleuchtung, Beschattung und Entsiegelungen zur Verbesserung des Mikroklimas sowie das Beseitigen von Kanten und Barrieren – auch mit Blick auf Barrierefreiheit und Winterdienst.
Auf Basis der Maßnahmentabelle 2025 bis 2030+ umfasst der Katalog rund 200 Einzelprojekte im Stadtgebiet – vom neuen Geh- und Radweg über Umbauten an Kreuzungen bis zu Brücken und Unterführungen.
In welcher Reihenfolge die Projekte umgesetzt werden, entscheidet ein gewichteter Priorisierungsschlüssel. Am stärksten zählen Verkehrssicherheit, die gemeldeten Problemstellen, die Ergebnisse der Zustandsbewertung, Synergien mit anderen Bauvorhaben, die Netzrelevanz und eine Kosten-Nutzen-Abwägung. So soll sichergestellt werden, dass die Maßnahmen möglichst rasch spürbare Verbesserungen für viele Menschen bringen und die vorhandenen Personal- und Budgetmittel wirksam eingesetzt werden.
Nächste große Projekte: spürbare Veränderungen auf zentralen Achsen
Die nächsten Jahre wird die Radinfrastruktur an vielen Stellen im Stadtgebiet verbessert:
- Die Gefahrenstelle Gaswerkgasse in Lehen wird entschärft. Das Straßen- und Brückenamt prüft derzeit verschiedene Varianten, darunter die Errichtung einer Brücke über die Straße.
- Entlang der Salzach sollen die bestehenden Wege aufgrund der hohen Radverkehrsbelastung zu Radschnellverbindungen ausgebaut werden. Im Zuge des Hochwasserschutzprojekts „Salzachplan“ sind verbreiterte Unterführungen bei Staats- und Nonntaler Brücke sowie beim Mozartsteg, breitere Wege auf den unteren Uferwegen direkt an der Salzach und klar getrennte Bereiche für das Zufußgehen und Radfahren vorgesehen. Damit werden Konflikte entschärft und die Hauptroute entlang der Salzach für den stark wachsenden Radverkehr zukunftstauglich gemacht.
- An der Innsbrucker Bundesstraße und der Siezenheimer Straße werden mehrere Maßnahmenpakete vorbereitet – von Mehrzweckstreifen und baulich getrennten Geh- und Radwegen bis zu verbesserten Kreuzungen im Bereich Trautmannstraße, Aiglhof und Richtung Wals-Siezenheim. Ziel ist eine durchgängige, sichere Verbindung in den Westen der Stadt und zu wichtigen Arbeitsplätzen.
- Gemeinsam mit dem Regionalverband Salzburg Stadt, den Umgebungsgemeinden und dem Land Salzburg wurden darüber hinaus 19 gemeindeübergreifende Projekte angedacht – etwa eine neue Saalach-Brücke für den Rad- und Fußverkehr Richtung Freilassing, der Ausbau der Ischlerbahntrasse nach Elixhausen und Hallwang, die Sanierung der Alten Mattseer Straße sowie weitere Lückenschlüsse an Landesradrouten. 14 dieser 19 Projekte liegen ganz oder teilweise auf dem Stadtgebiet Salzburgs – ein klares Signal für die Bedeutung der Stadt als Knoten im regionalen Radnetz.
Finanzierung: Stadtbudget mit hoher Hebelwirkung
Für den Radwegebau stehen der Stadt Salzburg derzeit jährlich rund 4 Millionen Euro im Budget zur Verfügung. Damit werden laufende Projekte und ein großer Teil des Radnetzausbauprogramms finanziert. Für besonders große Vorhaben – etwa Brücken, Unterführungen oder umfangreiche Maßnahmen entlang der Salzach – sind zusätzlich Sonderfinanzierungen vorgesehen.
Ein wesentlicher Hebel sind Fördermittel von Bund und Land: Über das Programm „klimaaktiv mobil – mehrjährige Radnetzausbauprogramme inkl. Radschnellverbindungen“ können bis zu 50 Prozent der förderfähigen Kosten übernommen werden. Der Basisfördersatz liegt bei 40 Prozent, mit Zuschlägen etwa für gute ÖV-Anbindung und begleitende Bewusstseinsbildung.
