Seniorenwohnhaus Nonntal ein besonderer Platz für alle

07.11.2019

Vor knapp einem halben Jahr übersiedelten die Bewohner und Bewohnerinnen aus dem Altbau in das neue Seniorenwohnhaus Nonntal. Mit seiner besonderen Architektur stellte sich heraus, dass die neuen und markanten Gebäude ein besonderer Platz sind. Hier setzt die Stadt voll auf das Hausgemeinschaftsmodell und neue Konzepte zur Betreuung brauchen auch neue Herangehensweisen. Zufrieden über diese Bilanz zeigen sich nach knapp 200 Tagen Sozialstadträtin Anja Hagenauer und das Team der Seniorenbetreuung.

„Es macht wenig Sinn die neue Infrastruktur mit Modellen aus der Vergangenheit zu betreiben,“ so Anja Hagenauer bei einem Pressetermin am Mittwoch, 6. November 2019 und weiter: „Mit den Hausgemeinschaften gibt es ein modernes Modell der Betreuung und Pflege und die vielen positiven Entwicklungen spüren die Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch das vielfältige Team aus dem Seniorenwohnhaus. Ich bin heute noch viel überzeugter von diesem Betreuungs-Modell, denn alle Indikatoren zeigen uns, dass es für die Menschen, die hier leben und arbeiten einfach besser wird.“

Hausgemeinschaftsmodell – sein wie ich bin
Im neuen Seniorenwohnhaus Nonntal setzt Salzburg konsequent das Hausgemeinschaftsmodell um. Ziel dabei ist, dass sich die Menschen wie zuhause fühlen. Frisch gekocht wird nicht in einer Zentralküche, sondern mit den Alltagsbegleiter*innen gemeinsam in der jeweiligen Hausgemeinschaft. Dort wird auch im großzügigen Wohn- und Essbereich gemeinschaftlich gegessen und es sich gemütlich gemacht. Die Pflege erfolgt, soweit nötig, im jeweiligen Appartement. „Das bringt viele Vorteile: In der Regel sind Hausgemeinschaften ein Angebot an die älteren Menschen, die nach einem oft unfreiwilligen Umzug dennoch nichts anderes wollen, als ihr Leben ,normal‘ weiterleben, wie sie es von zu Hause her gewohnt sind“, so Christoph Baumgärtner Leiter der städtischen Senioreneinrichtungen. Das neue Haus begeistert nicht nur durch die innovative Architektur, es ist auch ein toller Arbeitsplatz mit guter Übersicht und kurzen Wegen. Baulich gibt es kleine „Kinderkrankheiten“, die für das Team der Senioreneinrichtungen bei so einem Neubau nicht ungewöhnlich sind. Gemeinsam mit den verantwortlichen Bereichen und Firmen werden etwaige Verbesserungen laufend umgesetzt.

Besonders schätzen die Bewohner*innen, Angehörige und Mitarbeiter*innen am neuen Haus:
* Das Ambiente: Neben der Architektur ist das Seniorenwohnhaus ein besonderer Platz, mit vielen Grünflächen, sicheren Gehwegen rund ums Haus und das wunderschöne Kaffeehaus mit den dort stattfindenden Veranstaltungen.
* Das Zusammenleben: Die Überschaubarkeit der Hausgemeinschaften (max. zwölf Bewohner*innen) und der damit verbundenen persönlichen Betreuung und Pflege. Die Hausgemeinschaften ermöglichen in gleicher Weise soziale Kontakte und Rückzugsmöglichkeiten ins Private. Durch das innovative Bezugspflegesystem (Dual-Pflege) entsteht Vertrautheit, Individualität und Kontinuität in der Betreuung.

Der Leiter des Seniorenwohnhauses Christian Kagerer fasst es für sein Team kompakt zusammen: „Unsere Stärken, welche wir im alten Haus bereits gelebt haben, sind natürlich mit übersiedelt. Damit meine ich unser beachtetes Palliativprojekt oder Bezugspflege und das neue Haus ermöglicht uns aber auch, dass wir neue Wege gehen. Das haben wir bisher ganz gut gemeistert“. Er spielt damit auf eine völlig neue Führungs- und Organisationskultur an. Aus der Sicht des Teams vor Ort braucht das Hausgemeinschaftsmodell, welches Individualität und Normalität in den Mittelpunkt stellt, eine neue Organisationsform, die auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die nötigen Gestaltungsspielräume dazu gibt. Im Bereich Betreuung und Pflege unterscheiden sich Seniorenwohnhäuser bereits deutlich von einem Krankenhaus. Dem müssen auch die folgen Arbeitsprozesse folgen. Das heißt, sich auch von liebgewonnen (Zwischen)Hierarchien zu verabschieden. Das Team aus dem SWH Nonntal ging mutig auch die nächsten Schritte und hat auch die Organisationsform komplett umgestellt. Durch neue Tools und Organisationsformen schaffen sie es gemeinsam, dass auf der einen Seite Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Verantwortung übernehmen und auf der anderen Seite dadurch mehr Mitbestimmung und mehr Wirksamkeit erleben. Die Konsequenz daraus ist, dass sie dabei mehr Sinn in ihrer Tätigkeit erleben Satz. Ein „Dienst“ ist mehr als reine Pflichterfüllung. „Arbeit mit Menschen ist fordernd, aber sie kann gleichzeitig sehr erfüllend sein. Mit unseren neuen Wege und Antworten versuchen wir verschiedenste Aspekte bestmöglich zu bündeln“, so Christoph Kagerer.

