Weltweit einzigartig: Auffrischung der Gämsenpopulation auf dem Salzburger Kapuzinerberg durch deutschstämmige Junggams

Bgm. Preuner: Kolonie mit rund einem Dutzend Tieren muss gehegt und gepflegt werden
22.03.2022
Scheues Tier:
Gams "Miriam" wurde Dienstag ausgewildert.

Mitten in der Stadt Salzburg beheimatet, sind sie weltweit einzigartig: die rund ein Dutzend Gämsen auf dem Kapuzinerberg. Zur Blutauffrischung der kleinen, komplett abgeschotteten Population wurde Dienstagnachmittag, 22. März 2022, eine weibliche Gams aus einem provisorischen Gehege am Berg in die Freiheit entlassen. Recht kurzfristig, weil sie’s in der beengenden Umzäunung nach wenigen Tagen schon nicht mehr ausgehalten hatte.

Bürgermeister Harald Preuner sagt: „Ich freu‘ mich riesig, dass wir durch das Tier, das ursprünglich aus dem Zoo Karlsruhe stammt, einen dringend nötigen genetischen Neuzugang verbuchen können. Die Gams wurde mit einem Sender ausgestattet. Der ermöglicht herauszufinden, wo sich das Tier wie lange aufhält, also ein Bewegungsprofil samt wissenschaftlichen Analysen dazu zu erstellen.“

Ohrmarken vom Max-Planck-Institut

Landesveterinärdirektor Josef Schöchl dankt in diesem Zusammenhang der Max-Planck-Gesellschaft von Radolfzell bei Konstanz in Deutschland: „Professor Martin Wikelski vom Institut für Verhaltensbiologie hat uns zwei Solar-Ohrmarken zur Verfügung gestellt. Er ist international eine Koryphäe und erforscht global Tierwanderungen – um diese Tiere dann weltweit zu schützen.“

Seit Juni 2021 hatte Miriam Wiesner, Tierärztin des Zoos Salzburg, die junge Gams schon in ihrer Obhut, sie für die Auswilderung vorbereitet und nun zur Verfügung gestellt. Wiesner war es auch, die die Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut eingefädelt hat: „Unsere Gams ist nun ein Jahr und zehn Monate alt und wiegt 21 Kilo. Letzten Donnerstag haben wir sie aus ihrem Gehege im Zoo Salzburg auf den Berg bringen können. Das war gar nicht so einfach, weil die Tiere sehr schlau sind und den Tierarzt erkennen. Ich konnte sie aber schließlich aus zehn Metern Entfernung mit dem Blasrohr betäuben, gegen Parasiten behandeln und zum Auswilderungsgehege liefern lassen.“

Gamskitz im Mai möglich

Wiesner freut sich, dass die Gams Solar-Ohrmarken erhalten hat. „Sie ist aktuell die einzige Gämse, die derart hochmodern ausgestattet ist.“ Weitere Vorteile der Ohrmarken: Diese seien klein, leicht und das recht aktive Tier könne damit nirgends hängen bleiben.

„Gämsen sind mit ca. drei Jahren geschlechtsreif. Das heißt, sie ist jetzt kurz davor. Vielleicht geht es sich mit der Brunft im November schon aus. Dann könnten wir im Mai kommenden Jahres schon ein Gamskitz erwarten“, so die Fachfrau. Das Tier könne im Übrigen bis zu 20 Jahre alt werden. Im Zoo hätten jedenfalls schon optimale Bedingungen für seine Eingewöhnung geherrscht.

Gehegt und gepflegt werden die Gämsen freilich mit ganz viel Liebe und Sorgfalt auch auf dem Kapuzinerberg. Josef Brawisch, Gerhard Wörndl und Christian Neureiter vom Magistrat betreuen als Stadtjäger und –förster die Kolonie, die klarerweise nicht bejagt wird. Gemeinsam mit dem Land und dem Zoo werde die Stadt Salzburg weiterhin dafür Sorge tragen, dass ein gesunder Gamswildbestand auf dem Stadtberg beheimatet ist.

Gämsen werden versorgt

Josef Brawisch erklärt dazu: „Zwei- bis dreimal pro Woche fahren wir rauf und kümmern uns um sie. Die Gämsen werden mit Heu und Laub versorgt. Im Winter gibt‘s zusätzlich eine Getreidemischung zur Fütterung.“ Und Gerhard Wörndl ergänzt: „Die Gämsen sind einfach etwas ganz Besonderes. Und uns daher ein echtes Herzensanliegen.“ Neben den Gämsen auf dem Kapuzinerberg gibt‘s in den Stadtwäldern Rehe, Dachse, Füchse, Marder und Eichhörnchen. Auch Uhus, Bussarde und weiteres Vogelwild finden hier einen guten Lebensraum vor.

„Besonders wichtig ist der Stadtwald als Erholungsraum für die Bevölkerung und als echte Attraktion für unsere Gäste, wenn man etwa an den Mönchsberg und den Kapuzinerberg denkt“, sagt Brawisch. Es sei ihm eine Ehre darauf zu achten, dass diese Erholungsräume auch für die nächsten Generationen gesichert werden. In der Stadt Salzburg sind rund 1.100 Hektar der Fläche bewaldet. Etwa 200 Hektar davon gehören der Stadtgemeinde, 900 Hektar sind in Privatbesitz.

Karl Schupfer