Einigung für Radwege auf Landesstraßen
Aufbauend auf der politischen Einigung zwischen Stadt und Land, einen höheren Beitrag zum Bau von Radwegen auf Landesstraßen im Stadtgebiet zu leisten als in den letzten zwanzig Jahren, hat die Bauabteilung eine rechtlich durchführbare Form der Abwicklung gefunden. „Die Stadt bekennt sich zu einem 50:50-Schlüssel bei der Finanzierung neuer Radwege auf Landesstraßen, abgeleitet von zusätzlichen Qualitäten bei den Projekten, wie zum Beispiel breitere Fahrbahnen, verbesserte Sicherheit und eine schnellere Umsetzung“, sagt Dankl: „Wenn der Gemeinderat am 10. Dezember diesen Amtsbericht beschließt, ist ein jahrelanger Disput zwischen Stadt und Land gelöst. Dann geht es an die konkrete Planung und Umsetzung. Gerade bei den Unfallschwerpunkten und Gefahrenstellen konzentriert sich viel auf die Landesstraßen. Hier gilt es schnell zu handeln.“
Radstrategie 2030+: ressortübergreifende Zusammenarbeit
Ergänzend zum Maßnahmenkatalog und dem Radhauptnetz – also dem mehrjährigen Radnetzausbauprogramm, das jetzt politisch beschlossen werden soll – wird 2026 die umfassende Radstrategie 2030+ vorgelegt. Dieser strategische Rahmen entsteht aktuell in enger Abstimmung zwischen den politischen Ressorts Dankl und Schiester und wird 2026 finalisiert.
Denn um den Radverkehrsanteil tatsächlich auf 30 Prozent zu steigern, reichen bauliche Maßnahmen allein nicht aus. Die Radstrategie bündelt all jene Themen, die darüber hinausgehen: von der Verkehrssicherheit über Bewusstseinsbildung und Kommunikation bis hin zu Beteiligungsprozessen und neuen organisatorischen Strukturen in der Verwaltung.
„Salzburg hat Sommer wie Winter enormes Potenzial, eine echte Fahrradstadt zu werden. Mit der Radstrategie wollen wir 2026 – gemeinsam mit dem Mobilitätsplan – festlegen, wie wir dieses Potenzial neben Leuchtturmprojekten und baulichen Maßnahmen heben: mit der Möglichkeit zur Beteiligung, Kommunikation und einer Neugestaltung des öffentlichen Raums, die allen zugutekommt. Wenn Menschen sehen, dass ihre Rückmeldungen gehört werden und Plätze, Wege und Straßen dadurch besser werden, entsteht Schritt für Schritt ein Salzburg, in dem Radfahren selbstverständlich wird“, betont Planungsstadträtin Anna Schiester.
Im Mittelpunkt steht ein ganzheitlicher Ansatz: Die Radstrategie beschreibt, wie Salzburg ein sicheres, durchgängiges und alltagstaugliches Radverkehrssystem schaffen kann – und welche Voraussetzungen es dafür braucht. Dazu gehören klarere Zuständigkeiten in der Verwaltung, eine engere Zusammenarbeit mit Polizei, Behörde und Umlandgemeinden, Maßnahmen zur Entschärfung von Engstellen und Kreuzungen, der Ausbau von Lückenschlüssen, Alternativrouten und Verbreiterungen sowie der Schwerpunkt auf objektiver und subjektiver Sicherheit – damit sich Kinder, ältere Menschen und wenig geübte Radfahrer:innen im Straßenraum wohlfühlen. Ebenso wichtig ist eine noch bessere Verzahnung mit dem öffentlichen Verkehr: Bike-&-Ride-Anlagen und sichere Abstellplätze erleichtern die Kombination aus Rad und Öffis, insbesondere für Pendler:innen.