Das theoretische Fundament für die Arbeit basiert auf den Empfehlungen des New-Work-Experte Frédéric Laloux und die Maxime ist sehr einfach: Wenn jeder Verantwortung trägt, denken alle mit und gerade in einem Seniorenwohnhaus ist es wichtig, dass alle mitdenken und mittun. Ein modernes Seniorenwohnhaus ist fast wie ein „lebendiger Organismus“ der nur gemeinsam bestmöglich funktioniert. Es stehen Ärzt*innen, Ergo- und Physiotherapie, psychologische Betreuung, Seelsorge, Ehrenamt, Inkontinenz-Koordination, Wundmanagement, Friseur*in, mobile zahnärztliche Betreuung und Fußpflege zur Verfügung. Spezielle Angebote, wie die Bezugspflege (Dual-Pflege) oder auch Hospiz-Kultur und Palliativ-Care sind mittlerweile fixe Bestandteile des Betreuungskonzeptes. Unterschiedliche, individuell wählbare Betreuungsmodelle macht das Seniorenwohnhaus für Bewohnerinnen und Bewohner um ein großes Stück lebenswerter und für die Mitarbeiter*innen zu interessanten und gefragten Arbeitsplätzen. Die Senioreneinrichtungen der Stadt spüren diesen positiven Rückenwind mit vermehrten Bewerbungen auch im Pflegebereich. „Wir merken langsam, dass sich unsere Anstrengungen und Bemühungen um die besten Pflegekräfte langsam auszahlen und die Stadt eine attraktive Arbeitgeberin ist“, so Christoph Baumgärtner.

Bereits nach den ersten 134 Tagen können sich die viele Erfolge sehen lassen:
* Das Einleben und Eingewöhnen der Bewohnerinnen und Bewohner und der Mitarbeiter*innen-Teams erfolgte reibungslos. Wirklich alle sind durch die aktive Einbindung im Vorfeld rasch und gut im neuen Haus angekommen.
* Es gab kaum Widerstand und in wenigen Wochen wurde die erste Routine gefunden, weil alle von den neuen Strukturen überzeugt waren und es eine hohe Identifikation mit dem neuen Haus und den neuen Konzepten gibt.
* Positive Stimmung trotz der enormen Veränderung: Alle ziehen an einem Strang und wollen das Neue. Die kleinen Teams fanden sich rasch zusammen und unterstützen sich gegenseitig
* Viel miteinander reden: Durch die gemeinsam gestaltete Besprechungsstruktur, können viele kleinere Themen sofort mitgeteilt und bearbeitet werden
* Positives Feedback und kleine Erfolgserlebnisse: Ob von den Bewohnerinnen und Bewohnern und deren Angehörigen. Ebenso sind die vielen Rückmeldungen der Praktikanteninnen und Praktikanten durchwegs positiv. So konnte eine Sozialhelferin des Freiwilligen Sozialen Jahres als Alltagbegleiterin für die Stammbelegschaft gewonnen werden, weil es ihr so gut gefiel.
* Vorbild für andere sein: Es gibt großes Interesse von vielen Seiten der Fachcommunity am neuen Haus und am modernen neuen Organisationsmodell. Immer wieder besuchen Delegationen aus dem In- und Ausland das neue Vorzeigehaus und informieren sich aus erster Hand.
* Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lösen gemeinsam Herausforderungen: Der Rückgang der Lebensmittelkosten pro Hausgemeinschaft konnte erzielt werden, weil man voneinander lernt und die Kennzahlen transparent sind.

Die bisherigen Erfolgsfaktoren der neuen Führungskultur sind:
Es geht um Vertrauen, Offenheit und Transparenz Mitarbeiter*innen brauchen das Vertrauen und die Offenheit, damit sie Dinge selbst entwickeln können. Fehler gehören dazu. Es darf keine zu engen Lösungen geben. Es braucht Vertrauen in die Mitarbeiter*innen, dass sie im Tagesgeschäft die richtigen Entscheidungen treffen.

Alle müssen an Bord sein: Interdisziplinarität ist dem Team wichtig, auch Partner*innen wie das Seelsorgeteam und zum Beispiel die freipraktizierenden Physiotherapeuten*innen sind in die Prozesse eingebunden. Damit wird der Aufenthalt für alle besser.
Immer wieder wichtig ist Zu-, Hinhören und ein offenes Ohr haben Hinterfragen und kritische Anmerkungen sind dabei immer willkommen und tragen zu besseren Lösungen bei.
Hoher Mitbestimmungsfaktor: Es gibt keine „einsamen Entscheidungen“ des Leitungsteams. Die Zusammensetzung der acht neuen Teams und die Vergabe der Zimmer wurden z.B. in einem längeren Prozess gemeinsam entschieden.

Das Team aus Nonntal ist sehr stolz darauf, dass es gemeinsam diese neuen Formen der Betreuung und Pflege in diesem einzigartigen Ambiente umsetzen kann. „Die neue „Hardware“ - das neue Haus - wird mit einer neuen Software oder besser gesagt mit einem neuen Betriebssystem bespielt. Das Beste daran: Alle Anspruchsgruppen profitieren von diesen Innovationen.“, so Stadträtin Hagenauer.

Über Frédéric Laloux
Er ist ein Vordenker der weltweiten New-Work-Bewegung, die das Miteinander am Arbeitsplatz neu definieren will. Der 45-jährige Belgier hat das Buch „Reinventing Organizations" geschrieben, das als Standardwerk für moderne Unternehmensorganisation gilt. Der ehemalige Associate Partner von McKinsey berät Firmen mittlerweile meist von seinem Wohnort, einer Ökosiedlung in der Nähe von New York City. Er tritt selten öffentlich auf.

Jennifer Pfister