Poller-Start: Einwöchige Schonfrist für Autofahrer
„Die Altstadt ist frei“. In Anlehnung an Bundeskanzler Leopolds Figls Zitat eröffnete ein gutgelaunter Bürgermeister Heinz Schaden am Montag, 21. Juni 2010, um Punkt elf Uhr das Pollersystem, das künftig die Salzburger Altstadt vor unberechtigtem Autoverkehr schützen soll. „Ich habe mich wirklich auf diesen Moment gefreut“, erklärte der Bürgermeister bei dem kleinen Festakt am Mozartplatz, “denn als riesiger Parkplatz ist unser Weltkulturerbe einfach zu schaden“.
Eine Woche lang dauert die Schonzeit für Autofahrer, die sich künftig unberechtigterweise nach elf Uhr (Ende der Ladezeit) in der Fußgängerzone in der Salzburger Altstadt aufhalten. Sie dürfen bis 13 Uhr straffrei die Altstadt verlassen. Ab 28. Juni allerdings wird gestraft. Auf diese sanfte Vorgangsweise beim Poller-Start haben sich Polizei und Stadtverwaltung geeinigt. Außerdem leistet in den ersten beiden Wochen an den fünf wichtigsten Ein- und Ausfahrten der Altstadt fachkundiges Personal Hilfestellung.
Bekanntlich schützen ab heute Montag, 21. Juni 2010, 36 Poller an 14 Einfahrten die Fußgänger-Zone FUZO im Weltkulturerbe „Altstadt Salzburg“ vor illegalem Autoverkehr und ebensolcher Verparkung. „Jahrelange leidvolle Erfahrung hat gezeigt, dass mit reiner Überwachung dem Schwarzverkehr in der Altstadt nicht beizukommen ist“, sagte Schaden, „deshalb habe ich für dieses System gestimmt, das sich weltweit bereits bewährt hat und die Schönheiten der Altstadt vor der Blechlawine schützt“.
Viele Gespräche mit der Wirtschaft
Planungsstadtrat Johann Padutsch ergänzte, dass in langen Vorgesprächen mit allen Betroffenen die Logistik so ausgefeilt wurde, dass es keineswegs zu der von Kreisen der Wirtschaft befürchteten Abriegelung der Altstadt komme. Im Gegenteil: Für Autofahrer, die sich an die Verkehrsregeln halten, verbessere sich ab heute die Situation, weil die Ladezeiten von derzeit 10.30 Uhr auf elf Uhr ausgeweitet werden. Padutsch appelliert aber auch an die Wirtschaftstreibenden in der Altstadt, schon deutlich vor 10 Uhr für eine Anwesenheit in ihren Geschäften zu sorgen, damit Pakete und andere Lieferungen entgegengenommen werden können. Bisher hatten Lieferanten größte Schwierigkeiten mit der erlaubten Zeit für Ladetätigkeit auszukommen, weil viele Geschäfte erst ab 9.30 Uhr oder später besetzt waren. Karl Michael Blaghi von den Freiheitlichen, die gemeinsam mit SPÖ und Bürgerliste das Pollersystem im Gemeinderat beschlossen hatten, betonte, dass eine autofreiere Altstadt letzten Endes auch der Wirtschaft zugute komme.
Zwei Wochen lang Rat und Tat
Stadtpolizei-Kommandant Manfred Lindenthaler begrüßte ebenso die neue Regelung als „Beginn einer neuen Ära, in der Salzburg als eine der schönsten Städte der Welt auch wieder als solche wahrgenommen werden kann“. Damit sich Gäste und Einheimische an die neue Regelung gewöhnen können, gebe es eine einwöchige Schonfrist. Wer in dieser Zeit die rechtzeitige Ausfahrt versäumt und vor ausgefahrenem Poller steht, kann bis 13 Uhr straffrei die Altstadt verlassen. Nach 13 Uhr allerdings senken sich die Poller zur Ausfahrt erst nach Erstattung einer Anzeige durch die Polizei in der Rathauswachstube. Ab 28. Juni wird gestraft, wer nach 11 Uhr unberechtigt in der Altstadt mit dem Fahrzeug unterwegs ist. Zwei Wochen lang steht außerdem fachkundiges Personal zwischen 11 und 15 Uhr an den fünf wichtigsten Ein- und Ausfahrten (Mozartplatz, Kaigasse, Franziskanergasse, Rathausplatz, Linzer Gasse) mit Rat und Tat zur Seite.