Mobilitätsagentur als zentraler Baustein
Ein zentraler Baustein der Radstrategie soll eine Mobilitätsagentur sein, die – orientiert am erfolgreichen Wiener Modell – Schritt für Schritt aufgebaut wird. Sie soll künftig jene Aufgaben bündeln, die für die Zielerreichung entscheidend sind: Verkehrssicherheitskampagnen, Bewusstseinsbildung, professionelle Kommunikation, die Förderung einer starken Fahrradkultur, Beteiligungsprozesse bei Mobilitätsthemen aller Art, Unterstützung für Polizei und Behörde bei sicherheitsrelevanten Themen sowie die Koordination von Initiativen rund um das alltägliche Radfahren. Mit dieser Agentur kann die Stadt eine Struktur schaffen, die Radverkehrsthemen professionell, dauerhaft und aus einem Guss vorantreibt – ein wesentlicher Faktor, um die 30 Prozent Radanteil zu erreichen.
Gerade im Bereich Verkehrssicherheit soll die Radstrategie direkt an die Ziele anschließen, die der Planungsausschuss am Donnerstag für den Mobilitätsplan 2040 beschlossen hat. Diese Ziele sehen unter anderem vor, bis 2030 das Ziel „Null Verkehrstote“ zu erreichen – ein klarer Auftrag, alle Verkehrsarten deutlich sicherer zu machen.
Ein weiterer Schwerpunkt der Radstrategie liegt auf Mobilitätsbildung und niederschwelligen Angeboten für alle Altersgruppen: sichere Schulwege, Programme für Schulen und Familien, Radfahrkurse – etwa für Frauen oder Wiedereinsteiger:innen – und Initiativen, die Radfahren im Alltag leichter und selbstverständlicher machen.
Bewährte Formate werden fortgesetzt
Natürlich setzt die Stadt weiterhin auf bewährte und beliebte Formate wie den Radfrühling, die Mobilitätswoche, Radservice-Tage, Schulprojekte und Kooperationen mit den Umlandgemeinden, um Bewusstsein zu schaffen und möglichst viele Menschen zum Umstieg zu motivieren. Diese Maßnahmen stärken nicht nur die Fahrradkultur, sondern sind auch wichtig zur Erfüllung von Fördervoraussetzungen.
Auch wichtig: Der Ausbau neuer und verbesserter Serviceangebote – von sicheren Abstellanlagen über Reparatur- und Servicestationen bis hin zu Ladepunkten entlang der Hauptrouten. Die Radstrategie wird auch eine laufende Evaluierung vorsehen – Unfallanalysen, Zustandsbewertungen und Fortschrittsmessungen sollen künftig regelmäßig zusammengeführt werden, um Maßnahmen zielgerichtet weiterzuentwickeln.
Wesentlich sind auch Sharing-Angebote: Bekanntlich starten Stadt, Land und SVV 2026 das neue Radverleihsystem S-Bike, das als ergänzendes Angebot die Alltagstauglichkeit und Reichweite des Radverkehrs deutlich verbessern wird.
Die Radstrategie wird 2026 bewusst als Teil der Maßnahmen für den Mobilitätsplan 2040 – also das Gesamtverkehrskonzept der Stadt – vorgelegt. Sie zeigt, wie Infrastruktur, Sicherheit, Kommunikation, Bewusstseinsbildung und Verwaltungsstrukturen ineinandergreifen müssen, damit Radfahren für alle Menschen in Salzburg sicher, attraktiv und selbstverständlich wird.
Koordinator für Aktive Mobilität
Die Wiedereinführung einer Radverkehrskoordination ist eine wichtige personelle Verstärkung für den Radverkehr in der Stadt Salzburg. Das Aufgabengebiet der Koordination für Aktive Mobilität ist bewusst breiter angelegt und umfasst neben dem Radverkehr auch den Fußverkehr. Im Rahmen der Radstrategie wird derzeit gemeinsam mit den zuständigen Ämtern und Ressorts festgelegt, wie diese Funktion organisatorisch verankert wird und wie die vorhandenen Ressourcen möglichst effizient eingesetzt werden können – mit dem gemeinsamen Ziel, den Radverkehr und den Fußverkehr nachhaltig zu stärken.
Wie gut die Zusammenarbeit der städtischen Dienststellen bereits funktioniert, zeigen der nun vorliegende Maßnahmenbericht des Straßen- und Brückenamts, die fachliche Vorarbeit zur Radstrategie 2030+ in der Verkehrsplanung sowie die gemeinsame tatkräftige Arbeit zur Einführung des S-Bike.
Tobias Neugebauer