Stadt Salzburg macht Asylberechtigte fit für Arbeitsmarkt

18.06.2015

„Es ist ein Trauerspiel wie derzeit vom Bund mit den Flüchtlingen in unserem Land umgegangen wird. Während des Asylverfahrens gibt es nur zwei bis drei Stunden Deutsch-Unterricht pro Woche – viel zu wenig! Haben sie dann den Berechtigten-Status und werden nach spätestens vier Monaten aus der Grundversorgung entlassen, stehen sie unvermittelt und gleichsam noch sprachlos auf der Straße bzw. bei uns am Sozialamt. So kann’s nicht weitergehen“, sagte Sozial-Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer bei einem Pressegespräch am Donnerstag, 18. Juni 2015.

Hier springe nun die Stadt Salzburg in die Bresche: „Andere reden nur, wir handeln. Ich habe mit Bürgermeister Heinz Schaden vereinbart, dass wir – obwohl nicht zuständig! –95.000 € für gezielte Sprachkurse für Asylberechtigte zur Verfügung stellen. Aktuell sind es rund 1.440 in Salzburg, über 1.116 davon in der Landeshauptstadt. Unser Ziel ist, dass innerhalb eine Jahres mindestens 500 jenes Deutsch-Niveau erreichen, das Voraussetzung ist, um sie über das AMS in den Arbeitsmarkt integrieren zu können“, so Hagenauer.

Die Vizebürgermeisterin hat als ehemalige Lehrerin selbst mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Vermittlung der deutschen Sprache. Und sie hat viele persönliche Gespräche mit Flüchtlingen geführt. Hagenauer: „Die Leute wollen arbeiten. Ohne Deutsch sind sie aber ans Nichtstun gefesselt. Kurse können sie sich nicht leisten. Wir holen sie da aus einem Teufelskreis heraus.“

Deutsch-Basisniveau in zwei Monaten

Die Stadt arbeitet dabei eng mit der Volkshochschule zusammen. Nicole Slupetzky, stellvertretende VHS-Direktorin, erklärt: „Bereits am 13. Juli werden die ersten beiden Deutschkurs für je 30 Personen gestartet. Die Zuweisung erfolgt durch das Sozialamt. Mit 20 Wochenstunden ist innerhalb von zwei Monaten der Abschluss des Basisniveaus A1 mit einem Grundwortschatz von 500 deutschen Wörtern gut erreichbar. Die Prüfung erfolgt nach den international anerkannten ÖSD-Richtlinien (Österreichisches Sprachdiplom). Schön ist, dass wir damit den Menschen wieder eine Perspektive geben können. In den letzten Wochen mussten wir viele Motivierte abweisen, weil es keine Finanzierungsmöglichkeiten mehr gegeben hat. Die Stadt hat darauf schnell und unbürokratisch reagiert.“

Und Dagmar Steiner vom Sozialamt ergänzt: „Wir setzen bewusst auf Kurse, die sowohl vormittags als auch nachmittags angeboten werden. Da ist dann keine Kinderbetreuung extra nötig, weil sich’s die Eltern einteilen können. Die Bücher sind selbst zu bezahlen. Und es gilt 80 % Anwesenheitspflicht. Wird diese nicht eingehalten, kann die Mindestsicherung gekürzt werden.“

Stichwort Mindestsicherung: Die Berechnungsgrundlage beträgt derzeit 827,82 € pro Erwachsenem, mehr als die Hälfte davon kommt aus dem Stadtsäckel. Ein Deutsch-Kurs in ähnlicher Qualität wie nun von der Stadt angeboten kostet Asylwerber auf dem freien Markt 500 €, ist also nicht leistbar.

Arbeit statt Abhängigkeit

Hagenauer: „Wenn wir da jetzt einmalig 180 € drauflegen, dann ist es das wert. Denn wir wollen die oft gut ausgebildeten Menschen mit den Deutschkursen ja rasch in den Arbeitsmarkt bringen. Und damit weg aus der Abhängigkeit, hinein in die Selbstgestaltung ihres Lebens. Fachleute und Spitzenkräfte werden schnell Arbeit finden. Auch im Dienstleistungssektor und im Tourismus schaut’s nicht so schlecht aus.“

Bestes Beispiel einer gelungenen Integration in den Arbeitsmarkt ist der 21-jährige Feysal Usman. Der Somalier floh als Jugendlicher vor kriegsähnlichen Zuständen nach Salzburg. Er lernte mit viel Unterstützung Deutsch, begann eine Lehre beim Handelsriesen Spar, brach sie aus persönlichen Gründen ab, durfte dann aber weitermachen. Mittlerweile ist er fix angestellt und zuständig für die Obst- und Gemüseabteilung des Interspar im Europark. Usman ist verheiratet und hat einen Sohn. Er sagt: „Ich hatte mit Deutsch viele Probleme, habe aber gekämpft und mit Unterstützung von Spar in der Berufsschule Obertrum, mit Hilfe von Arbeitskollegen, Freunden und einem Kurs am BFI die Prüfung schließlich geschafft.“

Zweite Schiene: Deutsch-Übungen für alle

Damit das Deutschlernen auch anderen noch leichter fällt, initiiert die Stadt neben den durch das Sozialamt zugewiesenen VHS-Kursen eine zweite Schiene: Gemeinsam mit dem Land und der Diakonie wird ein Deutschkurs-Netzwerk aufgebaut, dessen Angebote mehr der Sprachübung dienen sollen. Jede und jeder kann sie kostenlos besuchen. Dabei geht es neben der Deutschvermittlung auch um die Auseinandersetzung mit gängigen Verhaltensregeln in Österreich, um die Erläuterung von Behördengängen, um Verkehrsmittel und viel Lebenspraktisches. Ein Pool von freiwilligen Lehrerinnen und Lehrern hat sich dafür zur Verfügung gestellt. Sie werden von der Volkshochschule speziell geschult.

Karl Schupfer