Letzter Stand der Technik
Verantwortlich für die technische Umsetzung ist neben der Salzburg AG, welche die Poller installiert und mit Strom versorgt, die Firma Siemens. „Wir liefern neben der Hardware auch die Software, mit der man den Zugriff auf die Poller nach verschiedensten Gesichtspunkten steuern kann. Die versenkbaren Poller sind mit modernen Hydraulikanlagen ausgestattet und zentral steuerbar“, erklärt Wolfgang Schneider, Leiter der Niederlassung Salzburg, das System. Die Siemens-Lösung ist auf dem letzten Stand der Technik, basiert auf dem leistungsfähigen und flexiblen Zutrittskontrollsystem für höchste Sicherheitsanforderungen "SiPass integrated" und verfügt über verschiedenste Funktionen: Hydraulik zum Heben und Senken, Heizung zur Enteisung, Licht zur Beleuchtung, Ton für Warnsignale, Computer, Funk für Fernbedienungen, GSM zur Kommunikation mit dem Server. Die Verwaltung der Funkhandsender und Zufahrtscodes erfolgt über die zentrale Leitstelle in Client/Server-Technik. Die Datenverbindung mit den Pollerstandorten erfolgt über UMTS/HSDPA Router. Der Server hält die Verbindung zu den Außenstellen und sämtliche Daten werden in einer Datenbank erfasst
Fernbedienungen gelten nur für bestimmte Poller
Das Poller-System – so Projektleiter Christian Morgner vom Strassen- und Verkehrsrechtsamt des Magistrats Salzburg– funktioniere relativ simpel: Jeder der rund 3000 Inhaber einer Ausnahmegenehmigung (Bewohner, Hofzufahrten, Ladetätigkeiten, Pflege- und ärztliche Notdienste, Taxis, Fiaker etc.) erhält eine seinem Bescheid entsprechende Fernbedienung, um die Poller außerhalb der Ladezeit versenken zu können. Das heißt, dass die Fernsteuerung nur an jenen Ein- und Ausfahrten funktioniert, die der Bewilligung zugeordnet sind.
Bei den 14 Einfahrten in die rechte und linke Altstadt (siehe Plan) versinken bei zehn (Mozartplatz, Kaigasse, Getreidegasse, Universitätsplatz, Franziskaner Gasse, Dreifaltigkeitsgasse, Linzer Gasse, Rathausplatz, Nonnberggasse, Mönchsberg-Mülln) die Poller für Berechtigte auch außerhalb der Ladezeit, beim Hagenauerplatz bleiben die Poller außerhalb der Ladezeit oben, drei Ein- und Ausfahrten (Pfeifergasse, Klampferergasse, Zufahrt Mülln) sind fix gesperrt. Insgesamt werden 36 Poller installiert, davon 14 versenkbare.
Wer – aus welchen Gründen auch immer – sich mit seinem Fahrzeug nach elf Uhr ohne Genehmigung in der Fußgängerzone aufhält, dem bleibt nur noch der Weg zur Wachstube (derzeit Rathaus, ab Oktober 2010 Mozartplatz). Dort erhält man – neben einer Anzeige – einen einmaligen Ausfahrtscode, mit dem man die Altstadt wieder verlassen kann.
610.000 Euro Gesamtkosten
Die Gesamtkosten für das Projekt betragen 610.000 Euro. Unter vier Firmen ist Siemens mit knapp 260.000 Euro als Bestbieter hervorgegangen. Dieses Anbot umfasst Lieferung und Montage der Poller samt Hard- und Software und Rund-um-die Uhr-Wartung. Bei Problemen vor Ort ist Siemens innerhalb von zwei Stunden einsatzbereit. Dazu kommen nochmals 350.000 Euro für Grabungs-, Installations- und Anschlusskosten
Niedl, Stefanie (19365)