Quelle: Grafische Gestaltung: Kreativbüro Zenz, © by Stadtgemeinde Salzburg

Alice Brandl 1879–1950

Bucklreuthstraße 3/II · Wohnhaus der Direktorin der Mädchenvolks- und -bürgerschule in der Griesgasse, sie war eine der ersten Gemeinderätinnen der Stadt Salzburg
Alice Brandl
Porträtfoto

Die Lehrerin Alice Brandl zog 1919 als eine der ersten Politikerinnen für die Sozialdemokratische Arbeiterpartei in den Salzburger Gemeinderat ein. Bis zu dessen Aufhebung durch die autoritäre Verfassung im Jahr 1934 war sie in Salzburg die am längsten amtierende Gemeinderätin der Ersten Republik.

"Die Tätigkeit der Jugendfürsorge ist keine Arbeit, die einen Selbstzweck verfolgt. Sie ist getragen vom Gedanken der Verantwortung für die körperliche und geistige Entwicklung der Jugend."
Salzburger Wacht, 3. Februar 1931, S. 6

Alice Brandl wurde 1879 in Salzburg geboren und erwarb sowohl die Lehrbefähigung für Volksschulen als auch für Bürgerschulen. Sie  Unterrichtete an mehreren Salzburger Schulen und war von 1922 bis 1938 Direktorin der Mädchenvolks- und bürgerschule in der Griesgasse.

Die Themen, für die sie sich als Politikerin engagierte, hingen eng mit ihrem Beruf als Lehrerin zusammen, geschickt nutzte sie die Synergien, die sich daraus ergaben. Darunter fielen etwa die Einrichtung eines Horts für Schulkinder, die Beschaffung von Lehrmitteln und Handarbeitsmaterialien oder die Unterstützung von Kindern mittelloser Eltern. 
1924 ließ sie sich beurlauben, um auf Einladung des US-amerikanischen „Commonwealth Funds“ einen viermonatigen Lehrgang für Gesundheitswesen mit Schwerpunkt Jugend am Teacher‘s College der Columbia University in New York zu besuchen. Sie bereiste Musterfürsorgestellen der Vereinigten Staaten und war von der „intensiven Zusammenarbeit zwischen Arzt, Lehrer, Fürsorgerin, Eltern und Kind“ beeindruckt. Zum Abschluss ihres Aufenthalts besuchte Alice Brandl, die evangelischer Religionszugehörigkeit war, die Siedlungen der Emigrant:innen in Georgia, deren Vorfahren bei der großen Protestantenausweisung 1731/32 Salzburg verlassen hatten müssen.

Nach ihrer Rückkehr nach Salzburg setzte sie einige aus den USA mitgebrachte Methoden und Erkenntnisse an „ihrer Schule“ um wie zum Beispiel ärztliche Untersuchungen der Schülerinnen, Gesundheitserziehung, vermehrter Turnunterricht oder die Schulmilch. Noch im Alter von 51 Jahren absolvierte Alice Brandl einen Anfängerschikurs, um den neuesten sportlichen Trend an ihre Schülerinnen weitergeben zu können.

Nach dem „Anschluss“ Österreichs an NS-Deutschland 1938 wurde sie pensioniert, unterrichtete aber noch während des Zweiten Weltkriegs einige Jahre als Aushilfslehrerin für Englisch. Alice Brandl starb 1950 in Salzburg.

S p u r e n s u c h e

Werke
Alice Brandl, Ein Besuch in Ebenezer, der ersten Siedlung der Salzburger Emigranten in Georgia, USA, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 66 (1926), S. 159–168.
Alice Brandl, Der Weg zur Gesundheit. Anleitung zur Erziehung guter Gesundheits- und Lebensgewohnheiten in Schule und Haus, Wien 1928.

Erinnerung
Alice Brandl wurde 1950 in einem Ehrengrab der Stadt Salzburg am Salzburger Kommunalfriedhof beigesetzt, das 2005 nicht mehr verlängert wurde.

Literatur
Lotte Hausner-Sieberer, Alice Brandl (1879–1950). Zur Geschichte einer bedeutenden Salzburgerin, in: Salzburg Archiv 14 (1992), S. 261–270.
Sabine Veits-Falk, Die ersten Frauen im Gemeinderat der Stadt Salzburg: Unkonventionell, still oder angepasst?, in: Salzburg Archiv 30 (2005), S. 261–279.