Salzburg ist österreichweit Vorreiter für flexible Müll-Gebühren
Mit 1. Jänner 2018 führt die Stadt Salzburg ein neues, flexibles Müll-Gebührenmodell ein, das Müllvermeidung und Mülltrennung finanziell belohnt. Das beschloss Dienstag, 9. Mai, der Bau-und Betriebsausschuss. „Wir gehen damit österreichweit neue Wege“, freut sich der ressortzuständige Vizebürgermeister Harry Preuner über die Einstimmigkeit, „wir setzen einen gewagten, aber notwendigen Schritt“. Nach einer zweijährigen Probephase werde das Modell evaluiert.
In der Stadt besteht trotz einer zunehmend besseren Trennmoral noch immer mehr als die Hälfte des Restmülls aus wiederverwertbaren Anteilen wie Bioabfall, Glas, Papier und Plastikflaschen sowie Getränkekartons. Diese 20.000 Tonnen im Jahr, ein Viertel des Gesamtaufkommens, müssen teuer um 2,9 Millionen Euro jährlich extra entsorgt werden. Überdies entspricht die bisherige, mehr als 20 Jahre alte Gebührenordnung nicht mehr den aktuellen Anforderungen wie einer zweiwöchigen Abholmöglichkeit für alle Tonnengrößen (80, 120, 180, 240, 500, 770, 1100-Liter).
Neue Gebühren begünstigen Müll-Trenner
Vor diesem Hintergrund hat das AbfallService beim Stadt:Dialog „Unser Müll“ in den letzten Monaten gemeinsam mit interessierten Bürgern ein neues, aufkommensneutrales Gebühren-Modell entwickelt, das Müllvermeidung und Mülltrennung finanziell belohnt. Einsparmöglichkeiten ergeben sich durch Müllvermeidung, bessere Trennung und die Verlängerung der Abfuhr-Intervalle von einer Woche auf 14 Tage. Preuner hofft, mit dem neuen Modell die bis 2020 absehbaren europa- und bundesrechtlichen Sammelquoten-Vorgaben zu erreichen: „Ich hoffe auf eine Reduktion des wiederverwertbaren Abfalls im Restmüll von 50 auf 30 Prozent“.
Experten sparen bis zu 33 Prozent
Müll-Muffel zahlen bis zu 8,1 Prozent mehr
„Auf besonders fleißige Müll-Trenner warten Preisverringerungen bis zu 33 Prozent“, berichtet Amtsleiter Winfrid Herbst, „Müll-Muffel, die gar nichts ändern, müssen mit einer maximalen Erhöhung von 8,1 Prozent rechnen“. Dies sei vertretbar angesichts der Tatsache, dass die Gebühren in der Stadt Salzburg - trotz des hohen Leistungsumfangs – deutlich günstiger seien als in den Umlandgemeinden, den Bezirkshauptstädten oder auch den Landeshauptstädten.
Drei Rechenbeispiele: „Sie haben die Wahl! Und sparen 50 Euro“
Eine vierköpfige Familie verwendet derzeit eine 120-Liter-Restmüll-Tonne, die wöchentlich entleert wird. Aktueller Jahrespreis: 217,36 Euro. Mit 30 Litern Müll pro Kopf pro Woche sind die Familienmitglieder auf der Mülltrenntyp-Liste „Hobbytrenner“. Nach dem neuen Modell können sie wählen:
• Keine Veränderung im Müllverhalten: Preissteigerung um sieben Prozent auf 232,54 Euro
• Müllmenge gleich, aber größere Tonne (240 Liter) und 14tägige Entleerung. Tarif bleibt praktisch gleich (216,32 Euro).
• Müllreduktion um 25 Prozent auf 22,5 Liter pro Kopf und Woche („Meistertrenner“): Preisverringerung um 23 Prozent (50,87 Euro) auf 166,49 Euro
• Müllreduktion um ein Drittel auf 20 Liter pro Kopf und Woche („Experte“): Preisverringerung um 28 Prozent (61,9 Euro) auf 156,27 Euro.
Ein junges Paar entpuppt sich mit einer 120-Liter-Tonne, die wöchentlich um 217,36 Euro jährlich entleert wird, als blutige „Anfänger“ (ab 50 Liter). Sie bemerken ihren Fehler und wollen zumindest zum „Gelegenheitstrenner“ aufsteigen (41 bis 40 Liter). Ihre Möglichkeit: Müllreduktion um ein Viertel auf 45 Liter und Preisreduktion um 23 Prozent (50,87 Euro) auf 166,49 Euro. Ist der Ehrgeiz noch größer, sinkt der Preis bei einer Müllreduktion um ein Drittel auf 40 Liter pro Kopf und Woche um 28 Prozent (61,09 Euro) auf 156,27.
Als „Meistertrenner“ kommt eine dreiköpfige Familie auf einen Verbrauch von 27 Liter pro Person (80-Liter-Tonne, einmal wöchentlich Abholung, 144,56 Euro). Papa will noch höher hinaus und testet die Müll-App. Er ist zufrieden. Eine Reduktion auf 20 Liter/Kopf, kombiniert mit einer 14tägig abgeholten 120-Liter-Tonne, bringt eine Ersparnis von 20 Prozent und 29,04 Euro.
Müll-App „Müll-Checker“
„Man sieht, da ist nicht nur für die Umwelt, sondern für jeden etwas drinnen“, freut sich Harry Preuner. Für Herbst 2017 ist eine breite Einführungskampagne über die neue Müllgebühr und den Möglichkeiten der Mülltrennung und –vermeidung geplant. Herzstück dabei ist die App „Müll-Checker“ – unter www.mülleinmaleins.at abrufbar. Sie steht nicht nur allen Interessierten kostenlos für Berechnungen zur Verfügung, sondern schlägt auch ab Oktober jedem der rund 20.000 Gebühren-Empfänger auf Basis seiner persönlichen Daten die beste Kombination aus Behältergrößen und Abfuhr-Intervallen vor.
Zugleich bietet die App ab Herbst auch zahlreiche Dienste, die eine individuelle Betreuung der Kunden ermöglichen (Abholtermine gelber Sack, Restabfalltonne, Biotonne, Papiertonne). Der kürzeste Weg zur Sammelstelle fehlt ebenso wenig wie ein Abfall-ABC.
Modell-Projekt in Wohnsiedlungen
Herbst ist zuversichtlich, dass das neue Gebührenmodell auf Sicht zu einer Änderung des Müllverhaltens und zu einer besseren Verwendung der vielen Rohstoffe im Abfall führen wird. Herausfordernd wird die Motivation der BewohnerInnen in Wohnsiedlungen sein, bei denen die Anonymität die Mülltrennung erschwert.
Erste Gespräche über das Modell haben bei den Hausverwaltungen jedenfalls großes Interesse hervorgerufen, für Frühjahr 2018 ist ein Musterprojekt in einer Siedlung geplant.
Jochen Höfferer