Auch Krankheit hat ein Geschlecht …
Auch Gesundheit und Krankheit haben ein Geschlecht. Auf diese gar nicht so kleinen Unterschiede wird in der Praxis immer noch zu wenig eingegangen. Der Grund: Frauen weisen keine „männertypischen“ Symptome auf. Frauen reagieren auch anders auf Medikamente – die jedoch meist an jungen Männern erprobt werden. Umgekehrt sind es zu 85 Prozent die Frauen, die im Gesundheitswesen und in der Pflege den Betrieb oder das Familiensystem aufrecht erhalten. An die Spitze wiederum schaffen es überwiegend die „Götter in Weiß“.
Der Internationale Frauentag 2012 steht daher im Zeichen von Gender in Medizin und Pflege. In Erinnerung an Irma von Troll-Borostyani, der qualifizierte Ausbildung von Frauen ein Anliegen war, wird der heurige Frauentagspreis als Forschungsstipendium vergeben. Ausgezeichnet werden mit je € 3.000,- zwei Forschungsarbeiten aus dem Bereich der Medizin und der Pflegewissenschaft, die konsequent einen genderspezifischen Forschungsfokus verfolgen.
Die Jury bestand aus Eva Rohde (Universitätsprofessorin an der Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität - PMU), Uta Hoppe (Universitätsprofessorin an der Universitätsklinik für Innere Medizin II der PMU), Edeltraud Berger (wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Pflegewissenschaft der PMU), Aline Halhuber-Ahlmann (Frauengesundheitszentrum ISIS) und den Frauenbeauftragten von Stadt und Land Salzburg Dagmar Stranzinger und Romana Rotschopf.
Rund um die Preisverleihung gibt es ein spannendes Veranstaltungsprogramm, das gemeinsam mit den KooperationspartnerInnen Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU), Frauengesundheitszentrum ISIS, ÄrztInnenkammer Salzburg und Österreichischer Gesundheits- und Krankenpflegeverband durchgeführt wird.
Die Preisträgerinnen 2012
Preis des Landes Salzburg: Medizin: Mag.a Sigrid Panisch: Eine gendersensible Analyse des österreichischen Disease-Management-Programms „Therapie Aktiv“ für Diabetes mellitus Typ 2
Preis der Stadt Salzburg: Pflege: Christina Hofer: Pflegerische Präventionsmaßnahmen in Bezug auf genderspezifische Symptome am Beispiel eines Myokardinfarktes
Beide Forschungskonzepte sind innovativ und richten den Blick auf die unterschiedlichen Voraussetzungen für erfolgreiche Behandlung und Pflege von Männern und Frauen in zwei sehr verbreiteten Krankheitsfeldern. Zum einen geht es um Diabetes, zum anderen um Herzinfarkt.
Zur Preisträgerin Medizin: Mag.a Sigrid Panisch
„Sigrid Panisch hat ihr Studium der Mathematik 2007 mit Auszeichnung bestanden und ist derzeit mit dem Doktoratsstudium der medizinischen Wissenschaft befasst. Sie nutzt in ihrem vorgelegten Konzept auf sehr effiziente Weise bereits erhobene Daten für eine gendersensible Analyse des österreichischen Disease-Management-Programms „Therapie Aktiv“ für Diabetes Mellitus Typ 2. Die Vorarbeit der Erhebung, wie effektiv ein Krankheits-Management Programm (disease management programme) bei Diabetes sein kann, erfolgte im Rahmen ihrer Tätigkeit gemeinsam mit dem Team des Instituts für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin der PMU. In dem nun ausgezeichneten Konzept geht es um die statistisch korrekte Herangehensweise, wie man den Einfluss des Gender-Aspekts auf den Krankheitsverlauf bei Diabetes Mellitus Typ 2 erheben kann, ohne jedoch andere wichtige Einflussfaktoren oder Störgrößen zu vernachlässigen . Wie in allen wissenschaftlichen Fragestellungen ist es auch für Gender-Fragen unerlässlich, mittels ausgefeilter statistischer Methoden eindeutige Ergebnisse zu erzeugen. Der innovative Ansatz kann dazu dienen, in Zukunft die Betreuung von mehr als 300.000 DiabetikerInnen in Österreich durch niedergelassene ÄrztInnen auch in Hinblick auf geschlechterspezifische Unterschiede zu optimieren. Mein Glückwunsch gilt Frau Magistra Panisch zu ihrer Karriere als Mathematikerin mit Schwerpunkt in medizinischer Statistik“, sagt Eva Rohde, Universitätsprofessorin an der Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU).
"Von Jahr zu Jahr gewinnen Gender-Fragen in der Medizin immer größere Bedeutung. Umso erfreulicher ist es, wenn qualifizierte Nachwuchskräfte in ihren Forschungsarbeiten dem Geschlechteraspekt entsprechenden Raum geben. Die Studienergebnisse werden damit für die vielfältigen Zielgruppen von Patientinnen und Patienten noch präziser und treffsicherer", freut sich Landeshauptfrau Gabi Burgstaller mit der Preisträgerin.
Sigrid Panisch, geb. 1980 in Salzburg, hat am Wirtschaftskundlichen Realgymnasium maturiert, 2007 das Magisterstudium Mathematik an der Universität Salzburg mit Auszeichnung abgeschlossen und schreibt derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin der PMU ihre Dissertation.
Zur Preisträgerin Pflege: Christina Hofer
„Frau Christina Hofer geht in ihrer Problemdarstellung klar nachvollziehbar auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Myokardinfarkten ein. Sie streicht im Speziellen die Bedeutung von präventiven Interventionsmaßnahmen durch das Pflegepersonal in Form von Beratung und Aufklärung heraus. Auf anschauliche Weise beleuchtet sie die Aktualität der Thematik und stellt einen eindeutigen Forschungsbedarf mit hoher Relevanz für die pflegerische Praxis fest. Schlussendlich überzeugt Frau Christina Hofer die Jury der Troll-Borostyáni Preise mit logisch aufbereiteten, gendersensiblen Ausführungen, einer exakt eingegrenzten Fragestellung, die zu einer klaren Zielperspektive führt und gewinnt den Preis für Gender in der Pflege“, so Edeltraud Berger, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Pflegewissenschaft der PMU, Jurymitglied und Laudatorin.
"Die Stadt Salzburg bietet in ihren Seniorenheimen rund 900 Plätze für Betreuung und Pflege. Um einen hohen Betreuungsstandard sichern zu können, braucht es gut ausgebildetes Fachpersonal. Genderfragen sind auch in der Pflege zukunftsweisende Aspekte, die nach und nach in die Pflegepraxis integriert werden sollen. Die Forschungsarbeiten zu diesen Aspekten liefern dafür die notwendigen Inputs“, sagt Bürgermeister Heinz Schaden.
Christina Hofer, geb. 1989 in St. Johann in Tirol, hat 2009 an der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe mit Schwerpunkt Ernährung, Medizin und Gesundheit in Innsbruck maturiert und studiert seither Pflegewissenschaft an der PMU.
Der Troll-Borostyani-Preis
Das Frauenbüro der Stadt Salzburg und die Stabsstelle für Chancengleichheit, Anti-Diskriminierung und Frauenförderung des Landes Salzburg verleihen zum "Internationalen Frauentag" die nach der ersten Salzburger Feministin Irma-Troll-Borostyani benannten Auszeichnungen (seit 2010 alle zwei Jahre).
Irma von Troll-Borostyani wurde am 31. 3. 1847 im Haus Griesgasse 4 in Salzburg geboren und gilt als die erste Salzburger Frauenrechtlerin. Sie erregte durch ihr Engagement für Frauenrechte sowie Mädchenbildung und durch ihr äußeres Erscheinungsbild (kurze Haare, männliche Kleidung, Zigarren rauchen) Aufsehen und Widerstand. Beharrlich hielt sie zeitlebens an ihren feministischen Grundsätzen fest. Sie starb am 10. Februar 1912.
Veranstaltungen zum Themenschwerpunkt "Gender in Medizin und Pflege"
zum Internationalen Frauentag 2012
Gender in der Lehre: Clubabend für Studierende und Interessierte
Mittwoch, 7. März 2012, 18:30 bis 20 Uhr
Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU), Wyss-Haus, Strubergasse 21, Hörsaal 1
Mann oder Frau?! Gender in Medizin und Pflege - die stille Revolution in der Medizin
Bettina Pfleiderer, Universität Münster
Verleihung der Troll-Borostyáni-Preise 2012
Donnerstag, 8. März 2012, 18 bis 19:30 Uhr
Salzburg Museum, Kunsthalle, Mozartplatz 1, Salzburg
Festvortrag: Sabine Veits-Falk, Historikerin, Salzburg
Zur Geschichte der Frauen in der Medizin
Verleihung der Troll-Borostyáni-Preise durch LHF Gabi Burgstaller
Offenes Symposium für Fachpublikum und interessierte Frauen und Männer
Gender in Medizin und Pflege – geschlechtsspezifische Aspekte in Diagnostik, Therapie und Betreuung
Freitag, 9. März 2012, 16 bis 19:30 Uhr
PMU, Bibliothek, Strubergasse 21
Vortragende: Bettina Pfleiderer, Karin Gutiérrez-Lobos, Erich Lehner
Anmeldung: symposium@pmu.ac.at
Weitere Informationen zu den Veranstaltungen unter www.stadt-salzburg.at/frauen oder www.salzburg.gv.at/frauentag
Foto: Irma von Troll-Borostyáni
Johannes Greifeneder